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Briefkorpus

Dienstag, den 19. Mai 1942

Herzensschätzelein! Geliebte! Meine liebe, liebste [Hilde]!

Beinahe hätte es doch geklappt – nun ist ein Bote an die falsche Adresse gegangen – er geht wohl auskundschaften, wie es dort ist. Er wird zurückkommen. Und nun ist doch schon Dein viellieber Donnerstagbote bei mir. Das Mannerli hat doch nur einen Tag sich gedulden müssen. Weil mein Schätzelein sooo lieb und treu mein denkt alle Tage! Oh Geliebte! Wie unsagbar beglückend ist es, in Deiner Liebe zu gehen, Du! Du!!! Wie unaussprechlich beglückend!!! Oh Herzelein! Du lädst mich ein, zu Dir zu kommen, bei Dir zu bleiben. Weißt Du es, fühlst Du es, Geliebte?: ich kann Dir doch gar nimmer verlorengehen, gar nimmer Dir verloren gehen – Du!!!!!

Ich wohne doch in Deinem Herzen – bin eingezogen in Deinem Herzen, hineingeschlüpft – und bin doch nun hineingewachsen und fülle es aus, Dein Herz, je länger desto mehr und vollkommener wie ein Kindlein den Mutterschoß – und dort wo ich hineinschlüpfte, kann ich doch gar nimmer heraus – gefangen, Dein für dieses ganze Leben! Du müßtest mich denn hinausstoßen. Oh Geliebte! Und nichts will ich als ganz Dein sein, ganz Dein sein! Du! Du!!!

Herzelein! An ein Bild muß ich denken, Symbol allen Einsseins, Hingegebenseins: Die Mutter, wenn sie ihr Kindlein nährt – das Kindlein, wie es sich drängt zum Quell der Liebe, wie es sich birgt am Herzen der Mutter. Du! Du!!! So drängt es mich doch zu Dir – so ungestüm und wundersam, so verlangend – oh Herzelein! Du weißt es: wie Dein Mannerli so viel Liebe braucht – Deine Liebe, Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Du!

Immer, immer werde ich kommen zum Quell Deiner Liebe – oh Geliebte! Ihn zu wissen und zu besitzen ist doch all mein Glück! Du bist sooo reich an guter Liebe! Ich komme zu Dir, ja, ja! Ich komme immer, immer – ach Du! Überglücklich immer, an Deinem, an meinem Herzen mich zu bergen, dort zu ruhen – Oh [sic] Geliebte! Geliebte!!! Und du wirst mich nicht vergessen, wirst mich nicht dürsten lassen – auch wenn uns Gott Kindlein schenkt. Oh Herzelein! Wenn ich das bedenke – wie arm stehe ich denn da neben Dir? Ach nein, und doch nicht arm – nur beseligt und überwältigt ganz von der Liebe meines Weibes, von Deiner Liebe!!! Oh Herzelein! Wie hältst Du mich gefangen damit, schlägst mich in Deinen Bann – Du! Du allein! Ja, ganz gewiß, Du allein! Mein liebes, einziges Weib! Meine [Hilde]! Oh Herzelein! Magst ganz glücklich es erkennen, wie Du Dein Mannerli ganz erfüllen kannst, wie es soviel tiefe, innige Liebe sucht – und bei Dir sie findet, bei Dir allein! Oh Du! Mein Leben! Mein Alles! Geliebte!!!!! !!!!! !!!

Herzelein! Hast Dich müssen sehnen nach Deinem [Roland]! Ich habe Dich doch am selben Tage müssen ganz lieb haben. Ich habe es nur nicht geschrieben, weil ich mir böse war darum – aber, Herzelein, es ist ein Weben und Wogen zwischen Dir und mir über alle Ferne – des bin ich nun gewiß – oh Du! Du!!! Ich bin doch ganz Dein! Sollst doch immer zu mir kommen auch mit Deiner Sehnsucht – ich trage sie doch glücklich, die süße Last, Du!!!

Herzlieb! Weiß nicht, ob Du alles recht aufgefaßt hast. Unser Wohnen jetzt ist zwar nicht so schön und frei und ungeniert und ungebunden – aber es ist besser, als wir es erwarteten. Und von meinem Arbeitsplatz schrieb ich doch, daß er jetzt besser, heller ist. Ach, mach Dir darum keine Sorgen. Besser und öfter noch als früher kann ich jetzt mit Dir allein sein, jeden Abend, so wie heute – und das ist mir doch die Hauptsache, das Wichtigste. Das hatte ich in der alten Wohnung nicht, ich konnte mich dort mit gutem Grunde nicht einfach zurückziehen, ohne die Kameraden damit zu verletzen. Jetzt kann ich es.

