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Briefkorpus

Sonntag, den 10. Mai 1942

Geliebtes, teures Weib! Herzallerliebste mein! Du!!

Oh Herzelein! Du, Geliebte! Sonntag ist wieder. Und nun möchte ich zu Dir kommen. Ach Herzelein! Am liebsten auch gleich bei Dir bleiben, bis der Schlaf und die Nacht kommen. Dir gehören doch alle Stunden! Dir gehöre ich doch ganz! Und hier, in der Ferne – fühle ich das desto entschiedener. Ist es bei Dir zu Hause wohl auch so schön? So warm und sonnig wie hier? Oh, ich möchte Dich wohl sehnsüchtig machen nach Deinem Mannerli, wenn ich Dir diesen Sommersonnentag malen könnte. An dem alle Menschen eigentlich auch nur Liebe und Sonne strahlen können. Oh Geliebte! Es ist eine fremde Sonne, eine fremde Wärme – und viel schöner noch, weil herrlicher und strahlender ist die Glückssonne des Herzens, oh Herzelein, brennt in mir die Sonne Deiner, uns[e]rer Liebe, und zieht mich heim – alle Gedanken und Wünsche, und weckt soviel Sehnsucht – die Sehnsucht nach der Sonne Deiner Liebe, Deiner Nähe, geliebtes Herz! Oh Herzelein! Wo Du bist, Du allein, da ist die rechte Sonne, da ist Ruhe, da ist alle Sehnsucht zuhaus! Oh Herzelein! Dann ist sie zuhaus. Dann ist mir nach Liebe! Denn Sehnsucht ist nur ungestillte Liebe!

Oh Du! Geliebtes Herz! Das Bild der lieben Marianne, über die nun soviel Herzeleid gekommen ist, das läßt mich doch unsres ganzen Glückes recht inne werden. Oh Herzelein! Ich kann nur Dein Mannerli sein! Konnte nur Dein Mannerli werden! Du! Du!!! Du!!!!! Das kann ich Dir doch bis ins feinste gar nicht erklären – aber es ist so – Du! Du!!! Geliebte! Meine [Hilde]! Mein liebes, liebstes, einziges Weib! Oh Du! Dein! Dein! Ewig Dir verloren und Dein bin ich, Deinglückkliches Mannerli!

Ich will Marianne noch heute ein Brieflein schicken. Oh Geliebte! Wenn sie so glücklich war wie wir es sind, dann ist großes Herzeleid über sie gekommen. Nicht ohne Schatten war ihr Glück von Anbeginn. Nicht so entschieden neigten sich ihre Wesen zueinander und einmal ist es ganz aus gewesen zwischen ihnen. Aber das sagt dem Außenstehenden nichts darüber, ob sie nun vielleicht ganz glücklich waren. Die Differenzen kamen auch vom Gedanklichen, Weltanschaulichen her. Ein paar Äußerungen machten einmal die Runde durch die Verwandtschaft. Ich wunderte mich nur darüber, wie sie nur aus dem Kreis der Zweisamkeit, in den sie gehörten, herauskamen. Aber das alles will nichts bedeuten vor diesem harten Spruch des Schicksals, vor der Gewalt und Größe göttlichen Willens, die hier Menschenwillen zerbrach. Oh Geliebte! Und wenn er nicht so mächtig und groß war wie unser Wille zueinander, zu gemeinsamem Leben – dann war es noch immer groß genug. Mehr Erlebnisse noch, Heim u.[nd] Kind banden die beiden aneinander. Oh Herzelein! Viel Unruhe und Wanderschaft und Heimatlosigkeit auch in beider Leben – und kurz nur und doch schon immer umdroht [sic] das kurze Glück des Beheimatetseins.

Ich sehe mich noch sitzen auf dem Bahnhof in Neukirch auf der Fahrt nach Bischofswerda, von Lichtenhain aus nach Hause, als ich ein Glückwunschbrieflein aufsetzte – ach Herzelein, Du! – mit dem Blick auf Dich gerichtet, noch gar nicht lange, aber so voll Sehnen und Hoffen und Wünschen im Herzen, oh Herzelein! So viel Liebe, die sich regte und nun hoffte, von Dir entbunden und befreit und erlöst zu werden (und heute – Herzelein! – Heute ist sie es doch – Du! Du !!!!! !!!!! !!!), zwei Jahre später nur, da waren wir einander doch ganz gewiß, Geliebte! Und ich habe damals geschrieben von dem großen Entschluß, von dem Gebundensein, das doch, wenn es zum rechten Glücke gereichen soll, nur eine höhere, schönere Freiheit bedeutet. Oh Herzelein! Du! Ich mag nur immerzu bei Dir bleiben! Will immer nur gebunden sein – gefangen von Dir, in Deinem Herzen! Du liebe, liebste, gute, beste – Du! Mein Leben! Mein ganzes Glück! Und meine Freiheit.

Oh Geliebte! Wir müssen einander so herzinnig lieben! Kann es denn Sünde sein? Oh Du! Wir wollen es Gott geloben, daß wir in seinem Namen dieses Leben führen wollen. Und wollen es nicht nur geloben. Herzelein! Von Anbeginn haben wir uns zu Gott geflüchtet mit unserem Glück. Es ist nur zu groß, zu reich, zu köstlich. Nur bei Gott wissen wir es recht geborgen. Oh Herzelein! Wohin sollten wir mit unserem Danken, der überquellenden Freude? Und wohin mit unserem Bitten und Beten füreinander, aller Liebe tiefster Innigkeit?

