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[OBF-420310-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 10. März 1942

 

Herzallerliebste mein! Mein liebstes, treues Weib!

 

Oh Herzelein! Wie sooo reich bin ich heute bedacht worden, sooo lieb von Dir beschenkt worden. Ich kann doch den großen Strauß von Liebe kaum umfassen! Dahinter steckt Dein glückstrahlendes Mannerli, Dein [Roland] im Glück! Der fehlende Montagbote hat sich eingefunden – und das dicke Packl mit den Wienbriefen! Oh Du, Geliebte!

Nun habe ich Dich wieder ganz bei mir! Oh Herzelein! Ganz nahe bist Du mir, breitest mir Dein ganzes reiches Herz aus – mein Herz, Du, Du!!! Deine liebe Stimme höre ich – verfolge Deine lieben Gedanken – oh, fühle mich umfangen von Deiner großen Liebe, Herzelein, ganz ganz lieb und vertraut angerührt. Bei Dir bin ich doch daheim, Du!!! Bei wem ist es schöner – bei wem kehre ich lieber ein als bei Dir! Geliebte!!! Oh Du! Wie habe ich Dich sooo lieb gewonnen! Immer immer lieber! Dein liebes Wesen! Oh Herzelein! Wie soll ich Dir zeigen, daß ich sooo glücklich bin – Du! Du!!! Mit Dir zusammen darf ich es sein: – weil wir uns fanden, Geliebte! – weil so innige Liebe uns verbindet – weil unsre Herzen so tief einander sich neigen! „Sei dem Glück aufgeschlossen! Es wartet nicht! Es geht nur ein in geöffnete Herzen! Nimm meine Liebe, die Dir so köstlich und wundersam scheint! Nimm sie so ganz! Nimm sie als Gottesgeschenk!“

Oh Herzelein! So lädst Du mich ein – so beschenkst Du mich von dem Überfluß Deiner Liebe! Du weißt es: ich ergebe mich dieser wundersamen Liebe – Und Du fühlst es, wie ich Dich wiederliebe – wie die Sonnen unsrer Liebe um die Wette strahlen. Oh Herzelein! Wir sind doch ganz einander aufgetan – sind füreinander bestimmt. Du! Du!!! Erleben wir es nicht jetzt schon, welch reiche Frucht treue Liebe trägt?

Und nun will ich doch auf ein paar Einzelheiten eingehen. Wie hast Du Dich lieb gesorgt um mich, und die liebe Mutsch mit Dir! Ach Herzelein! Ich war doch froh, als die Räder weiterrollten, einem festen Platz zu. Du empfindest es mir nach: Alleinsein mit sich selbst ist doch das Schönste nach Tagen voll Glück und Seligkeit. Und Du hast auch verstanden, daß ich mir wünschte, an Ort und Stelle zu sein, von wo aus wir vorwärtsblicken könnten.

Wenn es schöner gewesen wäre, wärmer – ich hätte keinen Augenblick gezögert, hätte Dich zu mir gerufen – dann wäre mir doch auch die Hotelben[ut]zung nicht versagt worden. Oh Herzallerliebste! All Deine Wünsche und Gedanken, die sich so sehnsüchtig auf das Wiedersehen richteten, habe ich doch auch gehegt. Und ich habe doch nicht anders handeln können, als ich es tat. Und als Dein Sehnen eben am tiefsten war, rollte Dein Mannerli doch schon südwärts, in seine Soldatenheimat, wie die liebe Mutsch es richtig benennt.

Ja, welches die Ursache war, der Stockung, habe ich doch eigentlich erst heute in einem Befehl nachgelesen: Die Strecke Belgrad – Nisch war verwe[ht] und so unpassierbar. In Wien hat es gar nicht so toll geschneit. Was Du mir vom Winter daheim berichtest, ist ja unheimlich und abnorm. Ist er denn nun alle weggetaut, der Schnee? Kein Wunder, daß Deine lieben Boten nach Wien sich auch verspätet haben.  Hast Dir soviel Gedanken gemacht meinethalben, bist immer wieder zur Post gelaufen, hast nicht schlafen können, und das Mannerli noch mit einem so nahrhaften Päckchen bedenken wollen – liebes, treues, gutes Schätzelein! Ist das Päckchen wohl wieder in Deiner Hand?