Herzlieb! Mit den neuen Kameraden verstehen wir uns recht gut. Mit ihnen ist Weite im persönlichen Sinne eingezogen. S. aus dem Pommernland, H. aus dem Lande zwischen Hamburg und Bremen, Sch. aus der Eifel. Herzlieb! Mehr als in K. und H. lebt in den beiden älteren Sch. und H., die Zeit mit ihren Problemen. Und Sch. zumal, Katholik, hat feste Grundsätze und einen Standpunkt, H. nicht ganz so entschieden. Mit ihnen kann ich mich über Probleme besser unterhalten als mit K. und H. Die beiden sind taub geworden im Lärm der großen Stadt. Sie denken zu schnell an ihre Ruhe und Behaglichkeit, es scheint ihnen unsinnig, irgendwie gegen den Strom zu schwimmen, unbequem, irgendetwas unvollkommen zu finden. Die beiden neuen Kameraden setzen sich mehr mit der Zeit auseinander. Dabei sind sie nur vom Lande.

Herzlieb! Ich kann mich recht wohl fühlen in unsrer erweiterten Gemeinschaft. Die neuen Kameraden sind dazu äußerst rücksichtsvoll und hilfsbereit. H. raucht gar nicht. Ich werde Dir gelegentlich mehr erzählen aus unsrer Runde. Seit Dienstag vor acht Tagen ist ja nun auch der Kompaniechef eingezogen. Wir merken ihn kaum.

Es ist noch immer ein Kommen und Gehen bei uns. Morgen muß J. ziehen mit Sack und Pack nach Konstantza [sic]. Geliebte! Bedenke mit mir immer recht froh, wie ein so gütiges Geschick uns zuteil wurde bisher. Oh, ich weiß, Du bist darum so dankbar wie ich. Und ich stehe mit Dir zu Gott voll Zuversicht und Vertrauen: Er wird alles zum Besten kehren! Er wird uns zusammenführen! Geliebte!!! Wie froh bin ich, daß Du so tapfer und gläubig vorausschaust! Nur der Glauben kann solchen Frohsinn schenken.

Hast gerade meinen Donnerstagboten nicht erhalten, in dem ich Dir doch ein wenig Hoffnung auch für den Urlaub anzünden konnte. Sprichst vom Tüchtigzulangen, und Starksein für den Urlaub, Du! Ein Dickerle willst zum Mannerli haben – dann muß mein Weiberl aber ein Dickerle sein – sonst hat das nicht seine Richtigkeit – hörst? Ich hab mich doch gestern auf die Waage gestellt: 68 kg mit Schuhen. Kannst 4 kg abziehen, dann bleibt etwa das Gewicht für Deinen Adam übrig – das ist für den Krieg gar nicht so schlecht. Ich fühle mich ganz wohl dabei. Nun wäre ich gespannt auf die Gegenrechnung. Ich denke mir, wenn das Mannerli auf der einen Waagschale sitzt – und mein Frauchen auf der anderen – die Waage wird wohl in die Höhe schnellen und mir mein Frauchen in die Arme wippen.

Du! Aber wenn dann Frieden ist, dann wird fein gepolstert und abgerundet, gelt? Und ich werd Dich doch bestrahlen mit meiner Sonne, daß Du ganz runde rote Bäckchen kriegst. Das Mannerli trinkt dann wieder seine Milch – hu! wohin wird es denn dann sollen mit seinem Starksein? Du!!! Du!!!!! Schätzelein!!!

Herzelein! Wieder geht ein Tag zur Ruhe! Er brachte mir doch soooviel, oh soooviel Herzensfreude durch Deinen so lieben Boten. Ganz glücklich bin ich doch, Du! Oh! Wenn ich Dir nur auch immer soviel Freude bringen kann! Herzelein! Ich glaube, es ist doch am selben Tage gewesen, daß ich Dich bat, Dich immer zu mir zu bekennen. Ganz glücklich will ich Dich doch machen! Und ich kann es! Kann mit allem zu Dir kommen. Hast doch mein ganzes Vertrauen, meine ganze Liebe! Ach Du! Bist immer in mir und mit mir und um mich! Bist doch ganz eins mit mir! Und ich bin doch mit Dir nur noch ein Ganzes! Eines, Herzelein! Ein Paar – auch vor Gott! Er schaue gnädig auf uns! Er segne unsre Liebe! Er behüte Dich auf allen Wegen und schenke Dir recht bald wieder volle Gesundheit!

Herzlieb! Bald komme ich wieder zu Dir! Jetzt leg ich mich zur Ruhe – und Du? gehst mit mir! Ganz fein brav muß das Mannerli doch sein. Ob es ihm denn da auch bei Dir gefällt? – Du! Du!!! Oh Geliebte!!!!! !!!!! !!! Darf doch Dein Mündlein küssen – ganz lieb und fein – darf mein Herzelein liebkosen – darf Dich ganz innig und lieb einhüllen – Dich! Dich!!! Geliebtes Weib! Du! Du!!! Ich liebe Dich! Ich küsse Dich herzinnig! Dein glückliches Mannerli! Dein [Roland]! Dein!!!

 

 

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946