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[OBF-420304-002-01]
Briefkorpus

Mittwoch, am 4. März 1942.

Herzensschätzelein! Mein liebes, herzliebes Mannerli!

Mittwochabend ist. Nun bin ich ganz für Dich nur noch da. Alles dienstliche ist vorbei! Nun kommt das Private. Du! Bist Du mein privates Mannerli? Ich will Dir von meinem Tag erzählen. Um sieben begann er, heute hatte ich die Hausordnung zu wischen und denke Dir! Unser Klosett ist gebaut worden gestern abend, das habe ich heute fein saubergeschrubbt und den Fußboden gewischt und gebohnert, jetzt sieht es erst wieder appetitlich aus. Nun kannst Du gleich nochmal auf Urlaub kommen!!

Rinderbraten mit Kartoffeln und Möhrengemüse, Zitronengrütze mit Vanillinsoße gab’s bei mir heute Mittag. Da hatte ich auch zu tun. Wirst denken: so fein mitten in der Woche? Na, weil man sich nach zwei fleischlosen Tagen wieder mal Mut anessen muß. Und heute ist ja eigentlich Feiertag! Die Woche wird geteilt!! Und obendrein bin ich wieder gesund, Du!! Da muß ich mir doch wieder Kraft anessen, gelt?

Ach Herzelein! Heute ging doch der Postbote schon wieder vorbei! Ich war ganz sehr enttäuscht. Das kann doch beinah garnicht möglich sein, Herzlieb, daß Du mir solange nicht schreibst! Bist Du etwa gar noch krank geworden? Ach, ich sorge mich beinahe darum! Du!! Weil seit dem Sonntag nichts mehr ankam von Dir. Ob sich Deine Halsschmerzen [ve]rschlimmert haben? Ob Du fieberst und krank liegst? Aber es kann nicht möglich sein; denn dann wäre mehr Unruhe in mir. Das spüre ich, wenn mit Dir etwas ist, Herzlieb! Dann bin ich innerlich garnicht so ruhig und gefaßt. Es muß doch nur an der Postbeförderung liegen, daß ich keinen Brief bekomme. Ich will nur den nächsten Morgen abwarten, es muß doch etwas dabei sein!

Du! Herzelein! Jetzt weiß ich doch in der Tat nicht, ob ich Dir schon erzählt habe, daß Dein Päckchen angekommen ist. Ach, lieber erzähle ich Dir‘s zweimal als garnicht, gelt? So höre: Gestern brachte es der Postbote und ich dachte, es sei das Teepäckchen – weil ich dieser Tage auch damit rechne – da sah ich aber Mutters Anschrift und wußte sogleich, daß darinnen wohl der Geburtstagsmann versteckt ist! Ich habe mich schon so sehr gefreut, Herzlieb! Auch wenn ich nichts sah, als nur die Hülle; Du bist soo gut zu mir, Herzlieb! Du!

Und heute in der Mittagsstunde da habe ich gleich einen Brief mit meinem Dank an Kamerad H. geschrieben. Ich mußte daran denken, daß sie ihren Urlaub in Gedanken wohl schon zu vieren feiern. (Ich werde mit keinem Worte daran rühren, daß ich etwas weiß!) Und zu seinem nächstem Urlaub wird doch das Kleine dann schon da sein. Wird er wohl diesmal schwer wieder abreisen mögen, wenn er seine Frau so zurücklassen muß.

Du? Erzähltest Du mir nicht, daß H. schon bei seiner letzten Rückkehr so eine ganze Weile garnicht mit sich einig werden konnte? Du nanntest es „Urlaubskoller“, an dem er litt! Sicher hat er damals schon gewußt, daß seine Frau ein Kindchen erwartet.

Ach ja, es ist auch nicht schön, wenn in dieser Zeit Eheleute getrennt sein müssen, Herzelein! Ich bin Gott so dankbar, daß er uns noch nicht vor diese Aufgabe stellte! Ich weiß: wir würden sie auch meistern; doch es ist ein Gefühl großer Dankbarkeit in mir darum, daß unser heimlichster Wunsch uns sich erfüllte! Wir möchten doch auch erst unser Nest bauen, Du! ehe wir es mit Glück füllen! Geliebter mein! Und wir hangen doch jetzt in der Trennungszeit so mit aller Herzenskraft fest aneinander, da[ß] wir garnichts brauchen als nur einander.

Keines von beiden müßte dann ein wenig zurücktreten, Du oder das Kind. Und ich will doch eines mit soviel Liebe umgeben wie das andre! Und jetzt ist mein Herz ja sooo ganz erfüllt nur von Dir! Jetzt hat nichts andres Raum darinnen, als Du allein. Oh Geliebter! Ich liebe Dich ganz eigennützig. Wache ganz eifersüchtig darüber, daß nichts mich von Dir drängt! Du!! Du!!! Oh Du!!!!! Herzelein, bist mein Ein und Alles auf der Welt! Dich habe ich in mein Herz geschlossen! Dich allein liebe ich von ganzer Seele, mein Sonnenschein!

Oh, sei unser Herrgott mit Dir alle Tage, führe er Dich bald, bald gesund wieder heim! Ich warte auf Dich Geliebter! Voller Sehnsucht, voller Liebe!

Zu unverbrüchlicher Treue!

Deine [Hilde]

 

 

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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