Sprichst davon, daß wir zusammen ein Privatlogi [sic] hätten beziehen [können] auf ein paar Tage. Danach hätten wir wohl vergeblich gesucht. Man muß wissen, daß in Wien ein katastrophaler Wohnungsmangel herrscht. Das sagte mir auch die Frau des Kameraden Z., die ich doch aufsuchte – und deren Wohnung – sie hausten bei ihren Eltern – war dafür der deutlichste Beleg. –

Die Großmutter in Niederfrohna hat Euch Sorge gemacht. Ein heftiges Nasenbluten hatte auch unsre Großmutter manchmal. Und das brachte ihr Befreiung. Ich könnte mir denken, daß auch bei Deiner Großmutter das Schwindelgefühl durch zu starken Blutdruck und Blutdrang zum Kopf hervorgerufen wurde. Das Nasenbluten ist die [Se]lbsthilfe der Natur. –

Die Lebensversicherung hat sich gemeldet, brauchst dahinter nichts Böses zu wittern – [das] ist pure Höflichkeit –  hast es gewiß schon gemerkt, daß Du so weniger Schreiberei hast – und die in der Versicherung ein leichteres Buchen. –

Von Fliegerangriffen auf Griechenland habe auch ich gelesen. Unser Ort ist davon nicht betroffen, es ist wohl die Gegend um Athen.

Ich bin erstaunt, wie die Türkei sich uns gewogen zeigt. So können wir hoffen, daß wir auch weiterhin Ruhe haben.

Erzählst mir auch von Deinem neuen Amte, und wie es zu der Annahme kam. Ich freue mich, daß Du dem Pfarrer sagtest, erst mit mir Rücksprache nehmen zu wollen. So, als ob ich gar nicht schon in weiter Ferne sei – sondern Dir ganz nahe noch, zu Hause. Daß Du Dich irgendwie verdient machen möchtest, kann ich wohl verstehen. Das Wort Drohe brauchst Du Dir aber mit keinem Buchstaben anzunehmen. Aus Deinen Berichten höre und ersehe ich doch, wie Du den ganzen Tag angespannt bist, wie die kleinen Reservestunden bald von diesem, bald von jenem Zufall aufgebraucht werden.

Herzelein! Und Du wirst mich verstehen, daß ich mich lieb schützend vor Dich stellen möchte – daß ich Dir einen Platz suchen möchte, an dem Du so geborgen und frei und selbständig bist, wie Du es bist an meiner Seite als meine liebe Frau. Und ich weiß schon: solchen Platz gibt es gar nicht. Ach, Herzensschätzelein! Ich habe nun doch in diesen Tagen manchmal gewünscht, Du könntest daheim schon an unserem Leben bauen – ganz frei und froh. Herzelein! Ich könnte es nicht mit ansehen, wenn man Dich Dir nun dieses freie, frohe Leben verkürzte. Du wirst ja nun die Boten erhalten haben, in denen ich mich dazu des näheren äußere. Ich will nur hoffen, daß mein böser Verdacht sich nicht bestätigt und daß Du Deinen Dienst in voller Freiheit versehen kannst. Diese Freiheit, Deine Freiheit und meine Freiheit, die wir auch vor dem Kaiser verteidigten, unser Stolz, unsre Ehre, unsre Würde und au[c]h unser gutes Recht.

Herzelein! Damit soll es heute genug sein. Zu Deinem lieben Boten vom Montag will ich morgen mich äußern.

Geliebte! Wenn die Boten in ihren Berichten und Einzelheiten schon Zurückliegendes sagen – so künden sie mir doch über allem Deine große, tiefe Herzensliebe! Dein liebes Bild steht so lebendig vor mir! Oh, wie muß ich es lieben, lieben! Wie muß ich es selig und glücklich betrachten! Wie weckt es so mächtig alle Sehnsucht! Geliebte! Du bist mir so über alles lieb und teuer! Ich halte Dich so glücklich in meinen Armen – mein Kostbarstes, Liebstes in diesem Leben! Du! Mein Ein und Alles! Herzenskönigin, Du! Oh mein! ganz mein!!! Du! Geliebtes Weib!!!!! !!!!! !!!

Behüt Dich Gott! Bleib mit froh und gesund! Ich bin bei Dir, immerzu, mit meinen liebsten Gedanken bei Dir, Herzensschätzelein! Ich liebe Dich so sooo sehr! Ich muß Dich ganz liebhaben! Du! Ich küsse Dich! Ich halte Dich ganz fest!! Du!

Geliebte! Mein liebes, teures Weib! Meine [Hilde]!

Ich bin sooo glücklich in Deiner Liebe! Ich bin ganz Dein!

Dein glückliches Mannerli, Dein [Roland] !

Sag doch der lieben Mutsch vielen Dank. Noch ein wenig Geduld – bald schreibe ich ihr.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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