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Briefkorpus

Montag, den 1. Juni 42

Herzensschätzelein! Herzallerliebste! Geliebte mein!

Viel versteht Dein Mannerli nicht von der Marine – wird ja auch nie damit renommieren, höchstens vor seinem Weiberl zum Spaße, werd mich auch immer hüten, mich in Gespräche darüber einzulassen – aber ich habe einmal gehört, daß die 101 eine gewisse Bedeutung hat beim Salutschießen. Und nun kommt doch heute von Dir der 101. Bote. Und den möchte ich doch auch mit einem Salut empfangen. Ach Du, herzallerliebstes Schätzelein! Hast doch wieder sooo viel Freude in mir angesteckt!

Zwei Tage mußte das Mannerli geduldig warten – aber nun, am dritten, wird es doch wieder sooo lieb belohnt, sooo lieb - Du! Du!!! Du!!!!! Ach Herzelein! Mag das Dein schönstes Danke sein zu wissen, daß Du mir allen Sonnenschein bringen kannst, allein. Hellen, tiefen Herzenssonnenschein mit Deiner großen Liebe. Herzelein! Ganz wundersam ist es, wenn Du zu mir kommst, ganz hell wird es dann in mir – und dann rührt sich doch alle Sehnsucht, Dir zu danken mit all meiner Liebe! Ach Du! Die Feder will meiner Freude gar nicht folgen. Und Salutschießen – ja, das müssen wir doch dann – im Urlaub. Du! Du!!! Brauchst [sic] keine Sorge zu haben – ich meine nicht Deinen Salut vom „Bumsen“ – puh! Den könnte doch mein Weiberl gar nicht erwidern, weil es gar nicht „bumsen“ kann – doch, doch, ich hab’s schon mal gehört, ja, gehört – Du!!! Und daß Du den Salut erwidern wirst, das hoff ich doch! Du, wie wär es doch mit lauter heißen Kusseln – oh Du! Ich glaube soooviel Süßigkeit ist das Mannerli gar nicht mehr gewöhnt! Oh Du! herzallerliebstes Schätzelein!!!!!

Oh Du! Herzelein! Lauter Blümelein stecken im lieben Boten, nein zwei sind es doch, die vom Dienstag und Mittwoch: Maiglöckchen, die süßen, so viel am Stenglein – lauter Kusselbäume, Du!!! Darf sich’s das Mannerli so deuten? Oh Du! Was frag‘ ich – wo es was Süßes gibt, da braucht ich doch gar nicht erst zu fragen – Du! süßes Feinslieb!!!

Und Blaublümelein, liebe Treuaugen – Du und ich wir haben sie zwar nicht blau, aber desto mehr sind wir und treu. Vergißmeinnicht?! Oh Herzelein! Dich vergessen? Nie Du! hassen! Nie!! Immer nur Dich lieben, lieben – ohne Ende!!!

Du! ich laß nicht von Dir – bis Du mich liebst, mich am allerliebsten halt!!! Ach Du! Du!!! Ich habe sie doch schon all, Deine unendliche Liebe! Oh Gott im Himmel! Hast sooo viel, mehr als ich verdiente – oh Herzelein! Kein Mannerli ist noch sooo reich an guter Liebe wie Dein [Roland] – Du! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Herzelein! Ich brauche sie nur lieb und treu zu bewahren, brauche sie nur alle in mich aufzunehmen, ihr mein Herz zu öffnen – dann strömt sie ein, ein ganzes Meer – dann füllt sich mein Herze ganz aus in reichem Überfluß! Du! Du!!!!!

Ja, Herzelein! Nun ist das erste Thema, an dem Dein Mannerli hängen bleibt, doch wieder eines aus dem Marinefach – aber diesmal brauche ich nicht betreten zu schweigen. Vorausgesetzt – daß der Hochantennenmann wieder gegangen ist und wir zwei ganz allein sind!

Aber jetzt geht mir’s doch wie Dir – Du!!! Eine mutige Einleitung – ach Du! Herzelein! Ich glaub, Du bist schon wieder im Urlaub! Du!!! Denn Soooliebsüßes [sic] darf man sonst gar nicht schreiben, Du! Ich glaub gar, Du meinst, das Mannerli hätte all das vergessen – Du! Was ich all Liebes mit Dir erlebte, - das vergeß ich doch nimmermehr – ach Du! Das ist doch eingegraben tief, tief ins Herze – das mundet und jauchzt und jubelt all zusammen in meinem Lieben, in meinem Liebumfangen – Oh Herzelein! Bande, zarte, innige, unlösbare Bande sind es unsrer Liebe! Die Geheimnisse unsrer Liebe! Unser Eigen! Unser Ureigen! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh Herzelein! Wenn ich all der Zeichen unsrer Liebe und Traute denke – an Deine Geschenke all, geliebtes Weib, Goldherzelein – daß sie von Dir sind, so tausendliebevoll – daß Du sie mir bringst, – daß sie alle Pfand sind und Siegel unsrer Liebe, Deiner Liebe, oh Herzelein! wenn ich denke, was sie bedeuten, was sie sagen wollen, dann will mir doch das Herze übergehen vor Jubel und Seligkeit und Glück: Du bist mein! Bist mein! Bist ganz mein! Oh Herzelein! die schönste Menschenblüte, das liebste Weib hat sich mir ganz erschlossen, läßt mich ganz nahe sein und in seinem Herzen wohnen – oh, daß es immer so bliebe! Herzblümelein, Du? Laß mich Deinen[sic] Sonnenstrahl sein! Du bist mein ganzes Glück! Ich liebe Dich sooooooooooooo sehr!

