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[OBF-421208-002-02]
Briefkorpus

49.)

Dienstagabend, am 8. Dezember 1942.

Herzallerliebster! Du!!!

Jetzt komme ich doch gleich noch einmal zu Dir! Du!!! Ach Du!!!

Ich hab ja den ganzen Tag so lieb an Dich gedenken müssen, sah doch so viele Heimkehrer heute wieder – Soldaten – und habe an Dich stets gedacht, daß Du auch bald, bald wieder einmal unter den Glücklichen sein wirst. Und zumal Weihnachten heimfahren eine ganz große Freude ist. Ach Herzelein! Du sagst schon recht: in unseren Herzen, da ist eigentlich jeden Tag Weihnachten, soviel echte Freude und Frohsein leben darinnen. [D]u!! Wir können einander so recht von Herzen liebhaben! Geliebtes Herz! Ach Du! Ich spür’s doch über die Ferne, wie so lieb Du mich hast!

Und nicht nur durch Deine täglichen lieben Boten hindurch klingt’s und jubelt’s mir!.... ach, tief drinnen im Herzen, da jubelt’s und klingt’s mir immerfort, sobald ich nur Dein denke, Du! Und das muß ich ja allezeit, weil Du ja in meinem Herzen wohnst, Geliebter! Du berührst sie all mit deiner großen Liebe, die Saiten dieses Glücksempfindens.

Herzelein! Ich muß Dich liebhaben über alles in der Welt!

Und wie ich Dich liebhabe, das empfinde ich auch so ganz deutlich immer wieder, wenn mir im Dienste so viel fremde Männer begegnen. Ach Du! Dann seh ich vor mir Dein geliebtes Bild doppelt hell leuchten! Ganz mein, Du! Bist ganz mein Einzigster! Und wenn sie auch nett und höflich sind und neben einer großen Prozentzahl andrer Soldaten Achtung verdienen darum, so reicht doch kein einziger an Dich heran, mein [Roland]. Du bist der Einzige, dem mein Herz sofort und so ganz zufliegt!! Weil Du allein alle Eigenschaften besitzt, die mir lieb, wert und so vertraut sind. Dich liebe ich! Dich liebe ich! Und lasse Dich nie, nimmermehr! Du!! Wie glühten mir heute den ganzen Tag die Wangen, hast Du Dich gesehnt nach [mir] Herzlieb? wie [sic] war ich so von Herzen froh! So beschwingt! Oh Du! Es ist die Liebe, unsre wundersame Liebe, die mich so sehr beglückt! Geliebter! Und sie trage ich immer im Herzen, wie Du! Sie geht mit mir durch den freudlosesten Alltag und wandelt ihn und alles ringsher in Sonnenschein. Weil Du, geliebter Sonnenstrahl, in mir lebst! Du Herzensschatz, Du Liebster! Wie kannst Du mich so froh und glücklich machen! Mein liebster [Roland]!

Es gab doch heute viel Arbeit im Dienst. Viel Andrang im Wehrmachtraum. Ein Kommen und Gehen. Ich habe mit einer Kameradin zusammen, später mit noch zweien die "Gäste” versorgt und die Küche. Wenn das so 2 Stunden flott hintereinander geht, ist man ganz schön warm! Weil wir so weit nach der Suppe immer rennen müssen. Aber man schafft’s schon! Und herrscht einmal Hochdruck, dann fordert man Verstärkung an vorn in der Dienststelle. Einige Helferinnen sind immer frei für besondre Fälle. Ich habe mich heute einmal sehr geschämt, und geärgert über zwei Helferinnen, weil sie in einer ganz schnoddrigen, dreisten Art sich unterhielten mit einigen Landsern. Sie machten sich nun ihr Vergnügen daraus, die alten Landser, ist doch verständlich! Und die beiden waren so verrannt, sie müssen ja garnicht gespürt haben, daß sie in der Schwesterntracht bei den Männern saßen. Ich verabscheue so etwas. Ich bin weggegangen, in die äußerste Ecke, nachdem sie meine abweisende Haltung völlig ignorierten! Das verstehe ich nun nicht, wie ein Mädchen sich so herablassen kann! Zumal im Schwesternkleid, das sie benutzt, ihre gemeine, niedrige Haltung zu verdecken. Ein älterer Unteroffizier hatte das beobachtet auch und er trat, ehe er ging zu mir und meinte, es wäre recht so, daß wenigstens eine "Schwester" sei, die beiden da wären Schwestern, wie sie nicht sein sollten. Da schämte ich mich sehr. [Ich] habe mich aber mit den Weibsbildern nicht aufgelegt, die sind mir viel zu schnoddrig. Fällt mir auch nicht ein, daß ich sie melde. Wenn sie mit ihrer Art mal an den Richtigen geraten, der sie zurecht biegt, ist das vielleicht eine eindringlichere Mahnung. Mit solchen mag ich nichts gemein haben. Ich habe kaum ein Wort noch gewechselt mit den beiden. Sie wurden um 6 Uhr abgelöst von zwei netten Helferinnen. Solche gibts [sic] aber auch. Und unsereiner wird dann mit in den großen Topf gesteckt. Pfui!

Aus dem Protektorat waren die beiden Pflanzen, schon älter, vielleicht 28 – 30 Jahre alt. Beschämend, sich von einer so viel jüngeren wie ich zu blamieren vor allen Männern. Aber solche Weibsbilder haben dafür kein Feingefühl. Die denken, sie sitzen irgendwo in einer alten Penne beisammen und können nun frech sein wie sie mögen.

Ach Herzelein! Wie glücklich dürfen wir sein in unsrer Liebe! Die so rein ist, so schön! Die unsres ganzen Lebens Inhalt bedeutet! Wieviel Kraft und innere Stärke vermag die gute Liebe auf den Menschen auszuüben. Es ist wie ein Wunder. Geliebter! Mein [Roland]! Du!! Mich und Dich kann nichts abziehen von unsrem Weg! Wir gehen ihn unbeirrt geradeaus! Zu allen Zeiten. Und sollte es uns beschieden sein, noch eine Weile getrennt voneinander zu gehen. Eine Trennung, wie man sie dem Sinne nach versteht, gibt es doch garnicht für mich und Dich! Du!!! Im Herzen sind wir uns so nah, wie es näher nimmer geht, Du! Und diese zuinnerste Verbundenheit, die spiegelt unser Wesen nach außen hin. Und kein Mensch von Charakter wird diese sichtbare Schranke anzutasten wagen. Wir [beide] aber sind fest und stark genug alles, was unser glückhaftes Einssein bedrohen könnte, abzuweisen. Geliebter! Ich liebe Dich über alles! Mein Leben, Du!! Gutenacht [sic]! Herzensschatz! Ich küsse Dich herzinnig! Ich bin so ganz Dein! Dein!!!

Ich liebe Dich!

Geliebtes Herz!

Deine glückliche [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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