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[OBF-421217-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 17. Dezember 1942

Herzallerliebste! Meine liebe liebste [Hilde]!

Herzelein! Bist ja noch einmal zu mir gekommen am Freitag, bist so lieb gekommen – z[u] mir – o [sic] Du! Du!!! Meine [Hilde]! Ich danke Dir sehr!

Wirst jetzt eben in der Singstunde sein – das Mannerli hat heut abend auch wieder mal gesungen – seit langem – und ich merke es. Ja, ich will mit einem Trüppchen zwei Weihnachtslieder 4 stimmig einüben, 'Es ist ein Ros entsprungen' und 'Kommet ihr Hirten'– heut abend war die Mannschaft zum erstenmal [sic] versammelt, 12 Leute, keinen zweiten Baß noch darunter, wußt auch gar nicht, wie weit sie musikalisch sind. Pack’s eben nun so an wie bei den Schulkindern. Der Anfang war gar nicht so schlecht — und ich hoffe die beiden Lieder bis zum Mittwoch einüben zu können. Das offizielle Programm wird so aussehen: 1) 'Vom Himmel hoch – –', 2) ein Weihnachtsgedicht von Wildenbruch – 3) Begrüßung f. den Admiral 4) Es ist ein Ros – – 5) Ansprache durch den Kapitän A. (wohnt in Chemitz) 6) Kommet ihr Hirten 7) eine Weihnachtsgeschichte 8) die Bescherung 9) "O Du fröhliche“ 10) Essen und Trinken (4 Mann eine Gans!)

Herzensschätzelein, da denk ich eben an Deine Vorschläge zur Husche: Du hast ganz recht: Ihr sollt sie essen – und so[ll]t Euch daran einmal sattessen. Und daß die liebe Großmutter dabei sein soll, ist doch ganz in meinem Sinne.

Und da geht der Gedanke gleich zu der anderen Neuigkeit, Vaters Magengeschwür. Weißt, etwas Unheimliches ist das. Woher es kommt, weiß niemand recht. Es ist wohl eine innerliche Wucherung, und möglicherweise wird ihr Fortschreiten durch manche Stoffe mehr begünstigt, durch manche wird es womöglich zum Schrumpfen gebracht. Aber ich glaube, hinter diese Krankheiten hat man noch nicht das letzte Licht gebracht – ein Radikalmittel gibt es außer dem Operieren dagegen nicht – und die Vorschrift des Diätlebens ist ja eigentlich nur eine halbe ärztliche Hilfe. Unheimlich -2- [Seitennummerierung im Brief] ist, daß diese Krankheit sich ganz der Beobachtung durch unsre äußeren Sinne entzieht – daß man ihr nicht zuleibe gehen kann. Zweierlei scheint mir wichtig : 1) daß Vater sich eine Zeitlang mal ganz fein selber beobachtet darauf, was ihm bekömmlich ist, was nicht – 2) daß er sich in regelmäßigen Abständen vom Arzte untersuchen läßt über den Stand der Krankheit.

Ich werde Vater das noch selber ans Herz legen.

Weißt, ich wäre unglücklich, wenn ich so etwas an mir wüßte. Und ich würde alles sofort in mir mobil machen, damit diese Krankheit verdrängt würde – und würde von mir aus auch alles dazutun.

So nahe das Vater gelegt werden muß, so darf ihm doch auch der Mut nicht genommen werden. Das Rauchen erweist sich in solchen Fällen als eine recht üble Passion. Und ob es nützt oder schadet, wer will das entscheiden? Und der Arzt, so denke ich, zieht die menschliche Schwäche bei der Auskunft darüber schon in Rücksicht. Ich gebe auf solche Auskunft nicht viel. Gesund, ganz gesund leben – das muß - 3 - [Seitennummerierung im Brief] das Bemühen sein, zumal in dem fortgeschrittenen Alter bei solchen Geschichten. Ach, es ist nicht gut, wenn man so der Sklave wird einer Passion, zumal dann in bösen Tagen.

Herzelein! Geliebte! Geliebte! Es ist nun Mittagstunde, da ich Deinen lieben Boten weiter beantworten will. Ich war gestern abend müde – müde, und doch auch so voll Sehnsucht, so voll Unruhe, so voll Verlangen nach Dir, nach Dir!!! Oh Du! Du!! Du weckst und hältst sie wach mit Deiner Liebe, oh Du. Und im Traume war mein Herzlieb bei mir – oh Du! Du!!! Du!!!! Warst im Traum bei mir – ganz lieb – ganz süß – ganz eins mit mir – Du! Du!!!!! !!!!! !!! – Oh Herzelein! Geliebte!!! Ich weiß die Einzelheiten nicht mehr. Aber die Sehnsucht und die selige Erinnerung sind nun noch mit mir heute. Eins weiß ich noch: am rechten dicken Beinel hattest einen großen blauen Fleck, hast mir auch erzählt, wovon, ich hab es aber vergessen – Du! Sieh nur mal nach! Du!

