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[OBF-420311-002-01]
Briefkorpus

33.

Mittwoch, am 11. März 1942.

Herzensschätzelein! Mein lieber, liebster [Roland]!

Ach Du! Heute bin ich aber heilfroh, daß ich nun endlich auf meinem Hintern sitzen kann. Heute habe ich mal gespürt, daß ich auch Nerven habe und keine gefühllosen Stränge. Die Kinder waren heute ganz aus dem Häusel! Wir hatten doch Theater.

Kurz nach 2 Uhr bin ich schon gegangen, weil wir – ich mit einigen Jungen – alles vorbereiteten. 30 Bänke rückten wir zurecht, vorn in die Mitte des Raumes stellten wir eine Tafel und das Kasperltheater drauf. Rechts und links davon mußten Pappen aufgestellt werden, damit die Spieler nicht von den Zuschauern gesehen wurden. Alles war startbereit, sogar einen Schifferklavierspieler hatten wir aus unseren Reihen! Im Nebenraum wimmelte es von Kindern! Bald kam auch Frau L. u. Frau W. Einer hatte Eintrittskarten gedruckt – nun gings los. Der Platz kostete 10 Pfennig (für’s WHW). Endlich saßen alle Rangen still. 120!! Alle waren da, auch die sonst schwänzen, weil’s ‘was zu sehen gab. 2 Stunden spielten meine Buben, wirklich nett. Und die andern haben sich köstlich amüsiert! So ein Geschrei vor Freude und Übermut! Du hättest das mal hören müssen.

Nachdem alle wieder das Feld geräumt hatten, brachten wir rasch den Raum in Ordnung. Nun galt es noch den zu überweisenden Kindern, in das Jungvolk, Instruktion zu erteilen. Sonnabend am 21.III. ist der Festtag! Die Gedichte mußten verteilt werden, die Worte für den Sprechchor, Lieder. Ehe das alles miteinander kapiert ist!! Nach 6 Uhr waren wir soweit, zum heimgehn. Bis zum Mittwoch müssen sie nun alles lernen. Ich habe nun auch durch Frau L. eine Anmeldung zur Frauenschaft bekommen!!!!! Dieselbe hat ihr Frau v. C. gegeben! Naja. Jetzt oder nie – einmal mußt es doch geschehn! – Heute erfuhr ich auch, daß ein Sohn von Frau von C. gefallen ist, im Osten. Sie hat alle 4 draußen. Sie muss sehr tapfer sein, die Arme. –

Mein Herzlieb! Heute war auch meine Privatschülerin wieder da, weißt Du denn schon davon? Mutters Pate E. W. (vom Schneider) lernt Zither spielen, sie ist schwer von Begriff und ich erbarme mich ihrer ein wenig. Alle Wochen eine Stunde. Es geht mühsam vorwärts. Wenn’s bis Ostern noch so miserabel ist, ihr Spiel, dann will ich es den Eltern sagen, daß sie das Mädel davon erlösen sollen. Man soll nichts erzwingen. In Limbach läuft ein Kursus – ich will mal mit hingehen, mal sehen, wie der alte Herr sich anstellt. Zu ihm ist E.‘s Mutter schon in die Zitherstunde gegangen! E. behauptet, er sei schon 80 Jahre alt! Ich kann’s garnicht glauben.

Herzelein liebstes! Ich habe doch heute auch Deinen lieben, lieben Mittwochbrief schon bekommen! Sei von ganzem Herzen dafür bedankt, Du!!! Vom Dienstag der fehlt noch – auch vom vorigen Freitag der steht noch aus. Vom Mittwoch den 4. bis Mittwoch den 11. sind’s sieben Tage! Die Post geht gut – unberufen.

Ach Du! Du!!! Du! Geliebter! Ich hätte Dir doch noch so vieles zu beantworten auf Deine Boten vorher, aber ich mag es doch heute garnicht, Du! Ich lasse mich ganz von Deiner innigen Freude anstecken und mit fortreißen, Herzenslieb! Das Glück muß mir doch heute wieder einmal ganz hell und leuchtend in den Augen gestanden haben. Ich bin so maßlos glücklich, Du! In Deiner wundersamen, guten Liebe, Herzelein! Du bist doch mein allerallerliebstes Herzenslieb, mein Herzensmannerli, mein einziger, liebster, bester [Roland]! Ganz mein Allerliebster bist Du! Du sagst es mir heute, daß wir einander wieder richtig die Hände reichen, unsre Boten sind wieder Antwort, Widerhall – sie künden von unserm Glück. Nun weißt Du, daß ich die böse Wartezeit überstanden habe, daß ich lang schon wieder täglich Deine treue Liebe empfange, durch Deine so lieben Boten. Und ich zeige Dir mein freudig bewegtes Herz, Du mußt Dich nun mit mir freuen, Du! Mußt mit mir froh sein! Oh Du! Daß Du weißt, wie sehr Du mich beglücken kannst, Geliebter! Das macht Dein ganzes Glück aus. Geliebter! Du hast keinen anderen Wunsch, keinen größeren, als den, mich so ganz glücklich zu machen!

Oh Herzensmannerli mein! Deine Liebe macht mein Leben soo reich! Du mußt es fühlen, Du! Ach, ich bin doch so von ganzem Herzen glücklich und froh! Du siehst es doch täglich, wenn meine Liebe zu Dir kommt mit ihrem heißen, drängenden Strahlen. Du bist der Mittelpunkt meines Lebens, meine Sonne. Ich brauche Dich doch, wie meinen Herzschlag, Geliebter. Ich hab Dich ganz unendlich lieb, mein [Roland]!

Ich muß Dich immer lieben, so urgewaltig und tief ist meine Liebe zu Dir, sie ist ewig. Ewig, das ist ein Wort, das sonst schwer über die Lippen geht, weil es so viel, so gewaltiges, großes in sich birgt. Aber im Zusammenhang mit unsrer Liebe mag ich es ohne Widerstreben nennen. Geliebter! Unsre Liebe hält uns für ewig zusammen. Wir könnten uns in Gedanken ganz mißverstehen einmal – an unsre Liebe würde es nicht rühren. Die bleibt, sie ist und bleibt immer, ewig – sie verbindet, wenn alles uns sonst trennte.

Geheimnistiefe Liebe ist zwischen uns, Du! Wenn ich zurückdenke, an den Anfang unsrer Begegnung – es war mir oft so schwer, den Glauben an unser Glück zu behalten. Schmerz kam und ging, meine Liebe blieb ewig gleich – sie ist unverrückbar in mein Herz gegraben. Geliebter! Denke stets daran, wenn Du eine trübe Stunde hast, wenn Zweifel Dich plagen wollen! Ganz zu Anbeginn war ich schon ganz Dein – wie, sag, wie könnte es jetzt anders werden? Nimmermehr!

Ich liebe Dich in Ewigkeit! Ganz Deine [Hilde]

Deine glückliche [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946