
[420608–1‑1]
Montag, den 8. Juni 1942
Geliebtes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde]!
Abend ist nun. Und nun drängt es mich, Dir meine Liebe zu bringen, einzukehren bei Dir. Ach Herzelein! Es geht mir doch eben wie Dir: Ich fände keine Ruhe eher, bis ich nicht noch mit Dir Zwiesprache gehalten habe – und die Sehnsucht würde übergroß. Sie muß sich Dir kundtun, die Liebe will Dir zuströmen.
Ach Geliebte! Wenn hätte ich sonst als Dich, der sie alle aufnimmt? Du hast sie entbunden – Du mußt sie nun auch aufnehmen – ach, sie weiß doch nur den Weg zu Dir – und kein anderes Menschenkind hat sie so befreien können wie eben Du! Herzallerliebste! Du bist mein Herzlieb! Mein!!! Ach Geliebte! Könnte ich doch bei Dir sein und Dir zeigen, wie soooooo lieb ich es mit Dir meine. Ich kann es Dir nur immer wieder schreiben und versprechen und geloben. Aber Du klagst ebenso wie ich. Und wir wissen es doch aus den wenigen Wochen des Zusammenlebens, daß wir auch ganz lieb zueinander sein werden, daß lauter Frohsein uns erfüllt. Und es kann gar nicht anders werden zwischen uns. Wenn dann all die frohen Pflichten uns erfüllen, wird unser Zusammenleben nur noch inniger. Ach Herzelein. Ich glaube doch an Deine Liebe! Du schenkst sie mir ganz, die unendliche – reiche Liebe! Du hast sie mir all geschenkt, die Jahre daher und hast sie bewährt. Du bist mir verbunden mit Leib und Seele bis in den Tod! Geliebte! Es muß schon gute treue Liebe sein, die soviel Kraft zur Geduld aufbringt, wie wir sie erbringen müssen – getrennt mitten in der Hochzeit, voll heißer Sehnsucht, einander ganz zu gehören und ein Eigen[e]s darzustellen, so ganz gewiß und treu einander lieb behalten über alle Ferne. Oh Herzelein! Unsre Liebe kennt keinen anderen Weg, es gibt keinen anderen als den der Untreue, der die Liebe verrät – er ist unmöglich, ganz unmöglich! Wir kennen nur den Weg, der unsre Liebe vertieft. Wer wollte den Quell unsrer Liebe aufhalten wer ihn ableiten, wer das Wogen der Liebe zum Stillstand bringen? In der Herzen, in unsrer Wesen Tiefe liegt der Quell, entspringt der Wogen Kraft – und da kann niemand hinzu – in Deinem Herzen wohnt Dein [Roland], er läßt gar niemanden ein – er nimmt Dein liebes Herze ganz, ganz ein! Und in meinem Herzen wohnt meine [Hilde] – die laß ich nie und nimmer aus – die halte ich fest und schließe sie ein und hülle sie ein – mein ganzes Herze hat doch ihre Form angenommen – ruhst doch darin wie das Kindlein im Mutterschoß – und Deines Wesens Züge alle, sie sind umfangen von meiner Liebe! Ganz Dein ist mein Herz, Du! Du!!!!! !!!!! !!!
Ach Herzelein! Und fest halte ich Dich über alle Ferne! So, wie ich ganz erfüllt bin und mich gehalten weiß von Deiner Liebe, so sollst Du es fühlen, daß ich Dich ganz lieb habe, daß ich Dir der Nächste, der Allerliebste bin über alle Ferne. “Im Herzen wohnt die Liebe, im letzten Kämmerlein. Und wer sie will erlangen, muß gehen zum Herzen ein.” Ins letzte Kämmerlein kann doch nur Dein Mannerli schaun: ganz tief und lieb in Deine Augensterne, schaun und eingehen – Du! Du!!! Du!!!!!
Geliebte! Bringst mir in Deinen Boten vom Mittwoch und Donnerstag wieder alle Deine reiche Liebe! Ach Du! Redest so lieb und lange mit mir, läßt mich ganz lieb teilnehmen an Deinem Leben, läßt mich Dir am nächsten sein. Ach Herzelein! Ich weiß und fühle es, daß Du Dein Liebstes, Dein Bestes, Dein Herze mir bringst. “Der Kern, die Glut Deines Wesens, sie ruhen in mir.” Geliebte! Geliebte!!! Du bist mein! Du hängst an mir mit Deinem Leben! Du läßt mich nimmermehr allein gehen! Du folgst mir bis ans Ende der Welt! Oh Geliebte! Wie berg ich mich glückselig in solche Liebe! All mein Sehnen erfüllst Du damit! Machst mich unendlich glücklich! Machst mein Herze so hoch und froh schlagen! Oh Geliebte! Ganz geborgen fühle ich mich bei Dir! Ganz daheim! Du! Geliebtes Weib!!! Oh Herzelein! Und ich liebe Dich ebenso! Dieselben Empfindungen, dieselbe Liebe beseelt mich! Die Worte reichen nicht hin, um das recht zu sagen! Oh Herzelein! Weil ich weiß und fühle, wie diese Liebe so mächtig in mir ist, verstehe ich doch auch die Deine.