Du! Geliebte! Und ich werde Dir doch immer ebenso aufgeschlossen sein – sollst in meinem Herzen auch am allerallerallerliebsten geborgen sein! Oh Du, Herzallerliebste! Möchtest Du nur ein wenig es so fühlen wie Dein [Roland]: Du hast mich sooo lieb und hältst mich sooo wert, [d]aß Du mir all Deine Huld schenkst, daß Du Dein Leben mir weihst, daß Du mich den Einzigen sein läßt, der in Deinem Herzen wohnt!

Oh Geliebte! Auch ich möchte Dir so mein Leben weihen! Auch ich möchte dich sooo lieb- und werthaben! Du!!! Ach, daß ich Dir es recht erzeigen könnte allzeit!!!

Du liebes, liebes Schätzelein! Du süßliebes Evchen! Mein Englein, Du!!! Ganz meines – ja? Du!!!!! Ganz heimlich nur Du!!!!! Du !!!!! !!!!! !!! Nun steig mir schnell einmal auf die Waage, damit: „das Ding“ auch schwer genug ist und das Mannerli richtig eingetaucht wird – Du Schlaule, Du!!! Hälst mich wohl gar absichtlich so knapp mit dem Wasser? – und bis zum Bauchel soll’s bloß steigen? – Du! Du!!!!! Na, viel höher braucht es meinethalben auch nicht zu sein. Ach Herzelein, Du! Wie möcht ich Dir doch sooooooooooooo gern einmal nahe sein – mein Köpfchen ganz lieb zu dem Deinen stecken, und die Näschen rumpeln – ach Herzelein, Du!!! Ich sehne mich doch so nach Deiner Nähe, nach meinem lieben Weibe – ich sehne mich so nach Weibes Wesen, so wie Du es verkörperst! – Das weiß doch sonst gar niemand, so kennt mich doch sonst gar niemand – als Du allein!!!!! Oh Geliebte! Soooviel Sehnsucht ist in mir nach Dir! Du hast sie auch all wachgerufen mit Deinem lieben Boten!!! Und andre Süßigkeit ist doch noch zu mir gekommen heute: Deine Päckchen sind schon bei mir. Nun will ich mal fleißig knipsen – ich habe wieder eine ganze Menge Motive auf dem Kieker. Und die feinen Pralinen sind alle gut angekommen bis auf eine Schnapsbohne.

Ja, Herzelein, ganz reich beladen bin ich heute heimgegangen. Du! Geliebte! Ist doch Reichtum, den uns niemand rauben kann – oh Herzelein! ist unser Schatz, den wir uns nicht antasten lassen – ist doch unser Glück, der Quell unsrer Kraft und Freude! Ist doch das Pfund, das Gott uns anvertraut hat, daß wir es mehren!

Schreibst mir, daß Herr L. nach Kreta versetzt wurde. Einsatz auf Kreta? Kann man nur verstehen, wenn man an unseren Angriff in Nordafrika denkt, der doch sicher bis Ägypten führen soll. Dann kommt der Insel erhöhte Bedeutung zu als Flugbasis. Ja, Herzelein! Der eine steht hier, der andere da – und Gott ist überall! Und unser Sorgen ist eitel. Und doch sorgen wir uns – und wir sind so dankbar, daß Gott uns soviel Sorge ersparte bisher! Geliebte!!!

Ich bin so froh, daß Du mich so lieb verstehst in meinen Gedanken und meinen Wünschen darum daß Du daheim sein kannst. Du weißt, daß ich Dir vertraue, daß ich Dir auch gern alle Wünsche erfüllen möchte, daß ich Dich auch recht verstehe in Deinem Drange irgendwie tätig zu sein, daß ich auch Dir die Lust nachfühlen kann, die der Gedanke bringt irgendwo jetzt in der weiten Welt zu sein. Herzelein! Und Du weißt: nur die Liebe läßt mich in Sorge sein, und das Mannerli hört und sieht zu viel, das ihm die Sorge nur zurecht bestehen läßt. Geliebte! Es ist die Weite und Freiheit der Welt nur die eine Seite – ist es auch nur für die freiheitsliebenden Menschen, nur sie empfinden in der Fremde auch die Größe und Schönheit der weiten Welt. Herzelein! Nur wenige sind das, und Du gehörtest gewiß zu ihnen. Aber es ist in der weiten Welt auch die Sehnsucht nach der Traute, der Geborgenheit, der Heimlichkeit – und was dann?

