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[OBF-420306-002-01]
Briefkorpus

28.

Freitag, am 6. Februar [sic] 1942.

Herzallerliebster! Herzensschätzelein! Du!!

Ich habe ihn mir ins Haus geholt, Du!!!!! Deinen lieben, lieben Boten! Herzelein! Ach – ich konnt‘ es doch gestern kaum noch ertragen wie mich die Sehnsucht nach Dir quälte. Als ich den Boten für Dich zur Post trug, da bin ich zu Herrn G. gegangen und habe ihn gebeten, daß er einmal nachschaue, ob für mich etwas da sei. Und wahrhaftig, kurze Zeit später hielt ich zwei Briefe von Dir ein der Hand, Geliebter! Endlich!!! Wie bin ich heimgeeilt! Voller Freude im Herzen. Ach Du!!!

Nun schien doch die Sonne wieder! Du! Es ist mir immer fürchterlich, wenn ich sooo auf Dich warten muß, Herzelein! Ich will mir‘s oft selbst nicht eingestehen. Aber es ist schon so. Ich kann keinen Tag mehr sein ohne Dich! Ich hab Dich zu sehr lieb, mein [Roland]!! Ach – ich kann mir auch nicht denken, daß wir eines Tages von unserm lieben Brauch abweichen würden, nicht mehr täglich zu schreiben! Wenn es auch nur mal ganz wenig ist, wenn auch mal nur kurze Zeit uns zum Schreiben bleibt, weil die Geschäfte des Alltages sich drängen[.] Zeit zu einem Lebenszeichen, zu einem lieben Gruß muß immer bleiben. Die böse Ferne macht sowieso schon Verspätungen genug! Wenn wir dann auch noch einige Tage dazwischen lassen wollten, ehe wir mal wieder schreiben, ach! Da könnten [w]ir ja gleich 14 Tage auf Post warten. O nein!! Du! Herzensmannerli! Ich brauche Dich und Deine Liebe wie den Sonnenschein – wie die Luft zum leben! Du bist mir ganz unentbehrlich! Du bist mir auch ganz unersetzlich!

Ich brauche Dich, um leben zu können, Du!!! Um glücklich zu sein!! Oh mein [Roland]! Ich muß Dich sooooooooooooo liebhaben. Ich mag Dich nimmermehr missen in meinem Leben! Nimmermehr lasse ich Dich los! Du!!! [Du] Bist ganz ganz der Meine!!! Du!!!!! !!!!! !!! Wenn ich Dich nicht um mich weiß, mit mir weiß und fühle, dann spüre ich, wie etwas fehlt, wie eine Leere da ist im Innern, Du hast einen Platz in meinem Herzen, nun mußt Du ihn immer einnehmen und gerade, weil Du mir noch ferne sein mußt, kannst Du mich nicht inniger erfreuen und beglücken, als mit dem treuen Meingedenken [sic]. Es ist mir ebenso wie Dir ergangen, Herzelein. Als Du nun endlich wieder den ersten Boten von mir erhieltest: es ist, als ob ich nun wieder Deine Hand in der meinen fühlte, als ob eine Tür aufgetan wäre! Ach – alles das ist Ausdruck des beglückenden Gefühls innigen Naheseins, glückhaften Verbundenseins. Wir sind Seelengeschwister – Liebende… können nur glücklich leben, wenn wir umeinander sind, ineinander ruhen mit unseren Wesen. Das innere, wesenhafte Nahesein kann auch die Sehnsucht nach der körperlichen Nähe übertönen, wenn die Liebe zweier Menschen tief im Herzen verankert ist. Du! Unsere Liebe ist ganz tief im Herzen verankert! Unlöslich sind wir einander verbunden – für immer aneinandergegeben. Wir sind uns dessen so gewiß, daß es sich kaum lohnte, noch ein Wort darüber zu verlieren. Doch nichts kann uns mehr beglücken, als vom Geliebten seiner ganzen und tiefsten Liebe versichert zu werden. Und umgekehrt kann unserm übervollen Herzen nichts besser Ausdruck geben für das wundersame, gewaltige Gefühl, als die alten, immer neuen Worte des großen Wunders Liebe, daß [sic] uns so ganz in seinen Bann geschlagen hat. Oh wie glücklich bin ich mit Dir, mein [Roland]. Und so ganz vollkommen ist mein Glücklichsein doch erst, weil ich weiß wie Du mich liebst! Du!!! Weil ich fühle, was ich Dir bin! Oh, Du mein geliebtes Mannerli! Du machst mich zum glücklichsten Weibe auf Gottes Erde! Deine Liebe ist unendlich groß und tief! Tiefbeglückt, mit Tränen in den Augen habe ich das köstliche Geschenk Deiner Lebe und Deiner Treue und Verehrung zu mir wie[de]r empfunden, als ich all Deine Worte in mich aufnahm, die Du mir dazu sagst, daß ich dieses Amt annahm. Geliebter!

