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[Saloniki,] Mittwoch, den 18. März 1942
Herzelein! Geliebte! Mein liebes, treues Weib!
Soviel Liebe ist heute zu mir gekommen, daß ich gar nicht noch weiß, wohin mit aller Freude, mit allem Glück. Zwei liebe Boten von Dir, der vom Dienstag und der vom Donnerstag, einen Brief von daheim und einen von H.s aus L. Und woher mir dann die größte Freude ward?
Du! Du!!! Oh Geliebte! Dein Herzensbub! – so fühle ich alle Liebe, alles liebende Verstehen und Begütigen! [Du] Bist bei mir geblieben am Dienstagabend – Du! Du!!!!! !!!!! !!! – [Du] Hast mich sooo lieb bei der Hand genommen – hast alle Liebe zu mir sprechen lassen, um mein Sehnen zu stillen und mein Sorgen zu zerstreuen – oh, Du liebes, liebes Weib! [Du] Hast Deinen Buben sooo lieb getröstet – er kam doch zu Dir und bedurfte dieses Trostes. Und ich kam nicht vergebens zu Dir! Oh Liebe, Herzallerliebste! Wie soll ich Dir danken? Komm auch Du immer zu mir, Herzelein, daß ich Dir helfe! Wir können einander helfen.
Ach Herzelein! Ich möchte es noch einmal sagen: alle Unruhe, aller Zweifel, alle Unstimmigkeit – sie sind nur, weil wir einander so fern sein müssen – weil wir einander suchen, sehnend, zitternd. Und was ein Blick, ein Händedruck sonst sagen, so beredt und eindeutig, das müssen Worte nun umschreiben. Ach Geliebte! Nach den Tagen unseres Wiedersehens, innigsten Liebens und Einverständnisses ist es doch so schwer, wieder allein zu gehen, werden doch Heimweh und Sehnsucht so laut nach dem Einssein und Zusammengehen. Daß ich Dich immer wieder verlassen muß! Immer wieder! Dich immer wieder allein lassen muß! Immer wieder!!! Oh Geliebte! Das wird mir doch manchmal schmerzlich bewußt, daß wir immer nur wieder uns gedulden müssen und noch nicht ein Ganzes sein können, wie wir das sooo gern möchten – daß uns[e]re Wege uns äußerlich immer wieder auseinanderführen! Herzallerliebste! Ich bin so froh, daß Du mich recht verstehst, daß Du hinter meinen Gedankemn und Ratschlägen die Liebe Deines Mannerli erkennst, daß Du kein Mißtrauen herausliest. Oh Du! Es ist kein Mißtrauen, es ist Liebe, ungeduldige, eigensinnige Liebe. Ich möchte Dich zu mir ziehen, und an mich fesseln – ach Herzelein!, ganz tief und heimlich bergen unser junges Glück. Verstehst Du das? Ich werde Deinen Dienstagbrief noch viele Male lesen. Heute abend kann ich unmöglich auf alles darin Berührte eingehen. Dazu braucht es ein paar ruhiger Stunden allein. Möchte Dir über allem aber wie mir das Bewußtsein froh und glückhaft stehen: Du liebst mich, sooo sehr!!!
Und nun noch zu Deinem Donnerstagboten. Morgen also begibt sich mein Schätzelein auf Reisen. Ich werde mit ihm sein in Gedanken. Es gefällt mir, wie auch in eurer Familie Zusammenhalt und Familiensinn gepflegt werden. Wielange [sic] wirst Du denn bleiben? Und heu[t][‘] abend ist also schon Reisedrasch. Reise glücklich und kehre gesund heim!
Mit Päckchen willst [Du] mich überfallen? Leere Schachteln? Du! Mit jeder Schachtel nimmt Dein Mannerli nicht vorlieb! Und nun ist dazu Dein Schachtelmann noch ganz aus der Façon geraten! Gewiß wegen des neuen Briefkastens. Ist aber wirklich unfreundlich. Na – guten Weg, guten Steg! Und schuldig bist Du ihm nichts und wirst es ihm nicht bleiben. Ob ich den vielen Schachteln aber auch etwas anzuvertrauen habe? Das muss ich erst finden.
