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[OBF-421130-002-01]
Briefkorpus

41.)

Montag, am 30. November 1942.

Geliebter! Mein herzallerliebstes Mannerli! Mein liebster [Roland], Du!

Du! Heute ist es Abend schon, da ich zu Dir kommen kann.

Aber nun habe ich doch auch Ruhe und viel Zeit, bei Dir zu sitzen, Du! Schätzelein! Du bist heute wieder so, sooo viellieb zu mir gekommen, ach! Du!! Du!! Du bedrängst mich mit Deiner Liebe! Herzensschatz! Oh, ich kann sie doch kaum alle aufnehmen in mein Herz, auf einmal! Und erwidern auf einmal kann ich sie Dir schon garnicht, ach Du! Ach Du!! Ich bin doch immer noch hintenach [sic] mit antworten auf alle Deine lieben Zeichen! Und täglich bestürmst Du mich aufs Neue, Geliebter! Du wirst mich noch einmal erdrücken mit so viel Liebe und Gutsein! Ach liebster [Roland]! Könnte ich Dir doch recht meinen Dank sagen für Dein treues Liebgedenken! Du!!! Aber dazu müßte ich doch jetzt bei Dir sein. Bei Dir sein, Du!!!

Vom Dienstag ist dein lieber Brief. Sonnabend und Sonntag fehlen wieder dazwischen. Die kommen sicher noch nach.

Du! Für die Herren Dorfbuchsachbearbeiter ging wieder ein Schreiben ein! Sonnabend, den 12. Dezember Besprechung im “Schützenhaus” zu Pirna! Weißt, Mannerli? Wenn Du schon so nahe einmal bist, dann mußt Du aber auch mal einen Abstecher nach Oberfrohna mit machen!! Oder noch besser: ich komme hin! Das finde ich zu ulkig daß den Herren noch nicht aufgegangen ist, daß Du zu diesen Sitzungen beständig durch Abwesenheit glänzt! Soll ich’s denen mal schreiben, daß Du momentan andre Dinge bearbeitest, als Dorfbücher? Du wirst nicht der Einzige sein.

Ach Mannerli! Am frühen Morgen heute habe ich erst überall fein Ordnung gemacht, bin dann etliche Wege gegangen und als ich nachhause kam, erwartete mich schon Herr U.: "heute Nachmittag wollen sie mit den Möbeln kommen!” Na, das war ein erfreuliches Wort! Da machte ich nun gleich alles bereit, daß ich für die Zeit von ½ 2 Uhr fertig war zum Empfang. Denn ich hatte vor, mit Mutsch ein bissel mitzuhelfen. Papa war beim Arzt zum röntgen [sic]. Er hat nichts weiter zu erfahren bekommen, als daß es ungefährlich sei. Der Arzt hat ihn weiter an seinen Limbacher Behandlungsarzt gewiesen. Na, da können wir nun wenigstens beruhigt sein. Wir werden nun ja sehen, welche weiteren Verhaltungsmaßregeln er von dem bekommt. Papa hat dann, als er zu Mittag wieder heimkam, mit größtem Appetit sein Mittagessen verspeist! Wir freuen uns ja nur! Er kann nicht magenkrank sein. Er mag sich nur gut halten. Das waren sicher nervöse Störungen und die Einwirkung davon, daß er sich die letzten Zähne ziehen ließ. Bliebe nur noch ein Rätsel: die rasche Gewichtsabnahme.

Na, mach Dir keine Sorgen. Wir wollen schon gut aufpassen! Du! Ach Herzelein! Ehe ich nun weiter von Deinen lieben Boten schreibe, will ich Dir doch erst erzählen, wie es nun verlief, das heutige Ereignis.

Um ½ 300 [Uhr] kamen sie an. Mit Pferd und Wagen. Fein alles in Decken verpackt, vorschriftsmäßig. Herr P. und ein älterer Herr von B.s. Wir waren bald alle in regem Getriebe! Mutsch und ich trugen die leichten Sachen hoch. Um 4 Uhr stand alles an Ort und Stelle. Ach fein ist es, daß wir ein solch schönes Plätzel haben! Und unsre schönen Sachen! Herzelein!