Du, Geliebte! Du fühlst das so wie ich. Und Du sagst recht: Wir müssen froh an die Zukunft denken, trotz Not und Herzeleid ringsher [sic]. Solange Leben in uns ist, lebt unsere Liebe! Aus ihr kommt uns aller Glauben an Gottes Güte und Allmacht. Alle Kraft auch, mit dem Leben fertig zu werden. Oh Herzelein! Und nur unser Glauben kann uns davor bewahren, daß wir übermütig und selbstherrlich werden im Glücke. Oh Du! Du!!! Wir werden es immer wieder fühlen und erkennen, daß solch großes Glück ein Himmelsgeschenk ist, Gottes Gnade allein, die es bringen und erhalten kann, ganz allein! Oh Du! Meine [Hilde]! Mein Weib! Mein Lebensgefährte! Ich fühle Dich so glücklich an meiner Hand – daß ich mit Dir durch dieses Leben wandern darf und soll! Und unter uns fühlen wir die Erde, und froh, und mutig und rüstig schreiten wir voran; und über uns den Himmel, die Hand, das Schicksal, den Willen Gottes – ja Herzelein! Wir fühlen ihn! Wir könnten ihm uns nicht verschließen ohne Furcht im Herzen, ohne unsicher zu werden.

Oh, Du großer Gott im Himmel! Sieh Du uns beide Hand in Hand! Segne unsre Liebe! Sei gnädig unserem Glück!

Geliebtes Herz! Es geht mir doch nun wie Dir: ich kann den großen Strauß Deiner Liebe gar nimmer umfassen. Schon wieder kommt ein neuer hinzu. Und Dein Glück, Deine Freude scheinen den Boten zu beflügeln, daß er nur noch fünf Tage braucht bis zu mir.

Oh Herzelein! Was soll ich Dir denn noch antworten auf alle Liebe! Wie Dir danken? Wie Dir mein  glückliches Herze kundtun? Ich kann es nicht mit Worten. Oh Geliebte! Weil ich Dich so glücklich sehe, will doch auch mir das Herz aufspringen vor Jubel und Glück, oh Du! Will zu Dir, mein Glück zu dem Deinen zu legen, oh Geliebte! Dich zu schauen, Dich zu fühlen, Dich zu umschlingen in seligem Einssein! Du! Du!!!

Oh Herzelein! Meine [Hilde]! Deine Liebe ist bei mir, immer, immer! Sie hält mich, sie trägt mich, sie läßt mich unablässig nur heimdenken zu Dir, sie hält mich so ganz gefangen! Oh Du! Und ich fühle den ganzen Reichtum, die Einzigart [sic] und Eigenart und Einmaligkeit Deiner großen Liebe! Du! Du!!!!! Oh Herzelein! Wisse, daß auch mein Herz Dir zuschlägt in unendlicher Dankbarkeit, in Treue und heißer Liebe!

Oh Du! Du weißt und fühlst es, daß ich so ganz, ganz glücklich in Deinem Herzen wohne – oh Herzelein! Herzelein! Ich halte Dich so glücklich und lieb umfangen! Du! Du!!! Mein! Mein!!!!! Ich liebe Dich sooooooo sehr!!! Oh Herzelein! Und ich sehen mich doch so wie Du, Dir all mein Glück zu zeigen – Du! Du!!! Geliebte! Nach dem Augenblick, da alle Freude, aller Liebe Inbrunst wirklich aufspringen kann – Aug in Auge, Herz bei Herzen, – oh Geliebte! Du! Du!!! Wenn ich dann zu Dir kommen darf – Du! weißt Du es noch? dann, oh dann, Geliebte!! Geliebte!!!!!

Oh Geliebte! Und noch mehr beinashe sehne ich mich nach der Zeit, da wir gar nicht erst warten müssen, es einander zeigen zu können – oh Herzelein! Wenn ich dann gleich Dich lieb umfangen kann und Dir meinen Herzensjubel, meine Glückseligkeit bringen kann.

Oh Geliebte!

Behüte Dich Gott! Bleib mir froh und gesund! Jetzt will ich mit den Kameraden noch ein Stück an die Luft gehen! Ich nehme Dich doch mit! Du bist ja immer, immer bei mir! Ganz nahe! Was mein ist, ist doch Dein! Und was Dein ist, ist doch mein!

Dem Herzelein! Dein Schlüsselein auch! – Mein Herzelein! Und mein liebes Schloß, Du!!! Soll es so sein? Ja, ja, ja!!!!! Immer! Immer und ewig! Du! Du!!! Ich küsse Dich! Ich halte Dich ganz fest umfangen in heißer, inniger Liebe! Dein [Roland].

Dein glückliches Mannerli!

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Einziges Thema die Liebe, die Roland erfährt und zurückgibt. Roland sieht diese Liebe immer wieder als 'Himmelsgeschenk' an, als Ausdruck der Gnade, Güte und Allmacht Gottes. In Gott hat diese Liebe ihren Ursprung, und allein durch Gottes Willen kann sie bewahrt werden. Vergleich Liebe -Sonne. Nur der Glaube an Gott bewahrt vor dem Übermut und der Selbstherrlichkeit der Liebe.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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