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[OBF-420305-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 5. März 1942.

Herzensschätzelein! Mein geliebter, guter [Roland]!

Nun muß ich mich wieder zu Dir flüchten, Herzelein. Bist heute noch immer nicht zu mir gekommen. Ach Du! Ich bin doch richtig traurig nun, weil ich gar so verlassen bin von einem lieben Wort von Dir. Ich will doch aber nicht traurig sein, Du!

Ich weiß; es liegt nicht an Dir, mein [Roland], daß ich soo warten muß. Ich bin Deiner treuen Liebe so ganz gewiß. Und ich werde nie irre an ihr. Du bist mein – ich bin Dein! Mag kommen was auch wolle. Ach Geliebter! Andre Menschen werden oft noch vor viel härtere Geduldsproben gestellt. Ich will so leicht nicht den Mut verlieren. Will auch nicht das Traurigsein obsiegen lassen, Du! Ich will ganz Deine tapfere [Hilde] sein.

Du! Am Ende magst Du nicht in unseren neuen Briefkasten hineinkriechen?! Ich habe ihn doch extra für Dich bauen lassen, Du! Ein so schöner, hölzerner ist doch ein wenig wärmer auch im kalten Winter. Ach ja, Du!! So wie Du bedacht bist mit aller liebenden Fürsorge mich zu wärmen, so bin ich es doch auch, Herzlieb! Und weil ich es doch „körperlich“ nicht vermag – Du!! Du!!! – so muß ich mich anderweitig einmal revanchieren, Herzelein liebstes!

Bei uns ist seit heute nacht ein neuer Winter hereingebrochen. Eine 4-5 cm hohe Neuschneedecke hüllt alles Schmutzige wieder [in] Weiß. Die Menschen sind betroffen von der überraschenden Wendung. Alle nahmen an, daß nun die Sonne gesiegt habe, daß es nun bald wollte Frühling werden. Aber nein! Ostern wird vielleicht noch in Winterpracht gefeiert. Ich habe in diesen Tagen ein Gesuch geschrieben um nochmal Feuerung zu erhalten. Es hat etwas genützt! 2 Zentner Briketts hatte ich erbeten und 3 Ztr. sind mir bewilligt worden. Fein. Bis zum März müssen wir mit dem Kohlenvorrat ausreichen, dann beginnt – je nach der Anfuhr beim Händler – schon die Belieferung für das neue Halbjahr. Es ist mir aber viel daran gelegen, wenn ich die für den Winter 42 bestimmte Heizmenge nicht schon im Sommer angreife. Nun ist mir nicht bange, so kommen wir ganz fein hin. Auch wenns noch kälter wird.

Herzelein! Beinahe muß ich meinen, daß auch auf der Strecke nach Saloniki wieder starke Schneeverwehungen sind, sonst müßte ja längst Post da sein. Ach Du!!!

Ich bin eigentlich undankbar.

Heute habe ich doch erst wieder ein Paket bekommen von Dir! Ein feines Teepaket! Oh, so viel Vorrat habe ich nun wieder, für den ganzen Winter mit. Ach, er schmeckt auch zu gut!! Weißt, wenn Du wieder was schicken darfst, dann schicke doch bitte die Mandeln, die Du daliegen hast, gelt? Die könnte ich am notwendigsten brauchen. Und auch das Gewürz ist uns ausgegangen, bis auf Pfeffer. Zimt hätte ich gerne und paar Muskatnüsse, paar Nelken. Wirst schon mal wieder bissel bekommen, gelt?

Bei S.s bekomme ich kein Sacharin, da muß ich nun mal in anderen Geschäften fragen. Ich werde es Deiner Mutter mal schreiben, in Kamenz gibt’s eher noch etwas.

Und Dank auch für die schönen Wollproben!! Sie gefällt mir schon, Du!!! Ich möchte schon ein Paketerl [sic] davon haben!! Du!

Nun habe ich doch im Handumdrehen schon meinen Wunsch erfüllt! Ja, sogar noch eher, als die Wollproben überhaupt da waren. Ich bin Dir so von Herzen dankbar, mein [Roland]! Bist so fürsorglich, soo gut! Nun hat Dein Frauchen auf lange Zeit hinaus Arbeit für sich und Dich, Du! Ja, Du hilfst mir doch schon jetzt so gut haushalten, wo wir noch gar kein Eigenheim haben. Später wird sich auch zu solchen Käufen * nicht mehr die Gelegenheit bieten, Du! Finanziell nicht – auch unser Markt wird so bald nichts dergleichen anbieten können. Ach gewiß, wir sind in mancher Hinsicht im Vorteil, weil wir noch nicht für einen Hausstand aufkommen müssen. Wir dürfen uns jetzt auch viele Wünsche erfüllen, die nachher wegfallen. Aber im Grunde ist’s uns doch so um‘s Herz, gelt? Lieber alle Sonderwünsche weglassen – dafür beisammen sein!

Der Herrgott wird uns nicht vergeblich harren lassen! Und ein Buch, eine Geschenkausgabe vom NS Lehrerbund lag noch bei. Hast Du schon darinnen gelesen? Es sieht mir noch so unbenutzt aus! Ich will’s aufheben für Dich. Ist leichte Kost! Man kann sich mal gesellig unterhalten in einer Abendrunde. Ich habe nur mal eben durchgeblättert und habe geurteilt: der Krieg, schmackhaft gemacht.

Na – Spaß muß auch sein.

Heute ist keine Singstunde, dafür kommt Ilse S. zu mir zu Besuch. Und ich muß nun noch ein wenig fleißig sein Herzlieb! Muß Schneiderin spielen!

Du!! Sei tausendmal lieb gegrüßt und geküßt

von Deiner treuen [Hilde]

* Besser gesagt Engros = Einkäufe, Du!

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Autor Hilde Nordhoff
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946