Bitte warten...

[OBF-421117-002-01]
Briefkorpus

30.)

Dienstag, am 17. November 1942.

Herzensschätzelein! Mein geliebtes, teures Herz! Du!!!

Heute ist ein Brief von Dir gekommen! Ein lieber Brief!

Ach, Du weißt ja nicht, wie ich mich gefreut habe, Du!!! Vom Mittwoch, den 11. November ist Dein Bote, an Hellmuths Geburtstag hast Du ihn geschrieben. Ach, wieviel Liebe und Wärme strahlt mir Dein Bote aus! Geliebter! Du kommst doch wieder mit Deinem ganzen Herzenssonnenschein zu mir.

Wer könnte mich noch so liebhaben wie Du? Wer mich noch so, sooo reich beglücken? Ach Du! Mein Herzensschätzelein. Hast mich doch so lieb! Ach – nichts mag ich mehr von dieser Welt, als daß Du mich liebhast!

[Da]ß Du an meiner Seite gehst und Du in meinem Herzen wohnst! Du! Es ergeht mir doch wie Dir, ich kann nicht mehr allein leben! Ich muß Dir so ganz gehören! Ich muß Dich an meiner Seite wissen! Du!!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich! Ob wir einander nun auch so ferne sind es [sic] mag uns manchmal alle Ferne und Trennung furchtbar und schmerzlich bewußt werden. Aber die Gedanken schlagen Brücken und der Geist, ach – sie lassen in ihrer Geschwindigkeit Räume und Entfernungen schrumpfen. Du! So feste, ganz schnelle Brücken schlägt doch die Liebe! Du!!! Unsere Liebe!!!

Herzelein! Auch Dir erscheint es wundersam beinahe, wie unser Bote sich findet durch Ferne, Nacht, durch unwegsame Fluren. Ja! Geliebter! Eine ganze Kette bilden sie – 4 sind unterwegs und manchmal noch mehr; denn ich habe den Montag- und Dienstagboten noch nicht von Dir,– sind immer unterwegs, reichen sich die Hände und verbinden uns. Ach! Ich will nichts von dieser Welt, als daß Du mich liebhast! Ich muß mich an Deine[m] Herzen bergen! Ich liebe Dich unsagbar, mein [Roland]!

Oh, diese Liebe glüht auch in Deinem Herzen, sie lebt darin. Wird nie erkalten, weil wir einander ganz zu eigen geworden sind. Und weil wir einander gehören – ganz, mit allen Sinnen, mit dem Herzen. Weil sich unsre Herzen, unsre Seelen verbunden haben. Ach Geliebter! Du!!! Mein Leben ist Dein Leben. In allen Gedanken, Gefühlen und Plänen bist Du, Geliebter! Ach, daß zu es recht glücklich fühlen möchtest, wie ich so ganz Dein geworden bin. Wie Du Dich in mein Herz gelebt hast! Du!!! Wie Du mir froh bewegt sagst, daß ich Dich so ganz gewonnen hab, so hast Du doch auch mich so ganz gewonnen, Du! Geliebter! Ach, mein [Roland]!

Du mußt mich doch nun ganz behalten! Und ich geb sich doch nimmer, nimmermehr frei, Du!!! Ich halte Dich so fest! Sooo glücklich!

Bin doch wie Du so ganz beglückt und erfüllt und beseelt von meinem kostbaren Schatz. Oh Du! Du hast mich lieb! Hast mich so lieb!!! Geliebter! Niemand anderem, als dem Höchsten mögen wie unsere große Liebe anbefehlen, sein Eigentum und Geschenk ist unsere Liebe und niemand vermag sie uns zu nehmen! In seinem Namen legten wir unsere Hände ineinander, zu ihm flüchten wir mit allem Jubel und Bangen unsrer Herzen. Unser Leben, unsere Liebe, unser Glück, Dich, Geliebter, befehle ich Gott an, täglich. Gott wird uns gnädig und barmherzig sein! Ach Herzelein! In mir lebt ein unermeßlich Glück! Du!!

Du! Ich bin ja heute so froh erregt schon den ganzen Tag! Mit Deinem geliebten Boten kam ein Brief schon wieder aus Kamenz. Mutter hat ein Geschäft abgeschlossen mit dem Weihnachtsmann! Das heißt, sie kann ein Geschäft abschließen, aber sie braucht dazu erst meine Zustimmung. Ach Du! Ich bin heimlich ganz entzückt! Wenn das zum Klappen käme! Geliebter, Geliebter!! Was könnte ich Dir für eine große Freude machen damit! Ach, ich glaube eine ganz große, Du!! Und es ist so ernst und es pressiert so damit, daß ich zu diesem Zwecke nach Kamenz fahren muß. Du! Erschrick nicht, Herzelein! Soll ich Dirs [sic] denn sagen? Soll ichs [sic] Dir verraten? Soll ich erst warten, wie alles ausgeht? Ach Du! Bin ja ganz aufgeregt vor Erwartung und Spannung. Schätzelein! Ach – nun seh ich Dich im Geiste vor mir, Deine Gucker so bittend auf mich gerichtet, so liebevoll. Ach, Du dringst nicht in mich, wenn ich eine Überraschung habe, ich weiß es. Und überraschen möcht’ ich Dich furchtbar gern. Aber – ich kann Dirs [sic] nicht verheimlichen. Meine Vorfreude ist so groß!