Das Herz lacht einem im Leibe, wenn man alles so betrachtet. Jener Herr K., ein langjähriger Mitarbeiter von B.s sprach sich auch aus, daß wir noch was ganz Gutes hätten hier. Was er jetzt manchmal für Kistenhölzer abladen würde, das täte ihm so leid für die jungen Leute. Es gäbe nur noch Einheitsmöbel am Lager, die auch beschränkt nur. In der nächsten Zeit würde es immer schlechter mit Möbeln. Und wenn schon Frieden ist, sagte er, dann gäbe es garantiert unter 10 Jahren keine Möbel, nach besonderem Geschmack. Auch keine echten Hölzer. Das will ich gern glauben. Soundsoviel anderes geht da erst vor.

Ach Schätzeli! Wir können ja recht froh sein, daß wir so eine schöne Ausstattung unser Eigen nennen dürfen! Nun noch das schöne Herrenzimmer dazu! Du! Wie fein alles in der Ecke steht! Die Schränke aufgestellt und alles andre, bis auf die Betten. Wir wollen doch nicht da oben auf dem Boden ausprobieren, ob wir hineinpassen, gelt? Ach, fürchten tät ich mich nicht mit Dir zusammen. Nur ganz sehr schämen tät ich mich, wenn ich dann früh aus dem Bettlein käme und müßte durch das Fabrikgebäude gehn! Ach Du! Da kuscheln wir uns doch viel lieber wieder in der Eltern Bettlein, gelt? Es wird ja nun auch in unsrer Wohnung viel mehr Platz sein, weil ich etliche Dinge hineinräume in die Schränke. Werde in den nächsten Tagen mal mit Mutsch eine Aufstellung machen über den Abtransport. Werde mir schön alles aufschreiben, damit ich gut informiert bin. Du! Wenn Du doch gleich einmal kommen könntest! Bloß mal herschauen könntest! Wie ich mich freue, Liebes! Besitzerfreude ist es! Und schon sooo große Vorfreude darauf, wenn wir in diesen unseren Sachen erst im eigenen Heime hantieren können! Ach, wird das schön sein, Du! Nun steht alles fein da, ein schönes Plätzel hätten wir erwischt, so meinten auch die beiden Männer! Weißt? 2 Stühle haben wir noch zu bekommen, eine Fußbank und die [Wäsche] in den Aufwaschtisch auch die Federteile für die Auflagematratzen. Das sei im Moment nicht am Lager. Na schön – aber ich gehe morgen mit meiner Rechnung hin zu B. und lasse mir das Fehlende drauf vermerken! Damit ich später keine Ungelegenheiten habe.

Die Fuhre werde ich bezahlen müssen, das wird B. nicht übernehmen. So war’s früher mal! Na, das läßt sich nicht ändern. Wir sind aber nun mal für künftig beruhigt, daß unsre Sachen unter Dach und Fach nun stehen.

Mir ist eine richtige Last genommen, daß es heute geklappt hat. Und der Herr U. wird sich erst mal beim Mietsausschuß befragen, was er mir für einen Mietpreis abverlangen soll.

Er könnte uns am Ende sonst zu viel abnehmen, meinte er. Ich glaub eher, daß es ihm Bange ist, er kriegt sonst zu wenig, wenn er sich nicht erkundigt hat!! So wie ich ihn kenne.

Ich bin nicht boshaft! Ich feilsche auch nicht kleinlich. Ich bin nämlich froh, daß er sich willig zeigte uns den Gefallen zu tun. Ach Du! Am liebsten tät ich nun hinter ziehen! Zu unseren schönen Sachen! Aber ich muß mich noch gedulden! Allein will ich doch das auch nicht, möcht dann mein Herzlieb dabei haben. Ja, dann haben wir alles vom Boden bis vorn raus gewischt, als die Männer wegfuhren. Ich hatte beiden je 2 Zigarren geschenkt, sie schmunzelten! Mehr hatte ich nicht. Schnaps auch nicht. Ach, ich bezahle ja noch meine Rechnung und das ist genug, finde ich. Morgen gleich will ich es erledigen.