Herzelein, Du! Du kannst Deinen [Roland] so ganz, ganz glücklich machen mit Deiner Liebe – machst ihn erbeben bist bis in die feinsten Herzspitzen – Du! Du!!! Oh Du! Bring sie mir alle, alle, Deine Liebe!!! Ganz weit offen und bereit ist mein Herze, Dein Wesen ganz in mich aufzunehmen. Oh Geliebte! Und nicht minder groß ist die Sehnsucht, Dich ganz zu erfüllen! Geliebtes Weib!!! Und ich kann es, ich weißt es beglückt! Oh Du! Ich könnte nicht so froh dahergehen, wenn ich nicht wüßte, daß ich Dir der Liebste bin! Wenn ich fühlte, daß in Dir eine Leere ist – und es wäre keine Möglichkeit, Dich mit all meiner Liebe zu umgeben. Oh Herzelein! War es nicht eben der rechte Zeitpunkt auch, da wir uns kennen lernten? Daß wir unsrer Liebe ganz gewiß wurden, bevor dieses Kriegsgewitter losbrach? Daß wir nun soviel Halt und Trost, Freude und Glück, Glauben und Zuversicht daran gewonnen haben – ach Geliebte, den Mittelpunkt unsres irdischen Lebens! Gott sei ewig Dank darum! Er bleibe bei uns mit seiner Güte und Gnade!
Oh Geliebte! Ich erlebe es doch, ohne daß ich selber Zeuge sein kann als nur durch Deinen Bericht: wie Du immer wieder bei mir einkehrst nach des Tages Hast, nach der Flüchtigkeit des täglichen Lebens einkehrst zur Rast in mein Herze, wie Du Dich flüchtest in meine Liebe als dem Ort inniger Traute, Herzelein! mein bist Du mit Deinem Herzen! Deiner Seele! Ganz mein!!! Komm immer zu mir, Geliebte! Gehetztes Rehlein! Siehst Du es denn, wie jeder Deiner Tage ganz angefüllt ist mit Pflichten und Geschäften? Daß Du Dich des nachts noch aus dem Bettlein stehlen mußt, um mein zu denken, Du! Daß Dir kaum die rechte Muße bleibt, mit mir Zwiesprache zu halten? Herzelein! Ich mag nicht zanken, aber aus dem Bettlein stehlen sollst Du Dich meinethalben nicht und übernächtig [sic] an einen Tag voll Pflichten! Hörst Du? Herzelein!!!
Von meinem Tag heute ist wenig zu berichten. Elfriede schickte am Sonnabend 5 Päckchen mit gebackenen Knäbbchen und Sacharin. Sie möchten gern noch einmal Tee haben. Es ist der letzte nun. Das Kilo kostet jetzt 12 000 Drachmen 200 Mark. Ich bekam ein Quantum von 50 [R]M im Werte! Kaufen kann man das nicht! Morgen will ich wieder zum Zahnarzt gehen, er wird mir den Zahn füllen.
Viel, viel warm war es heute wieder, aber nicht schwül, und die Nacht wird frisch. Das Schönste am Tage aber – der Höhepunkt des Tages, der Herzenssonnenschein – sie kamen doch von Dir! von Dir!!! Geliebte, mit Deinen lieben Boten! Und so ist es doch immer! immer, Du!!! Ich kann Dir doch heute gar nicht auf alles antworten – so lang ist der Mittwochbote, und so lieb, sooo lieb! Oh Herzelein! Wenn ich zu Dir kommen könnte! Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Herzelein! Ein Sehnen ist ganz tief im Herzen! ein heißes inniges Lieben! Du! Du!!! immer nur Du!!!!! Geliebte! Mein Alles, mein Leben Du!!! Ich liebe, liebe Dich, Du!!!!! !!!!! !!! Oh Du! Meine [Hilde]! Bleibe mir! Gott schütze Dich!
Ich bin immer bei Dir mit meinen liebsten Gedanken! Ich küsse Dich! Ich habe Dich doch sooo lieb! Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Mein! –
Ewig Dein,
Dein [Roland]!
[*]Gut Nacht, liebes Herzelein! Hast denn noch Platz in Deinem Bettelein – für Deinen [Roland]? Zusammen brauchen wir doch gar nicht viel! Sind wir doch Eines! ganz Eines – Du! Oh Herzelein! Sooooooooooooo glücklich! Du! Du!!! Ich liebe Dich!!!
[* der Folgende Teil ist seitlich an den Rand geschrieben, unten links auf dem Papier, nach oben hin weg]
