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[OBF-420307-001-01]
Briefkorpus

Sonnabend, den 7. März 1942

Mein liebes, teures Weib! Geliebte! Meine [Hilde]!

Du denkst mein sooo lieb jeden Tag – und jeden Tag bin ich unter den Glücklichen, denen die Post etwas bringt. Und unter den Glücklichsten der Allerglückliche, ganz gewiß! Wer wird noch sooo lieb beschenkt von seinem lieben Weib wie Dein Mannerli? Oh Du! Wer wird noch so von Liebe umfangen wie Dein [Roland]. So fest – so heiß – so innig!!! Du! Du!!! Herzallerliebste mein!

Ich möchte Dir so von ganzem Herzen danken! Mit meiner Liebe Dir danken! Du mein liebes, einziges Weib!!!!! !!!!! !!!

Am Sonnabend also Ausgang. Ich freue mich, daß Du etwas Schönes erlebt hast. Die beiden Mozartsonaten sind mir bekannt, ich habe sie selbst schon gespielt. Sie haben meiner Erinnerung nach auch noch ein paar tiefere Gedanken; während die Präludien von Chopin mehr klaviervirtuoser Art sind. Eine Leistung schon, dieses Programm auswendig zu spielen, zumal die 24 Präludien, die doch einander ähneln. Ja, Herzelein! Wenn es uns vergönnt sein sollte – werden wir noch manches Konzert miteinander besuchen. Nun mußt Du noch allein gehen.

Wenn ich mir nun vorstelle, daß Du allein in den Saal gerauscht bist – muß ich eben daran denken, was ich mir früher manchmal gewünscht habe. In Konzerten und Veranstaltungen kann man ja des öfteren einzelne Frauen, die ohne ihren Mann gehen mußten, beobachten. Denen galt meine Bewunderung, die mit einer gewissen Hoheit und Würde und Festigkeit erschienen, daß man es ihnen ansah, daß sie im Herzen tief und fest das Bild ihres Mannes trugen, daß jeder anständige Mann es sehen mußte: das ist eine Frau. Und ich kann mir gar nicht anders denken, Herzallerliebste, als daß auch Du so fest und hochgemut dahergehst, weil Du Dein Mannerli so ganz fest in Dein Herz geschlossen hast, daß es immer mit Dir ist, Du!!!

Den ganzen lieben Sonntagnachmittag hast Du bei Deinem Mannerli gesessen, Du Liebe! Wenn ich nicht wüßte, wie das ist, Du!, dann müßt ich zanken, weil Du nicht ein Stündchen wenigstens Dich an der frischen Luft ergangen hast. Sonntagnachmittag daheim! Also liegt Vater doch manchmal auf dem Sofa – müssen wir noch ein zweites in die Küche stellen, wenn das Mannerli wieder in Urlaub kommt – aber dann ist doch Sommer! Und so sofabedürftig ist doch das Mannerli gar nicht – und allein mag es schon gar nicht da sein, Du!!! Ja, und im Winter, ist’s ein bissel eng für drei in der Küche, zumal wenn zwei reden wollen, und der dritte schweigen.

Ja, die liebe Mutsch, hat einen guten Hunger – und mein Schätzelein? – hat ihn auch. Und im Urlaub hab ich doch kaum bemerkt, daß es auf die schlanke Linie hält, ich meine, daß es sich beim Pappeln Zurückhaltung auferlegt hätte – mein‘ nicht, daß es die schlanke Linie nicht hätte – Du!!! Und mein Weibel nehm ich nun, wie es ist, und geb es nicht, nimmermehr her – oh Du! Du!!! Es ist so lieb, sooo lieb, wie ich kein anderes wieder finde. Ich möcht es so gern auf Händen tragen – aber soviel schlanker wünsch ich mir’s gar nicht – lieber soviel voller – Du! Du!!!Du!!!!! Mein liebes Weib! Meine süße Last, Du!!!

Herzelein! Nacht ist es, da ich weiterschreibe. 11 bis 3 Uhr [Nordhoff] Läufer. Es ist 1 Uhr vorbei, daß ich zum Schreiben komme. Ich habe mich so lange mit dem U.v.D. unterhalten – auch ein Sachse, aus Plauen glaube ich. Nun schläft mein Herzensschatz schon längst – allein im Kämmerlein – behütet vom Haus, von Schlössern und Riegeln.