Frau U. war garnicht da heute, die macht reine in Franken. Und von B.s hat es auch keiner bemerkt. Das freut mich. Du! Der November hat doch fein abgeschlossen, gelt Schatz?

Und nun geht mir noch der Transport aus Kamenz im Kopf rum. Na, auch das wird noch ein Geschick kriegen.

Du! Ich hatte ja nun so gewartet, was mein Mannerli dazu sagen wird, über meinen Kauf. Aber die Hauptsache muß in den noch fehlenden Boten stehen; denn im heutigen Brief lese ich doch nur, daß Du Dich von Deiner Überraschung noch immer nicht ganz erholt hast. Du! Ach Mannerli! Ich glaub’s Dir ja so gern! Was sollst Du nun auch sagen. Du mußt Dich nur mit dem erst auseinandersetzen, was ich Dir von alledem schreibe.

Die Freude ist doppelt groß, wenn man gemeinsam wählen kann. Das ist schon wahr, Liebster! Aber diese Gelegenheit bedingte, nicht zu warten, bis ich mit Dir zusammen entscheiden könnte, sie bietet sich so bald nicht wieder! Und ich kann Dir nur auch immer wieder sagen: hätte der Mutter dies Zimmer nicht zugesagt, sie hätte mir sofort abgeschrieben. Ja, die Gelegenheit scheint auch Dir so günstig, daß Dir die Frage kommt nach der Geschichte der Möbel, nach dem Grunde des Verkaufs. Ich habe Dir nun meine und der Mutter Vermutungen erzählt. Gewiß, es hat etwas Komisches – genau so empfand ich doch! – nun mit den Dingen zu leben, die anderen einst gehörten; in denen fremde Hausgeister gleichsam noch umgehen.

Da ich nun durch Deine Mutter die 'Geschichte‘ dieses Frl. B. wußte, scheute ich mich zu fragen, warum sie dies schöne Zimmer verkaufe; ich fürchtete, sie irgendwie zu verletzen mit der Frage, die ich aber ganz harmlos hätte hinwerfen können. Ob ich jedoch die Wahrheit erfahren hätte? Es ist nun so: wir haben einen reellen Kauf abgeschlossen, sind beide höchst befriedigt und das übrige muß uns nicht kümmern. So wie Mutter diese Dame kennt, kann sie ihr nichts Böses nachsagen. Obgleich böse Gerüchte über sie kursieren. Mit uns war sie äußerst nett und zuvorkommend und was ihr Privatleben anbelangt, das geht mich nichts an.

Ach Mannerli, Du! In mir ist doch nun soviel Ungeduld, daß Du kommen und sehen möchtest, was in unser Eigentum übergegangen ist, das nun uns gehören soll, zu unserm Heim ein Leben lang. Und was im Besonderen ein Reich meines Herzlieb sein soll! Ach Du! Ich fühle Deinen Wunsch, die neuen Dinge zu sehen, mit mir eins zu werden in der Freude und sie auch innerlich recht mit mir in unser Eigen zu übernehmen. Ja Liebster! Das gemeinsame Schauen, Abwägen und Freuen ist doch erst die rechte Freude!

Ach Du! Du wirst Dich mit mir freuen, ich weiß es, Du!

Geliebter! Ach, es macht mich so glücklich, was Du mir sagst weiter in Deinem geliebten Boten! Es gibt aber keine größere Freude darüber, daß Du mich liebhast und die Meine bist [sic]! Es gibt auch keine beständigere. Und Du führst mich in Deinen Gedanken dahin, über allen den kleineren Freuden, doch die allergrößte Freude nicht zu vergessen: Daß wir einander haben! Einander so fest, so ganz besitzen. Einen wahrhaften Weggesellen und Lebenskameraden! Ach ja, Geliebter! Ich glaube Dir, vielleicht habt Ihr Männer in der Ferne und Fremde dafür einen offeneren Blick: all die Zeiten daher und die unsere jetzt, lassen die Nichtigkeit allen Habes und Gutes wieder so recht deutlich werden; in diesem Weltenbrande wird offenbar, was falsch und echt, was groß und klein, was nichtig und bedeutsam ist.