Oh Herzelein! Die Mädchen, die hier umherlaufen, für die meisten wird die Fremde zur Not, zur schrecklichsten Enge und Verstrickung – wie auch für die meisten Kameraden. Wenn ich ihnen sagen würde ‚zur Not und Verstrickung‘, sie würden mich auslachen, weil sie das nicht empfinden, weil sie in der großen Herde gehen, weil sie nur wenig besaßen, was sie verlieren konnten, weil ihr Gewissen, ihr Stolz, ihre Ehre, ihre Scham längst stumpf wurden.

Oh Geliebte! Auch Dein Mannerli liebt die Weite und die Freiheit, und es gibt Augenblicke, da fühlt man auch die Größe der Zeit – aber auch Dein [Roland] kennt die Sehnsucht nach der Heimat, nach der stillen Einkehr, oh Herzelein, nach dem Sichselbergehören, und kennt doch die Kostbarkeit aller Heimlichkeit und Herzenstraute erst recht durch Dich, Geliebte! Durch Dich! Und niemand kann ihm dann helfen, niemand als Du allein! Dann fliehe ich zu Dir und berge mich an Deinem Herzen und kehre bei Dir ein – Geliebte! Täglich! Du! Du!!! Täglich drängt es mich dazu! Oh Geliebte! Daß ich es kann! Daß ich Dich habe! Und daß ich Dich daheim weiß, daheim Dich finde an den Orten unsrer Liebe, unsrer Heimat, daß ich Dich warten weiß und bereit sein, mich jederzeit zu empfangen – oh Geliebte! Du magst es mir nachfühlen, was es mir bedeutet! Wir konnten noch kein Nestlein bauen, unsre Liebe konnte noch nicht sichtbar werden, ein Gedulden und Warten ist, oh Herzelein, sooo große Sehnsucht nach unsrer Heimat bei mir und Dir – Herzelein!

Meine [Hilde]! Laß uns wenigstens die Schwelle hüten zu unserem Heim! Ach! Hüte Du wenigstens die Orte unsrer Liebe! Teuer sind sie uns wie später unser Heim, das Teuerste sind sie uns jetzt! Geliebte! Hüte sie! Ach Du! Warte mein dort! Halte Du die Heimat! Geliebte!!!!! !!!!! !!!

Ach, denk Dir das aus: Ich käme auf Urlaub und Du kämst auf Urlaub! Und es fügte sich, daß ein Kindlein geboren würde – und Du mußt wieder fort, hilft Dir niemand los von einer einmal eingegangenen Verpflichtung – Dein Mannerli Dir nicht zur Seite – und Du in der liebelosen Fremde bis kurz vor des Kindleins Geburt – – Du! Geliebte!! Ich fände nicht mehr Ruhe bei Tag und Nacht – ich machte mir die bittersten Vorwürfe. Ich wäre so tieftraurig, weil ich Dir ein viel schöneres, glücklicheres Leben schenken wollte – und nicht eines in nackter Not und Kümmernis.

Herzelein! Du mußt unsre Heimat halten um jeden Preis! Du! Du!!! Ich kann sonst nimmer recht froh werden.

Du Herzelein! Ich wüßte doch kein lieberes Heimchen als Dich! das sein Mannerli so weich betten sooo lieb umsorgen und verwöhnen will, das sooo lieb am Nestchen mitbauen will als Dich wie Du! Und Du möchtest doch nicht gleich ein anderes Mannerli finden, das all das so schätzt, so lieb mitbaut, daß das so sich gefangen geben will solcher Liebe und Traute. Und Du liebst doch auch wie ich die Weite, die Ferne, die Himmelsweite, die Freiheit. Und Herzelein! Nichts will ich doch lieber, als mit Dir doch auch diese Weite zu erleben, dich zu führen und an meiner Hand zu fühlen auf Reisen, bei großem, schönem Erleben und Ergriffensein – oh Herzelein! Soviel ich vermag – wollen wir trinken von ‚dem goldnen Überfluß der Welt‘. Schenke Gott uns dazu ein empfängliches Herz und ein langes, gemeinsames Leben bei guter Gesundheit.

Herzelein! Spät ist es. Das Mannerli wird gleich abgelöst vom Läuferdienst. Nun will ich mich rasch ein paar Stündchen niederlegen. Herzelein! Du hast mir den Tag so reich und sonnig gemacht! Möchte auch Dir die Sonne meiner Liebe so satt und lieb scheinen!

Behüt Dich Gott! Er sei mit Dir auf allen Wegen! Gut Nacht! gut Nacht! Grüß auch die lieben Eltern! Ich küsse Dich, Herzelein! Ich denke so lieb Dein! Du! Mein Ein und Alles, mein Sonnenschein! mein Leben! Mein liebes Weib! Meine [Hilde]! Herzblümelein, Herzensschätzelein! Mein Evelein! Du Liebste, Feine! Holde, Geliebte Mein! Mein! Ganz Mein!!! Ich bin doch Dein [Roland], Dein glückliches Mannerli, Dein Herzensbub, Dein Sonnenstrahl – ach Du! Ich liebe Dich! In ewiger Liebe und Treue Dein! Ganz Dein!!!

 

 

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946