[Du] Hast so gut meine Geschäfte versorgt. Nun bekommst [Du] auch etwas von der Beförderung ab, gelt? [Es] War gewiß noch eine Menge Schreiberei darum, bis der Urgroßvater im Briefkasten lag. Der Gang der Geschäfte nun? Eines Tages wird die Urkunde der Ernennung zum ständigen Lehrer kommen, vom Minister persönlich unterzeichnet. Dazu ein Schreiben, in dem mich eines besonders interessiert, das B.D.A. – Besoldungsdienstalter. Diese Angabe ist entscheidend darüber, in welche Gehaltstufe man mich einordnet. Die Weisung, von der mein Schätzelein träumt, ist nicht dabei. Dazu sind die Herren viel zu amtlich. Und – so gern ich mich von Dir empfangen ließe und Dir die himmelhohe Freude von Herzen gönnte – ein wenig möchte das Mannerli doch auch an der Vorfreude beteiligt sein! Sobald ich einmal Zeit übrig habe, will ich dem Schulrat [ein]mal ein paar Zeilen vergönnen. Zeit übrig habe – – – ach Du! Übrig habe ich nie welche – und ich muß mich zwingen, anderen von Deiner Zeit abzutreten. Aber es muß wieder einmal werden: Siegfried, Hellmuth, die liebe Mutsch, K. – – sie alle sind wieder dran.
Die lieben Zeilen von H. lege ich Dir bei. [Ich] Hab[‘] doch gewarnt, daß er das Glückshäusl nicht verkauft. Aber diese Anspielung ist meinem Schätzelein wohl nicht bekannt! Wer machte denn sein Glück darin? Oh Du! Du!!! Geliebte! Du mein ganzes Glück!
Wenn jetzt die Märzsonne ihre Strahlen in dem ganz bestimmten Winkel zur Erde schickt und die Luft mit einem ganz gewissen Hauch weht, dann stehen wieder Frühlingslandschaften der Heimat vor mir – und am schönsten, lieblichsten die Frühlingszeit in H. mit ihren Spaziergängen im schönen S. Herzelein! Es war der Frühling zum ersten O.er Jahr. So dwar mein Herz noch nie mit Sehnen erfüllt wie damals zur Frühlingszeit – Du! Du!!! Ob nicht die Nähe meines Seelengeschwisters, die Nähe Deines lieben Herzens, unseres Glückes, der Quelles uns[e]rer Liebe es so erzittern und sehnen machte?! Oh Geliebte! Uns[e]re Leben strebten einer Wende zu, einem Höhepunkt. Ja, nun nachträglich wissen wir es. Oh Geliebte! Ein Quell reichsten Glückes ist uns aufgetan. Du bist glücklich! Du liebst mich! Mehr und Mehr [sic]. Und ich bin Dein glückliches Mannerli! Und liebe Dich! Je länger desto mehr. Geliebte! Es ist ein guter köstlicher Quell und unser Weg ein rechter gerader Weg. Mit Dir will ich gehen, mit Dir allein! Mit Dir von diesem Quell trinken – Dein Glück, mein Glück – Liebe um Liebe, Treue um Treue!
Oh Herzallerliebste! Nun will ich mich schlafen legen, glücklichen, dankbaren Herzens! Reise nur glücklich morgen! Gott behüte Dich auf allen Wegen! Ich bin immer bei Dir! Oh Du, so nahe, ganz bei Dir! Ich liebe Dich sooooooooooooo [s]ehr! Ich küsse Dich herzinnig und bleibe Dein in steter Liebe und Treue, Dein! Ewig Dein [Roland]
Gut Nacht! Geliebtes Herz! Du!!! Schlaf wohl! Und träume süß! Geliebte!!!

Roland beschreibt das Ankunft mehrerer Briefe aus der Heimat, die Mitteilung der Beförderung, die Hoffnung auf eine unbefristete Lehrerstelle und seine Frühlingsgefühle. Er wünscht sie eine gute Reise zu Angehörigen.