Ein liebes, gutes Menschenherz zur Seite, das ist Bestes, Größtes!, und das ist auch alle Freude! Das ist höchstes Glück!

Du sagst schon recht: alles andere liegt am Rande. Es wird wieder einmal mehr in sein Recht treten, wenn wir Frieden haben. Und so soll es sein: wir wollen dieses Maß der echten Werte mit hinübernehmen, aus der harten Zeit in die bessere.

Ach Herzelein! Froh bist Du mit mir! Und wir wollen uns doch auch trotz der harten Zeiten den Frohsinn und die Freude am Kleinen erhalten. Ich muß doch anstelle meines Mannerli, daß [sic] draußen im Feindesland seine Pflicht tut, hier drinnen die meine tun.

Und die ist: daß ich Dir die Heimat halte, uns eine neue auch aufbaue – meine und Deine! – unser Eigen, unser Heim! Du!!! Wenn Du wiederkehrst, an dem Tag will ich Dir doch ein Geschenk machen, das schönste, das ich Dir bringen kann: mich selbst und unser Eigen dazu! Du!! Daß wir dann flugs wie ein Schwalben[p]ärchen hineinschlüpfen können in unser Nestchen und -

und - - - - oh, was wohl? Du!!! Und? ..... ! Geliebter!

Oh diese Freude mußt Du mir lassen, wassoll [sic] ich Dir denn sonst zuliebe tun? Über die Ferne ist alles so schwer. Und meine große Liebe kann sich nicht nur in Worten künden, sie will sich auch betätigen. Ach Du! Laß' Dein Frauchen sorgen und schaffen, es hat so viel Freude daran! Nur für Dich! Für Dich, Geliebter!! Ich weiß, ich bin Dein wichtigstes Möbel! Du!! Wie Du doch meines auch bist! Und ich hätte keine Freude, wäre das Heim noch so schön ausgestattet, würdest Du nicht darinnen leben! Du!! Mein Sonnenstrahl! Du!!!!! Dich will ich sehen darinnen, Deine liebe Stimme hören! Du! Du bist es ja allein, der meine Liebe anzündet! Du!!! Der mich alles, alles so froh und freudig schaffen läßt! Alles Leben im Großen hat doch Durch [sic] Dich und mit Dir erst den rechten Sinn, so auch im Kleinen. Ach Du! So wie Dir alles erst zum Lebensinhalt wird durch mich Geliebter so wird es mir doch nur erst durch Dich!! Ich liebe Dich! Ich mag nur mit Dir dieses Leben erfüllen! Mein [Roland]! Mein Herzenslieb!!! [D]u!! Ach Du! Wie schön, wunderschön wird das Leben miteinander sein! Geliebter!! Ich weiß, Du wirst ganz glücklich sein können mit mir Geliebter, wirst Dich, wohl zum ersten Mal im Leben, seit Du von der lieben Mutter weg bist, von mir ganz lieb und zärtlich verwöhnen lassen. Du! Müssen! Ja, müssen! Und wenn Du garnicht mehr Luft schnappen kannst, Du! Wenn ich Dir mit Gutsein und Liebsein zu sehr nahe rücke, ja – was dann? Weißt? Dann wirfst mich mal für eine Woche raus! Schickst mich heim zur Mutsch und wenn Du dann Sehnsucht hast, oder langsam anfängst zu verwildern!! (Nicht hauen, ich stell’ mirs [sic] nur mal eben vor!) dann holst mich ganz schnell wieder, gelt? Oh, wie gern ich kommen will!

