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[OBF-421028-002-01]
Briefkorpus

12.)

Mittwoch, am 28. Oktober 1942.

Herzallerliebster mein! Schätzelein Du! Geliebter [Roland]!

Aber nun komme ich doch ganz schnell zu Dir, mein Schätzeli. Bin doch so beschäftigt gewesen den ganzen Tag und konnte es doch garnicht erwarten, bis ich endlich bei Dir sitzen kann. Ach Du! Hast mich ja heute so, so froh gemacht! 2 liebe, liebe Briefe sind gekommen und 1 liebes Päckchen dazu. Ach Du mein lieb's gut's Mannerli, bist ja so lieb fürsorglich mit mir. Ich habe mich ganz sehr gefreut über alles. Die Spange ist schön! Du Schätzel, wenns [sic] geht, schick uns bitte braune Schuhcreme, gelt? Für meine Stiefelein; denn die Wasserflecken, die bleiben so haften, wenn sie auch trocken sind und farbloser [sic] Crem [sic] deckt nicht genug. Sie sollen doch immer schön blank aussehen!

Ja, da geht nun die Post so gut bis zu mir und wie ich ersehe, hast Du noch nichts von mir, armes Hascherl! Du, denke nur, vom Freitag ist der neueste Deiner Boten! Am 24. X. gestempelt und schon am 28. X. bei mir, na besser kann die Post nicht gehen! Wenn es nur hinzu auch so fein rasch geht in Zukunft.

Du! Nun will ich aber schön der Reihe nach auf Deine lieben Zeichen all antworten, da liegt doch auch noch der Dienstagbrief unbeantwortet.

Herzelein Du! Am Abend hast Du Dich da zu mir gesetzt und hast nun zum ersten Mal lieb mir erzählt, wo Du nun eigentlich untergebracht bist. Ich dank Dir, Du!

Ach, ich kanns [sic] Dir nachfühlen, daß Du unter dem Druck dieser Ungewißheit kaum gewagt hast, mir die Örtlichkeiten zu schildern. Als ob sie entschwinden könnten, verloren gehen, wenn Du darüber schriebest. Ganz scheu und behutsam schautest Du alles an, was Dir begegnet und möchtest Dich doch so gern freuen daran.

Ach Du! Du! Heute im Boten sehe ich doch nun, daß die Lose gefallen sind! Mein Büberle kann bleiben! Kann bleiben! Du glaubst ja nicht, Geliebter, wie mir auch diese Ungewißheit aufgelegen hat, ich mochte sie nur nicht laut werden lassen. Aber nun, da Du mir so frohe Kunde bringst, ach da möchte ich Dir doch vor Jubel gleich um den Hals fallen, Du!

Wessen Stein war wohl der größere, der nun vom Herzen rollte? Deiner oder meiner? Ach Du! Du! Wie dankbar müssen wir sein unserm Gott, daß er es wieder so gnädig mit Dir fügte!

Oh Herzlieb, laß uns immer eingedenk sein Gottes großer Güter! Ach Du! Laß Dir beide Hände vor überquellender Freude ganz fest drücken, Du! Wie froh bin ich, Dich in Rumänien zu wissen, wenn auch nicht für immer, so doch den bösen Winter über und wer weiß, noch viel länger?! Oh Du! Laß uns fest vertrauen!

Schätzeli! Nun lese ich doch alle Deine Beschreibungen vom neuen Stübel und von all dem anderen Neuen mit ganz andrer Freude, mit viel leichterem, froherem Herzen. Nun ist es wirklich für eine Weile Dein kleines Reich, was Du mir da malst. Ach, wie nett hast es wieder getroffen. Mußt ja meinen, seist garnicht bei den Soldaten! Vergiß nur mich nicht, wenns [sic] Dir gut geht!

Ach, wie könnte ich mich darum sorgen! Du bist wie ich, immer immer trägst mich im Herzen, ach, fürs ganze Leben - Du! Mein Herzelein! Ich habe es doch wieder so beglückt gefühlt, als Du bei mir warst, wie Du zu mir drängtest, wie Du mit mir gehst, wie Du mich so ganz an Dich fesseln willst, und Du hast mich so ganz! Und Du warst bei mir so ganz zu Hause, Geliebter ich weiß es zutiefst beglückt! Ich habe Dich in meinen Armen gehalten, Dich an mein Herz gedrückt, oh Du bist ganz mein! Du! Und ich bin ganz Dein mit allen Herzfasern, allen Sinnen. Dein!

Ach Du! Miteinander wollen wir doch gehen, einander wollen wir leben! Und daß wir es wohl nicht können, das will uns manchmal traurig stimmen. Du! Laß uns getreulich ausharren! Bald werden wir uns in unseren Boten wieder einander die Hände reichen können, Antwort haben auf unser Fragen. Ach, wir haben doch noch solch glückliches Los neben vieltausend anderen neben uns. Dessen wollen wir immer eingedenk sein. Zu dritt seid ihr also im Stübel. Und an der Linken, also der guten, der Herzseite, schläfst Du! Mit dem Köpfchen nordwärts! Da kann ich Dich ja von hinten beschaun von meinem Bettlein aus. Alles ist fein beisammen, freut mich außerordentlich!

Habt Ihr wohl auch eine Decke auf der Kiste, worauf Euer Radio steht? Frieren wirst Du im Bettlein wohl nicht bei Heizung, ja? Aber Deinem Wunsch betr. Pullover erfülle ich Dir.

