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[OBF-420307-002-01]
Briefkorpus

29.

Sonnabend, am 7.III.1942.

Herzensschätzelein! Mein geliebter [Roland]!

Du!! Gleich zum frühen Morgen muß ich Dich liebhaben!! Ich bin kaum erst aus den Federn, und habe Feuer angemacht im Ofen, mich fein gewaschen, angezogen – noch nicht einmal Kaffee getrunken hab‘ ich. Und warum das alles? Weil ich doch jetzt, wo ich ganz allein bin, am ungestörtesten, am allerliebsten zu Dir kommen kann, Du!

Die Mutsch schläft noch, es ist 8 [Uhr] durch – weil wir gestern fertig geworden sind mit Reinemachen, konnten wir es uns heute früh leisten, ein Stündchen länger zu schlafen. Ach Herzelein! Es litt mich doch nicht mehr im Bettlein – ich mußte gleich erst mal zu Dir kommen, Dich ganz lieb umfangen, Du! Ein Küßchen möchte ich mir doch auch holen!!! Und wenn ich so allein bin und einsam und nur der Morgen schaut zum Fenster herein, nicht einmal die liebe Sonne, Du! Da möchte ich Dich doch gleich einmal ganz liebhaben – ganz lieb! Du!! Ach Herzelein! Die Sehnsucht ist doch schon wieder da nach Dir – oh Du! Die Sehnsucht nach Dir ist immer in mir – nur spüre ich sie einmal lauter, einmal leiser. Aber wenn Du in Deinen lieben Boten so lieb zu mir kommst, Herzelein, dann möchte ich doch gleich aufspringen und zu Dir eilen! Oh Du! Du bist nicht nur mein Prinz, der mich erlöst hat von tiefem Schlafe – Du bist auch d[er] Zauberer, der mich so ganz verzaubert hat und in seine Gewalt gezwungen. Ach Du! Du!!! Es ist doch eine so süße Gewalt – Geliebter! Und ich mag doch nimmermehr von ihr befreit sein, Ich will mich ganz an Dich verschenken, will mein Herz ganz fest in Deinen Händen wissen. Liebe! Liebe! Oh köstliches Himmelsgeschenk, bleibe in uns! Erfülle uns so ganz!

Mein liebster [Roland]! Nun ist die Mutsch doch aufgestanden und wäre mir beinahe b[ös]e geworden weil ich sie nicht weckte! Ach – wenn sie sich auch mal gründlich ausschläft, gelt? Ich bin so gern mal allein, ganz allein mit Dir. Seit Mutsch nachmittags daheim ist konnte ich das schon lange nimmer.

Bei uns ist wieder Frost und Schnee, Du! Wenn´s nun nicht bald aufhört, so muß ich meine „Wärmflasche“ wieder beantragen! Ob die wohl den weiten Weg noch einmal machen würde, durch Schnee und Eis?

Und bei Euch in S. [sic] regnet es so sehr! Und auch noch ganz warm dazu! Weißt? Das könnte man doch praktisch verwerten, dieses Regenwetter. R. B. [sic] als warme Dusche – weil es die Badeanstalt jetzt ums vierfache tut! Aber eine Bedingung hat Dein Weibel dazu: nicht ganz nackt! Mit der Badehose! Ich kann mir den Gedanken an Frühling und Sommer noch garnicht in Wirklichkeit umsetzen bei unsrem anhaltenden Temperaturentiefstand. Der warme Regen in Griechenland lockt den Frühling herbei! Gib nur fein acht! Bald wird das junge Grün zu sprießen beginnen. Herr L. hat dieser Tage seiner Frau ein paar Stengel so zarter Frühlingskinder mitgeschickt. Schön waren sie! Eine Art Himmelschlüssel und ein ganz leiser Duft haftete ihnen noch an, wie Hyazinthen.

In Athen geht es noch rascher mit dem Frühlingwerden. Ach – wir hier sehnen und auch alle so darnach!

Du! Heute früh, als ich zum Klo… [sic] rannte, da wurde ich von B.s daran gehindert. Es ist schon wieder alles eingefroren. Ist das nicht ein Kreuz? Nun müssen wir wieder hinter [sic] in die Fabrik laufen? Daß aber der Frost auch garnicht mal nachläßt! Herzelein! Heute Mittag 13.30 [Uhr] muß ich nach Chemnitz fahren, wir haben mal wieder Dienstbesprechung von der Kinderschar aus. Es handelt sich diesmal zumeist um die Überweisung der 10 jährigen ins Jungvolk; bekommen sicher be[so]ndere Anweisungen dazu. Na – meinetwegen.

Ich muß mal mit zu M.s, Onkel Herbert hat Mutsch einen Strumpfhaltergürtel versorgt, die so rar sind und den will ich abholen.

Auch will ich mal mit nach Konfirmationsgeschenken schauen, wir haben heuer einige zu beschenken.

Geliebter! Eben ist Dein lieber Bote gekommen. Vom Sonnabend ist er. Sei von Herzen bedankt, Du! Nun habe ich den lieben Sonnenschein im Herzen! Nun bin ich ganz glücklich, denn Du bist mir nah. In der letzten Februarwoche habe ich bis jetzt nur [de]n Dienstag-, Mittwochbrief, heute den Sonnabendbrief. Alles andere fehlt mir noch. Wird wohl auch noch kommen.

Mein Herzensbub! Ich bin Dir ja soooooooooo gut! Ich habe Dich ja sooo von ganzem Herzen lieb! Bist mein Glück! Bist meine Sonne!

Mein Ein, mein Alles auf der Welt!

Gott behüte Dich, mein Herzblatt!

Es küßt Dich herzinnig Deine glückliche

[Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946