Oh Herzlieb mein! Oh Du! Geliebte! Meine [Hilde]! Meine [Hilde]l! Herzlieb! Feins lieb! Bist Du ganz die Meine? Bist Du ganz die Meine? Du! Du!!! Ist alles mein – alles mein – ganz mein – Du? Du!!!!! !!!!! !!! Das ganze, liebe Schätzelein, das ganze - 4 - [Seitennummerierung im Brief] ganze liebe Herzblümelein in seiner Holdseligkeit, seiner Schöne, der ganzen Schönheit, der ganzen Tiefe, dem ganzen Zauber seiner Blüte – oh Du! Du! Mein alles; – ganz mein? Das geliebte Antlitz – und der Augen Glanz und Tiefe – die lieben Händlein – und das Herzelein, das liebe, liebe Herzelein – mein – Du? – und die Beiner und das Gärtlein – – oh Geliebte – und das Gärtlein auch – mein Eigen – ganz mein Eig[en]? Oh Du! Du!!! Geliebtes Wesen – geliebte Seele - mein? – ganz mein? – oh Geliebte! Geliebte!!! Ja, ja! jubelst Du — und ich kann es kaum fassen, das große Glück – das große Glück! Oh Geliebte! Geliebte!!! Weißt Du, wo ich dies mein Eigen, mein Ureigen, meinen liebsten Schatz berge, – wo ich ihn berge? – Im tiefsten, tiefsten Herzensgrunde! Oh Geliebte!

Du bist so ganz, so tief mein Eigen – und damit bin ich es doch Dir! Angefüllt mein Herze nur von Dir! Verloren bin ich Dir, ganz Dir hingegeben – ganz gefangen in Deiner Liebe! Oh Herzelein! Ganz selig gefangen in Deiner Liebe – ganz Dein! Dein [Roland] – Dein Eigen – Dein Ureigen – Und Du bist mein – mein – meine [Hilde] – meine liebste [Hilde]! Immer! Oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Du! Du!!! Und dieses Glück, diese Freude, diese Liebe muß manchmal aufjauchzen, muß manchmal überfließen – ganz sichtbar, ganz leibhaftig muß ich dann mir Dich mich Dir gefangen geben – oh Geliebte, mich in Deine Arme flüchten, an Deinem Herzen mich bergen – oh Herzelein – die letzten, liebsten höchsten Unterpfande müssen wir dann tauschen – oh Geliebte! Geliebte!!! Dann muß ich mein [unklar]en ganz lieb, ganz herzinnig, ganz inbrünstig umschließen, dann muß alle Seligkeit Deines Besitzes – aufklingen – Oh Herzallerliebste mein!

In unser Kämmerlein führst Du mich in Deinem lieben Boten – oh Du! zum Zauber erster Seligkeit – zur Pforte der Seligkeit – oh Du! Du!!! Oh Herzallerliebste mein – wenn Du jetzt kämest, und führtest mich ins Kämmerlein – dann wäre lauter Seligkeit? – oh, Du! nichts verloren von dem Zauber, von dem Geheimnis, von dem Glanz – dann wäre wieder lauter – Seligkeit!!! – und so wird es immer bleiben – zwischen! ^uns – so wird es immer bleiben – Herzelein! Unsre Liebe bürgt dafür. Oh Du! Du!!! Mein Liebe zu Dir wird nicht erkalten – und sie wird nicht alltäglich werden – ich werde Dich immer lieben – oh Herzlieb, mein, immer - 6 - [Seitennummerierung im Brief] lieben aus tiefstem Herzen – werde Dich lieben in der Tiefe Deines Wesens – werde mit meiner Liebe mein ganzes– liebes Weib umfangen in seinem Wesen, in seiner Eigenart, in allen seinen Regungen – werde Dich so ganz in mein Herze schließen – werde in Dir mein Weib, das Weib lieben – oh Du! werde Dich im[m]er halten wie meine Königin – oh Herzlieb, mit Dir werd ich immer verzaubert sein in ein schöneres, besseres Land, in ein Märchenreich – in das Land unsrer Liebe! – und alles, was ich Dir sage und tue - es wird von meiner Liebe getragen sein. Ich liebe Dich! Ich liebe Dich!!!

Wird es denn in unserem Heim auch ein Kämmerle geben? Ein Kämmerle, in dem wir uns gar nicht ausweichen können – in dem gar nicht 2 Bettlein stehen? Nur ein Bettlein – ein Lager? — Du!!! – Du!!!!!

Oh Herzlieb – alle Seligkeit und alle Heimlichkeit und alle Liebe wird in unserem Heim einziehen – Du wirst darinnen sein, Du! Du!! – Oh Geliebte! Wie freue ich mich darauf!!! Wie sehne ich mich darnach!!! Und Du! Du allein bist in aller Freude, in allem Sehnen! - 7 - [Seitennummerierung im Brief] Oh wäre ich frei! Wären wir Vöglein – wie käm ich schnell zu Dir! – Gleich jetzt – Geliebte! Um immer und ewig bei Dir zu bleiben!!! Oh Geliebte! Wie soll ich es Dir recht sagen und zeigen, daß Du all meine Liebe hast – Alle [sic] Liebe! Daß ich Dich allein so ganz liebe! Dich allein! Daß meine Liebe, mein Sehnen mir von Dir geweckt wird – und daß sie hinströmen allein zu Dir! Wie Du so ganz in mein Eigen übernommen bist – eins mit mir, mein Teil! mein Weib! Und wie ich Dich lieb und treu halten will als mein Eigen – oh Herzelein, mit meiner ganzen Herzenskraft – das Liebste bist Du mir! Und als das Liebste will ich Dich hüten und halten allen zuvor! Ach Du! Ich möchte Dir es kundtun, wie es nur der König und Kaiser kann, [mit] den schönsten Geschenken – aber dem König und Kaiser will ich nicht e nachstehen darin, daß ich Dich sooo lieb halte in meinem Herzen!! Sooo lieb und treu!!! Oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh Gott im Himmel! Segne unsre Liebe! Amen! Er schütze und behüte Dich! Mein Liebstes, mein Einziges, mein Alles, Du!!!

Ich habe Dich sooo lieb!

Ewig Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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