Ich verstehe Dich so ganz! Wie auch Du mich verstehst. Laß uns dieses köstliche Verstehen nicht in Worten zerreden. Wie eine stille, glückliche Liebkosung ist mir das erschienen, was Du mir zu sagen hattest, dazu – wie eine Deiner stummen Bewegungen, wenn Du bei mir bist und ich ohne Worte ganz Dein Verstehen spüre. Ich danke Dir, mein [Roland]. Deine Haltung macht mir Deine stumme Bitte nur noch eindringlicher bewußt. Deine Liebe und das glückliche Gefühl in Dir geborgen zu sein, wird mich leiten in allen meinen Entschlüssen. Ich habe Dich ganz verstanden, Geliebter! Und es wäre mir eine Beruhigung zu wissen, daß Du Dich auch im Geheimen nicht mehr sorgst und beschäftigst mit den Dingen, als es notwendig ist.

Ich bin Dein Weib, Deine angetraute Frau. Und wenn ein Mensch all das, was diese Tatsache in sich birgt, mißachtet, ganz gleich auf welche Art – dann weißt Du, mein [Roland], daß ich mich zu meinem Beschützer flüchte, mich allein zu ihm bekenne.

Es gibt keine Gefahr, in die ich mich verstricken kann, das spüre ich so gewiß.

Geliebter! Die Zeit zwingt uns zu mancherlei Entschlüssen, die wir allein, nur auf uns gestellt treffen müssen. Ein Trost ist uns: das wird nicht Dauerzustand bleiben.

Du bist mein und unsres Hauses Beschützer und der sollst Du schon jetzt erst recht sein und immer bleiben. Darum verstehe ich Dich auch voll und ganz, daß Du mir sagst und rätst, wenn ich für eine Zeit aus diesem Schutze heraus trete, was mir und uns zum Schutze dient und wie gut und lieb Du mich schützen möchtest.

Herzelein! Du hättest mich nicht recht lieb und hieltest mich nicht recht wert, wenn Du in dem Augenblick nichts dazu sagtest, wenn ich auch für kurze Zeit nur aus Deinem Schutze trete. Hinter allen Deinen Zeichen sehe ich Deine große warme Liebe und Treue leuchten. Sehe ich Deinen Wunsch, wie Du mich so ganz an Dein Herz nehmen möchtest! Wie Du mich so unendlich wert hältst. Wie Du mir alles zuliebe tun möchtest und doch am allerliebsten immer um mich sein möchtest! Ach, mein [Roland]! Wir wollen beide ganz treu und fest an Gott, unseren Vater uns halten, ihm glauben, ihm vertrauen! Er wird uns den Tag bescheren, da alle Herzensnot ein Ende hat, da wir uns beglückt an den Händen halten un[d] selig uns in die Augen schauen, weil es uns schier unfaßbar sein wird: für ganz, für immer aneinandergegeben!

Oh Du! Meine Hoffnung, meine Zuversicht wird nie erkalten. Der Herrgott wird uns den glücklichsten Tag unsres Lebens nicht versagen. Er hat uns seiner Liebe so oft versichert, wir können garnicht anders – wir müssen ihm vertrauen, so ganz!

Ach Du mein herzallerliebstes Mannerli! Mein!

Ganz fest, ganz nahe möchte ich mich doch jetzt an Deine Brust schmiegen – möchte mich geborgen fühlen an Deinem guten, treuen Herzen. Es schlägt nur für mich! Du!!! Mein [Roland]! Voll inniger Dankbarkeit küsse ich Dich! Deine lieben Augen!

Du bist mein ganzes Glück!

Ich liebe, liebe Dich!

Gott behüte Dich Deiner treuen [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946