Vielen herzlichen Dank auch für die Zulassungsmarken! Fein! Vielleicht zieht Ihr noch ein Stockwerk tiefer, wenn Ihr dann nur noch zu zweien seid. Ich begrüße es, daß Du ein Stückchen zu Fuß gehen mußt zur Dienststelle, kommst wenigstens bissel an die Luft. Paß nur gut auf den Verkehr auf! Überhaupt sieh Dich vor, wenn Du so allein mal losgehst, Herzlieb! Ich lebe stets ein wenig in Sorge. Nun hast Dich gewiß auch immer besser eingearbeitet, ist der Dienst straff? Bist Du der einzige Unteroffizier an Deiner Arbeitsstätte? Ich glaube, Du hast eben so genug, von früh bis abends 5 Uhr, ja?

In Deinem lieben Mittwochboten erzählst mir von einem Gang nach der Stadt; es muß schon Spaß machen, so auszukundschaften, was "los" ist! An den beiliegenden Bildern kann ich sehen, wie ich mir B. vorstellen muß. Du magst nur selbst noch Aufnahmen machen, die sind mir doch die liebsten. Also fürs Leibliche wäre wieder bestens gesorgt! Großartig! Nimm es nur tüchtig wahr! Iß tüchtig! So tüchtig wie zum Abendbrot an jenem Mittwoch. Einen Petroleumkocher habt Ihr, auf dem Ihr Euch was extra bereiten könnt! Das ist ja großartig! Nun werden sich aber die Strohwitwer überbieten an Versuchen in der Kochkunst. Hoffentlich braucht danach der Magendoktor nicht einzugreifen! Na, Du verstehst schon was!

Und wenn Du mich lieb bittest, verrate ich Dir einige meiner Kochgeheimnisse! Sag? Wirst Du denn in Rumänien die berüchtigten Flaschen füllen können? So tief hast Du können noch nicht ins Landesinnere schauen. Und wer weiß langst Du mit Deinem Lei! Wieder mal was Neues! Teurer noch ist es! O Du meine Güte! Kauf nur nichts Anzuziehen da für mich! Denke zuerst an Dich! Und dann an etwas Eßbares, das geht allem vor. Wie glücklich preisen wir uns im Besitze dieses Öls! Wahres Gold!! Sag? Ob es Mehl zu kaufen gibt? Oder Zucker? Und Öl?

An jenem Mittwoch, als Du in der Stadt warst nach dem Dienst, bin ich nach der Schar zum Feuerversicherungsmann gegangen. Ich habe übrigens die Unterlagen schon. Einen neuen Versicherungsschein Nr., auf Sechzehntausend [ℛℳ] versichert. Na, nun kanns [sic] brennen! Auslagen sind in Höhe von 7.52 ℛℳ entstanden, die ich an die Stadtbank L. überweisen muß. Ich will nur alles fein aufheben. Auch von der Krankenkasse bekam ich 17.–ℛℳ für die Brille überwiesen.

Mittwoch, ja ich glaub schon, daß mein lieber großer Bub mal zu mir in die Schar käme! Und ich ließ ihn doch ein!! Du!! Heute hätte ich Dich brauchen können, es war Hochbetrieb! Ich bastelte mit Buben und Mädels. Wie sich das rumspricht!

Es waren heute Gesichter da, die ich noch garnicht kenne! Wie eine Glucke unter ‘nem Haufen Kücklein kam ich mir vor. Die Jungen sägten und hämmerten, es mußte nur so sein. Sie wollen bis in den Abend sitzen bleiben. Aber daraus wird nichts! Zuhaus wartet ja mein liebster Bub! Ach Du! Du! Weißt Du denn noch, wie ich Dich liebe? Mein Herzallerliebster Du! Mein Ein und Alles, Du!!!!!

Um 600 [Uhr] kam ich heim, Mutsch hatte schon die Wäsche eingeweicht. Ich habe heute, bevor ich zur Schar ging, alles bereit gestellt, den Kessel gefeuert, damit sie heißes Wasser hatte. Der Tag war wieder ausgefüllt bis obenhin. Vorbereiten mußte ich mich für die Kinder. Essenkochen: Spinat, Salzkartoffeln, Eier, Birnenkompott. Aufwaschen, Essentragen, Hausordnung ist mittwochs dran besonders. Na, ich kam grade so drumherum. Und am Nachmittag hatte das Mundwerk wieder einen Drasch! Ach, die Kinder mag ich gern. Herzelein, gegen Abend war ich noch Einholen [sic] und da traf ich Hannel und Kordula D., sie kamen aus dem Lazarett mit 'ner [sic] leeren Tortenplatte. Und sie gackerten auf mich ein! Wieder paar neue Schützlinge. Sie freuen sich auch so, daß Du in B. bist den Winter über, viel frohe Grüße! Und bis Weihnachten sollst mal schreiben. Sie haben mir so viel erzählt, hab schon eins mit dem andern vergessen. Ihr Bruder Paul hätte 4 Monate nicht geschrieben, sie hättens [sic] garniemanden erzählt und auf ihr ununterbrochenes Anfragen hin, habe er nur geantwortet. Er war schwer verunglückt, ein Lastauto ist ihm ins Motorrad gefahren. Er habe schwer gelegen. Nun sind sie ja aufgeregt.

Ach Mannerli, jetzt geht´s mir wie Dir, auf einmal überfällt mich eine Müdigkeit, es war auch bissel viel heute der Lärm. Ich will ins Bettlein gehn. Muß ja auch zum Waschfest morgen etwas taugen. Ach, ich schließe so froh und dankbar meine Zeilen heute. Du bist geborgen. Gott, sei Lob und dank! Er halte seine Hand immer segnend über Dich und unser Glück! Amen. Du! Goldherzelein! Ich liebe Dich! Ich küsse Dich! Mein!

In Ewigkeit Deine [Hilde], Dein glückliches Frauchen.

Dein!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946