Du! Ein echtes Herrenzimmer können wir erstehen in Kamenz! Höre Mutters Schreiben: Bei mir sitzt eine Dame, die ein Herrenzimmer zu verkaufen hat, ich habe auf die Annonce geschrieben: Kanadische Birke in dunkelbraun. 1 Schreibtisch 160x476 cm, Ein [sic] runder Tisch 98 cm im Durchmesser, zwei Armsessel, ein Bücherschrank 180 cm. Hast Du den Wunsch dieses Zimmer zu kaufen? Es kostet 1000 ℛℳ. “Goethe Stil, das Birkenhain vor 100 Jahren.” Gib uns sofort Bescheid, oder komme selbst, es sind noch mehr Interessenten da. Es ist spaßig, es ist eine gute Bekannte, die ich bei Fr. Sch. kennenlernte. Morgen werde ich es mir selbst ansehen. Herzl. Deine Mutter.

Was sagst Du nun, Mannerli? Ach, wenn es klappen würde! Zu schön! Ich bin sofort zu Mutsch ins Geschäft. Sie meinte, wenn es gut erhalten ist, dann ihretwegen. Papa meint, Wertstücken seien stets besser als Bargeld, gerade in unserm Falle. Und ich bin zu dem Entschluß gekommen: am Donnerstag, übermorgen, fahre ich nach Kamenz und schau mir's selber an. Ich habe sofort Mutter telegrafiert. Also: zweckmäßig muß es sein, schon für Deine vielen Bücher. und [sic] formschön und hübsch in der Maserung auch und in der Farbe. Es gibt allerlei Wünsche! Und weil ich weiß, daß Du so gerne selbst mit auswählen willst, will ich doch so lieb an Dich denken, wenn ichs [sic] anschaue. Weißt Schätzelein, sollte es mir zusagen, dann greife ich bestimmt zu. Solche Gelegenheit lassen wir uns nicht entgehen, ja? Und nun habe ich doch auch schon Frau U. eingeweiht, denn ich will es herhaben, wenn ich es kaufe. Sie riet mir nur zu. Und nahm mich mit in ihr Herrenzimmer, Herr U. kam dazu und wir haben an hand [sic] ihrer Möbelstücken ausgemessen. Sie sagen, das ihre sei Beethoven-Stil, was uns angeboten wird im Goethe-Stil sei bestimmt ähnlich – Du kennst doch U.s Zimmer noch, gelt? Es hat Dir doch so gefallen die Maße sind fast wie U., nur um 1-2 cm handelt sichs [sic]. Da bin ich schon beruhigt über die Größe, und der Schreibtisch ist auch so groß wie U.s. Ach Liebster! Daran denke ich doch garnicht, daß Du 'Nein' sagen könntest! Es soll doch mein Weihnachten für Dich sein! Aber gefallen muß mirs [sic]! Und gefallen muß Dirs [sic], Du! Ich freue mich so, wie werde ich an Dich denken, Geliebter auf der Fahrt nach Kamenz! Fur Dich etwas erstehen, ach das Schönste ist’s für mich! Für unser Heim eine Bereicherung! Du!! Ich will doch mit Deinen Augen mitschauen! Ahnst Du, was mir das für eine Freude ist, wenn ich uns so ein Wertstück erstehen kann? Ach Du! Das allerschönste Heim möchte ich meinem Mannerli schaffen! Das allerschönste! Weißt? Ein Herrenzimmer in solch älterem Stil finde ich so anheimelnd, es ist, als lebe man in einer ganz besondren kleinen Welt. Du und ich, wir mögen das übermoderne, kahle, nüchterne doch garnicht! Wenn es so ist, wie [da]s unten bei U.s, dann bin ich restlos entzückt und greife zu!

Und mein Mannerli wird sich vom Frauchen beschenken lassen? Ja? Du! Ach sag mir nur gleich, wie Du denkst! Verkaufen werden wir uns nicht, denn die Eltern sind ja mit dabei und schätzen mit ab.

Ich bin doch so aufgeregt, Du! Und so voller Spannung! Ach Herzelein, am liebsten holte ich sich doch herzu, daß zu dabei sein könntest. So ein froher Drasch! Sag? Freust Du Dich denn mit mir? Wirst Du mich auch nicht auszanken?! Ach Herzelein! Für unser Heim ist ja alles gedacht! Für unser Glück allein! Unsere geliebten Räume sollen es werden. – Ich muß jetzt aufhören, ich erfahre eben, daß ich morgen früh schon Deine Stollen backen muß beim Bäcker, da heißts [sic] vorbereiten nur und es ist auch DRK-Dienst.

Schätzeli! Morgen auf Wiedersehn! Ich bin ja so glücklich mit Dir! So von Herzen glücklich! Gott sei mit Dir! In Liebe ganz Deine [Hilde].

Ich küsse Dich! Ich liebe Dich! Du!!!!! Ich halte Dich sooo fest!

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946