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[OBF-420309-002-01]
Briefkorpus

Montag, am 9. März 1942.

Herzensschätzelein! Mein allerliebster [Roland]!

Ich will mich nur gleich jetzt hinsetzen zu Dir, am Mittag, denn heute ist mein Tag rappelvoll und ich will doch auf keinen Fall versäumen, Dein zu denken, Herzelein!

Heute schien die liebe Sonne schon als ich aufwachte, das war um 8 [Uhr] früh – muß ich mich da schämen, Du? Ach, der Vater war doch heute früh mit da – er hat diese Woche Nachtdienst – und er half mir so fein bohnern und Schuheputzen. Ich konnte noch einige Wege besorgen am Vormittag, so viel Zeit blieb mir noch. So hörte ich doch im Rundfunk, daß wieder Feldpostsendungen bis zu 100 Gramm zugelassen seien, ich lief nach Faltschachteln, weil Du wünschst, daß ich Dir wieder ein Kästchen schicke. Es gibt keine. Vater brachte mir nun zwei alte mit vom Geschäft, die will ich Dir schicken. Du weißt doch, wie man sie gebrauchsfertig macht, gelt? Ich will Dir eine im kleinen Format schicken, mit etwas Gebackenem drin die kannst dann als Muster benutzen. Du!! Die Pfefferkuchen von einst haben wir wieder ausgepackt und gegessen, so altbackene Dinger sollst Du nicht kriegen. Sie werden schon altbacken genug auf ihrer normalen Reise von 14 Tagen bis 3 Wochen. 100 g ist noch herzlich wenig! Auch für Siegfried muß ich mal wieder etwas mit einpacken. Nun schicke ich auch das Büchlein zum zweiten Male mit fort.

Er hat sicher zu seinem Geburtstag nichts gehabt, der Arme. Nicht einmal einen pünktlichen Glückwunsch. Hoffentlich wird der Postverkehr nach Osten im Sommer besser. –

Herzlieb! Ich war auch auf dem Wirtschaftsamt mit meinen Schuhen. Nicht ohne Erfolg! Jetzt, im Moment werden keine Bezugscheine ausgegeben – er wird meinen Fall vermerken und wenn ich noch einen Bezugschein brauche in diesem Jahre, bekomme ich einen.

Ihr Männer seid doch manchmal bessre Diplomaten! Auf die Idee wäre ich nicht gekommen! Nochmals vielen Dank! Der Schuster will sie mir schön besohlen, doch als vollwertigen Schuh kann ich ihn nicht mehr betrachten. Na, ich Glückliche bin ja nicht allein auf meine Werkstoffsohlen angewiesen, hab doch so ein gutes Mannerli, das mir aus dieser Not helfen kann, schon geholfen hat! Ich bin so froh, daß ich die Schuhe von Dir habe, die sind wenigstens richtig.

Frau L. war bei mir, wir haben noch viel Drasch bis zur Überweisung. Sie redet! Sie redet! Ich bin froh. Jedes Kind bekommt ein Führerbild mit einem Kernspruch hinten drauf, zur Erinnerung an die Kinderscharzeit.

Um ½ 3 [Uhr] muß ich ins Pfarrhaus zum Schreiben. Ich trage jetzt alle Konfirmanden in ein großes Buch ein. Name, Geburtstag, Tauftag, Name des Erziehers, Beruf, Glaubensbekenntnis, und Konfirmandenspruch. Das ist eine ganze Menge Arbeit, die mehr als einen Nachmittag in Anspruch nimmt. Am Abend ist heute gerade wieder mal Frauendienst, da möchte ich auch hingehen (im Rautenkranz). Es werden 6 Jubilarinnen geehrt. Dabei wird auch mal die Geschichte des Frauendienstes von seinem Bestehen an, 1864[,] vorgelesen von Frau Dr. T., der Vorsitzenden.

Ach Herzelein! Heute ist auch ein lieber Bote von Dir angekommen, vom Sonntag den 1. März. Herzlieb! Ich danke Dir von Herzen dafür, Du!!! Ach Herzensschatz, Du! Ich möchte Dich doch ganz lieb und innig fest in meine Arme schließen, Du! Daß Du allen Kummer und allen Schmerz vergißt! Mein Geliebter!

Du hast einen trüben Tag gehabt, ach ich kann es Dir so gut nachfühlen, Du! Ergeht es mir doch oft selbst so und es ist doch im Grunde so verkehrt, daß man sich so von Stimmungen beeinflussen läßt! Man sollte doch ganz stark bleiben, alles abweisen, was uns mürbe machen will. Aber der innere Widerstand ist nicht einen Tag so wie den anderen [sic] – der Mensch unterliegt einmal auch seiner eigenen Schwäche. Das ist keine Schande. Dem Stärksten geschieht es. Geliebter!!!

Ich weiß, es ist im tiefsten Grunde nur die Sehnsucht, die uns leicht unzufrieden macht und mit uns selber rechten läßt.

Oh Du!! Du!!! Ich könnte traurig sein über Deinen Brief – aber ich bin es nicht! Geliebter! Du vertraust Dich mir an in allen Deinen Gedanken, ich bin Dir dankbar darum, Du! Und das ist mir höchster, schönster Beweis Deiner ganzen, großen Liebe. Der Grund Deiner Traurigkeit ist in Deiner Liebe zu mir zu finden. Du!!!!! Und Du ringst Dich durch die Kraft meiner Liebe wieder zum Frohsein hindurch! Ich sehe es in Deinen Zeilen, oh Du! Darum kann ich nur froh sein, Geliebter!! Von Herzen froh!

Ich kann Dir Sonne sein! Dir!!!

Oh meine [Roland]! Dich will ich ewig lieben!

Gott sei mit Dir! Es küßt Dich, Deine [Hilde], Dein!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946