Schätzeli! Zerbrichst Dir das Köppel, welchen Platz Du mir anbietest dann, wenn ich zu Dir mal zu Besuch komme ins Herrenzimmer! Ach, ich glaub, diese Frage ist mir auch aufgegangen und ich habe Dir auch davon geschrieben! Drücken uns doch mal wieder die gleichen Sorgen! Kopfsorgen!! Ach Du! Wenns [sic] nur unser Lebenlang einmal [die] Sorgen bleiben darum, wie und wo wir uns am liebsten haben können! Ach Du!! Ach ich fürchte mich vor nichts! Ich sehe nichts, daß [sic] wir nicht in liebendem Verständnis und in liebender Kameradschaft schaffen würden. Auch Sorgen und Kummer wollen wir ganz lieb zusammen tragen und auch vertreiben mit aller Kraft. –

"Welchen Platz ich Dir anbiete, wenn Du mich besuchen kommst im Herrenzimmer!" Ja, ich hab’s ausgewählt, mir gefällt es, ich werde dich wohl oft besuchen!! Ich weiß schon mein Plätzel, Du! Und wenn ich Dir’s noch nicht verraten hab, dann wirst Du es schon noch erfahren! Du! Und mich am Ende beizeiten herunterjagen – ach was! Dann setz ich mich einfach mit meinem Allerwertesten auf Deine Schreibarbeit, zieh die Beine mit rauf und streck Dir die Zunge raus, dann erschein ich Dir gewiß so frech, daß Du mich garnicht anrührst und runterjagst, gelt? Aber ich werd Dich solang festhalten, bis Du mir ein Kussel gibst und mir wieder gut bist.

Ach mein Herzelein! Ein Damenzimmer brauch ich nicht! Ich würde mich fürchten drinnen! Ich bin doch nicht so eine Dame, die mit all den Einrichtungsgegenständen ihren Tag auszufüllen vermag! Brrr!! Hände in den Schoß, Hündchen auf dem Schoß, in weichen Fauteils [sic] lehnend, dem lieben Gott den Tag stehlen! Nein, da bin ich zu lebendig! Und ich mache mir lieber mal im Stübel meines Buben zu schaffen! Und weil wir nicht so feine Leute sind und darum auch nur ein Schlafzimmer besitzen, habe ich darum wieder eine zusätzliche Aufgabe: muß doch aufpassen, daß mein Büble nicht aus dem Bettlein fällt! Ach Du! Wie ein schöner Traum liegt das Land unsrer Liebe so noch vor uns! Aber ein Abglanz, ein Schimmer solcher erfüllter Seligkeit lebt in uns, strahlt aus unserem Auge. Geliebter! Mein [Roland]! Unsre Liebe [leb]t! Sie lebt in uns! Oh Gott, erhalte sie uns, stark und treu! Behüte mir mein Liebstes! Laß wohl gelingen unser Wollen! Amen.

Geliebter! Nun Gutnacht! Ich bin so müde. Selig müde. Bin so glücklich, so froh in Deiner treuen Liebe. Mein [Roland]! Deine [Hilde].

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Kommentare

Kommentar zum „Dorfbuchsachbearbeiter“:
Die nationalsozialistische Arbeiterpartei legte bei der Beeinflussung der Erwachsenen Wert auf ein weitreichendes Bildungsangebot, das sie fernab der klassischen Bildungseinrichtung von Volkshochschulen oder Universitäten etablierten. So kam es unter anderem auch zum Ausbau der Bildungs- und Kulturarbeit auf dem Land. Vor allem die ländliche Bevölkerung sollte, um der anhaltenden Landflucht entgegenzuwirken, aufgewertet und so mit der ehemaligen „Scholle“ emotional verbunden werden. Um diese emotionale Verbindung aufzubauen, sollten sich die Dorfbewohner*innen mit der Orts- und Heimatgeschichte, also mit der Pflege traditioneller und alter Bräuche und Traditionen beschäftigen. Diese sogenannten „Dorfgemeinschaften“ erarbeiteten die Dorfgeschichte und sogenannte „Dorfbücher“, die diese Traditionen überliefern und am Leben erhalten sollten. Vor allem die Lehrerschaft in den Dörfern übernahm diese Arbeit, 1938 gab es bereits 3.500 solcher verfassten „Dorfbücher“ in den Gemeinden.

(Literaturverweis: Hildegard Feidel-Mertz, Erwachsenenbildung im Nationalsozialismus, In: Rudolf Tippelt, Liga von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/ Weiterbildung, fünfte aktualisierte Auflage, 2011, Wiesbaden S.53ff.)

