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[OBF-420309-001-01]
Briefkorpus

Montag, den 9. März 1942

Liebes, teures Herz! Geliebte mein! Meine [Hilde]!

Du liebes, armes Schätzelein mußt auch zu viel Geduld haben!! Zuerst auf meinen Boten warten, die unpünktlichen. Jeden Tag schicke ich einen auf den Weg. Möcht nur mal mit ihnen gehen und sehen, wo sie sich so verweilen. Geb ihnen allen doch die schnellen Flügel meiner Liebe und Sehnsucht mit. Die nichtsnutzigen Bummelanten! Oder hat sich da ein kalter, herzloser Organisator dazwischengeschaltet, der sich die Heimatpost erst ansammeln läßt – ja, so wird es schon sein.

Ich habe nun zwar fast täglich einen Boten bekommen – aber auch so ärgerlich außer der Reihe. Heute erhielt ich Deinen Dienstagboten – der vom Montag fehlt wieder. Die Wienbriefe sind noch nicht da. Schätzelein! So müssen wir uns miteinander trösten. Müssen uns auch trösten mit den Soldaten in Rußland. Wie mag ihnen zumute sein, wenn sie nun in allem Kriegstoben wochenlang nichts mehr von [zu] Hause hören – ach schrecklich muß das sein, so verlassen gerade in den Tagen, da ein liebes Wort und ein Gruß aus der Heimat so not tun.

Herzelein! Wenn ich gewußt hätte und voraussehen können, daß Du sooo warten musst, hätte ich Dich doch mit dem Paket nicht noch auf die Folter gespannt. S'ist ein Geburtstagsmann, die Schuhe und noch etwas anderes. Oh Herzelein! Liebste, Herzallerliebste mein! Du meine [Hilde]! Mein liebes Weib! Laß Dich herzen! Laß Dich küssen! Oh Du! Komm zu mir! Birg Dich in meiner Liebe! Immer sollst Du so zu mir kommen, jeden Tag, jeder Stunde, Tag und Nacht: Ich liebe Dich! Herzelein! Ohne Ende! Über alle Maßen! Liebe Dich von ganzem Herzen! Laß Dich gar nimmer aus[,] aus meinem Herzen! Du! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Du! Könntest Du Dir denken, daß ich Dich vergesse und verließe? Du! Daß ich nachließe in meiner Liebe zu Dir? – Du! Mein liebes teures Herz, das mir von Gott anvertraut wurde, daß ich es führe – das mir von Gott geschenkt wurde, daß es mein ganzes Leben ausrichtete und wandelte und befreite mit seinem heißen tiefen Lieben? – Oh Schätzelein! Du kennst Dein Mannerli, Deinen [Roland]! Deiner großen Liebe hat er sich ergeben –oh Du! gibt sich darein wie ein großer Bub in die Liebe seiner Mutter – Herzelein! Dein Bub bin ich, hängt an Dir mit unendlicher Liebe und Dankbarkeit und möchte Dir nur immerzu ganz viel Freud bereiten! Und liebt Dich wieder! Herzelein! Du kennst meine Lieblingslieder – die schweren, tiefen, dunklen Herzenstöne – so ist meine Liebe! So lieb ich Dich! So schwer und tief und dunkel – und treu bis in den Tod. Ich kann nicht anders.

Geliebte! Und Ferne und Gefahr, sie lassen diese Liebe nur fester, stärker und inniger werden. Du weißt: wenn uns Jahre und Meere trennten: ich bleibe derselbe – ich bleibe Dein, ganz Dein – erst recht! Bei Dir ist mein Herz! Bei Dir ist meine Heimat! Ich habe nur die eine! Du allein hast den Schlüssel zu meinem Herzen! Dir tut es sich auf. Und nun Deine Liebe mein Herz erschlossen hat, muß es sich nur immer sehnen, Dir sich zu erschließen. Und nun Du Dich in meiner Liebe birgst, muß ich mich nur immer sehnen, Dich ganz lieb zu umfangen und einzuhüllen in meine Liebe, die liebe, süße Last Deines Herzens zu spüren. Herzallerliebste! So muß ich Dein sein und bleiben – oh Geliebte! wie Du mir bleiben mußt. Schicksal sind wir einander – und nicht anders wünschte ich mir die Liebe als ein so Großes Ganzes! Und wie bin ich darum sooo glücklich, daß Du so liebst wie ich. Du! Mein liebes Weib! Oh, Sei [sic] Gott mit unserm Bunde! Behüte er Dich mir!

Nun ist es wieder Abend. Es ging lebhaft her in mancherlei Beziehung heute. Arbeit drängte, es gab auch kleinen Ärger und Verdruß. Herzelein! Was bedeuten sie vor unsrer Liebe! Was bedeuten sie für unser Leben! Oh Herzelein! Du hast wie ich den Blick für das Bedeutende und Wesentliche. Das ist so gut. Das hilft über vieles hinweg. Herzelein! Der Wunsch, miteinander zu leben, zu schaffen, unsre Liebe zu bewähren und an unserem Leben zu bauen, wird doch immer mächtiger in uns. Vor diesem Wunsch und dieser Aufgabe will all das, was wir jetzt treiben, Du und [i]ch, nur als Zeitvertreib, als Beschäftigung erscheinen – und die Zeit bis dahin doch manchmal als verlorene Zeit. Ohne die Hoffnung auf dieses gemeinsame Leben könnten wir nicht sein. Gott im Himmel befehlen wir sie. Und unser Glaube selber gibt uns auf, geduldig zu sein, unsre Stunde abzuwarten. Gott weiß Zeit und Stunde. Und wie er sie beschloß in seiner Güte, wird es zu unsrem Besten sein. Das sollen wir nicht vergessen. Und wir wollen uns nicht unterkriegen lassen von einer trüben Stunde, Herzelein! Sie ist nur, damit die Sonne dann desto heller scheine. Unser Glaube uns unsre Liebe – Gott stärke und erhalte sie uns! – Sind unsres Lebens Sonne, sind Halt und Sinn unsres Lebens.

Goldeherzelein! Ich weiß mich mit Dir ganz eins – ganz eins. Ach Du Herzlein! Ganz ganz nahe können wir einander kommen! Weil wir einander so von Herzen liebhaben! Weil zwei ganz verwandte Herzen sich verbanden für dieses Leben!

Behüt Dich Gott! Bleibe froh und gesund. Ich bin immer bei Dir! Laß Dich nimmermehr fallen! Halte Dich ganz fest wie mein eigenes Leben! Du bist ja mein Leben! Meines Lebens ganzer Reichtum und Sonnenschein!

Ich liebe Dich! Ich bleibe Dein! Immer und ewig

Dein [Roland]

Viel liebe Grüße den Eltern!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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