Nur wenige wissen die Ruhestatt – und noch weniger haben dahin einen Zugang – und einer ist nur, dem öffnen sich Schlösser und Riegel, der darf ins Kämmerlein treten zu jeder Stunde, ohne Gewalt, er hat die hohe Gunst – oh Herzelein! Geliebte!!! Geliebte!!!!! Wer ist der Glückliche, der Glücklichste – Du! Du!! – ? Dein Mannerli, Dein [Roland]!

Oh Du! Herzallerliebste! Du bist mein! Ganz mein! Darum bin ich so glücklich! Du! Mein liebes Dornröschen! Hat zwar viele Dornen – aber für den rechten Prinzen nicht eine! Ihm weichen sie alle zur Seite – kein Rieglein wehrt ihm – Du! Du!!! – auch das letzte nicht zur Seligkeit innigster Liebe – Du!!!!! !!!!! !!! Oh Geliebte! Wie will ich ihn hüten, den köstlichsten Schatz Deiner Liebe! Wie will ich ihn bewachen! Die hohe Gunst hat nur, wer den Schlüssel hat zu Deinem Herzen. Und dieser Schlüssel ist die Liebe – die rechte Liebe, die so groß sein muß wie die hohe Gunst. Oh Schätzelein! Wie will ich Dich lieben allezeit – ich muß es ja! Schlüssel sein will ich [zu] Deinem Herzen, daß es sich mir auftut, das reiche, wundersame. Oh, Dir in Liebe dienen dieses ganze Leben um die Traute Deines Herzens, um die Seligkeit Deiner Nähe, geliebtes Weib! An Deinem Bettlein stehe ich, Herzelein! Und ich bin so froh, so überglücklich! Ganz leise muß ich Dich küssen! Oh, behüte Dich Gott allzeit! Geliebte!!!

Sollst Dir gar keine Gedanken machen um mein Bettlein! Es ist so weich und warm, und ist der Ort, da ich früh und abends Dein denke, erster und letzter Gedanke, da ich für Dich bete. Oh Herzelein! Manchmal möchte es noch härter sein – wenn ich mich nach Dir sehnen muß. Das Mannerli wird es so weich und warm gar nimmer mögen, wenn es heimkommt. Bist darum bange? – Ich weiß jemanden, der gewöhnt es in einer Nacht wieder um – weißt Du ihn auch? Du!!!

Herzelein! Dein lieber Bote vom Sonntag steckt wieder in dem verdächtigen Gewandte, sodaß er mir nun unverdächtiger erscheint. Hast selber meinen Namen so lieb und langsam gemalt! Hast das Mannerli wohl abmalen wollen oder ganz lieb streicheln – solch Dickerle, wie Deine Buchstaben sind, ist es nicht. Von dem Schwänzlein beim K will ich lieber nicht reden.

Gestern erhielt ich ein Päckchen von Elfriede, wog mindestens 100g. Weiß nicht, wie sie das fertiggekriegt hat. Ich lege Dir ihren Schreibebrief bei. Konnte ihr viel Tee besorgen, sie wird sich freuen.

Die Wiener Briefe sind noch nicht in meinen Händen. Ich erwarte sie – heute.

Wird wieder ein stiller Sonntag. Ich will den Gottesdienst besuchen. Kamerad K. hat Dienst. Muß am Nachmittag ein paar Taschentücher waschen. Und sonst freue ich mich darauf, daß ich ganz allein sein kann mit Dir, meinem lieben Weibe! Freue mich ganz sehr. Muß nun heute auch an die Geburtstagskinder denken. Dem lieben Pappsch bring ich ein Raucherpä[ck]el auf den Weg. Aber vor dem 10. kann ich nicht, weil ich nicht genug Geld habe. Wo hat das Mannerli denn sein Geld? – Nun im Geldtäschchen. Wer wird so neugierig sein! Ist noch ein anderes Geburtstagskind – aber mehr verrat ich nicht.

Ach Schätzelein! Geliebte! Ich möcht‘ Dir alles Liebe tun – möchte Dich doch ganz sehr liebhaben. Wie kann ich’s anders über alle Ferne? Oh, Du fühlst meine Liebe! Du weißt, daß ich sooo glücklich bin! Ich habe Dich sooo lieb! Meine [Hilde], Du! Du, mein Ein und Alles! Mein Reichtum, mein Leben! Mein liebes, einziges Weib!

Ich halte Dich sooooooooooooo fest – mit meiner Liebe, mit der ganzen Kraft meines Herzens! Dein bin ich! Ganz Dein!

Ewig Dein [Roland]! Behüt Dich Gott!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946