[Zusammenfassung des Briefes von der Transkribientin Nicole Andert]

Hilde berichtet von einem Schreiben an die Dorfbuchsachbearbeiter und einem Termin zur Besprechung am 12. Dezember im „Schützenhaus“ zu Pirna. Sie legt Roland nahe, doch mal einen Abstecher nach O. zu machen.

Sie erzählt von ihrem Tag und dass am Morgen nach dem Ordnung machen und etliche Wege gegangen zu sein, zuhause Herr U. auf sie wartete, welcher ihr mitteilte, dass am Nachmittag die Möbel kommen.

Sie teilt Roland mit, dass Papa beim Arzt zum Röntgen war und erfuhr, dass es ungefährlich sei. Er hat gut gegessen, woraufhin sie schließt, dass er nicht magenkrank sein kann und vermutet, dass es Nachwirkungen vom Zähne ziehen sind.

Es geht weiter mit der Ankunft von Herrn P. und einem älteren Herrn von Bachmanns mit den Möbeln. Mit Mutsch hilft sie, alles hochzutragen und zu verräumen. Als alles an Ort und Stelle steht, freut sie sich sehr darüber. Auch Herr K. (der langjährige Mitarbeiter von B.s) bestätigt ihr, das sie mit den Möbeln etwas ganz Gutes hätten, da es gerade nur noch Einheitsmöbel gäbe und sich die Lage wohl auch in den nächsten zehn Jahren – auch wenn schon Frieden ist - verschlechtern würde, vor allem im Hinblick auf echte Hölzer. Sie stimmt zu, da es momentan ja so vieles gibt, was wichtiger ist. Trotzdem ist sie stolz und glücklich über ihre und Rolands schöne Ausstattung und erwähnt auch das Herrenzimmer. Dabei phantasiert sie auch über das zukünftige Zusammenleben mit Roland. Es fehlen noch einige Möbel und Teile, die gerade nicht am Lager sind. Insgesamt schildert sie, wie sorgfältig sie die Lieferung und deren Zahlung abwickelt. Auch soll noch die Höhe des Mietpreises geklärt werden. Frau U. und von Bretschneiders sind nicht da gewesen und haben so von der Lieferung nichts mitbekommen, worüber sie froh ist. Sie macht sich auch noch Gedanken über den Transport aus Kamenz. Am liebsten möchte sie gleich einziehen, jedoch nicht ohne Roland.

Sie fragt sich, was Roland wohl zu dem Kauf sagen würde, was aber ihrer Vermutung nach in einem Brief von ihm stehen müsste, den sie noch nicht erhalten hat. Es bedrückt sie ein wenig das schlechte Gewissen, die Möbel alleine ausgesucht zu haben und nicht gemeinsam mit Roland. Aber es blieb ihr für eine Entscheidung nicht viel Zeit. Sie verließ sich dabei auch auf den Rat ihrer Mutter. Auch die Geschichte bzw. die Herkunft der Möbel beschäftigt sie, da sie ja anderen
gehörten, die damit lebten. Das Zimmer gehörte einer Frl. B., über welche es böse Gerüchte gibt und es ist wohl nicht ganz klar, warum sie es verkaufte. Sie beruft sich aber darauf, dass sie einen reellen Kauf abgeschlossen hat und alles andere darüber hinaus sie nicht kümmern muss weil es sie nichts angeht.
Sie schwärmt weiter vom zukünftigen Heim und wie glücklich sie über ihre Liebe ist. Und dass dahinter vieles Profane, Materielle und damit Unwichtige zurücktritt. Und auch, wie sehr sie darin aufgeht, ein gemeinsames Heim zu schaffen.

Sie schreibt über einen phantasierten (?) Platz im Herrenzimmer, den Roland ihr wohl „anbietet“ bzw. den Hilde sich auswählen und an dem sie ihn besuchen soll. Dazu erklärt sie auch, dass sie kein Damenzimmer benötigt, weil sie viel zu lebendig und geschäftig wäre und sich darin nur
langweilen würde.

Schließlich verabschiedet sie sich in glücklicher Vorfreude auf das gemeinsame Leben mit Roland.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946