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[OBF-420304-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 4. März 1941 [sic: 1942]

Geliebtes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde]!

Herzelein! Nun reichen wir richtig einander wieder die Hände und tauschen die Herzen, und unsre Gedanken verflechten einander, unsere Boten sind wieder Antwort und Widerhall, sie künden von unserem Glück. Endlich, endlich ist nun auch für Dich die böse Wartezeit vorbei. Dein lieber Bote vom Donnerstag ist eben zu mir gekommen und zeigt mir ein freudig bewegtes, glückliches Herz. Und nun bin ich froh und glücklich mit Dir.

Oh Schätzelein! Daß ich Dich so erfreuen und beglücken kann mit meiner Liebe, das macht doch mein ganzes Glück aus. Ich habe keinen anderen Wunsch, keinen größeren, stärkeren Willen als den, Dich ganz glücklich zu machen, Dir der Allerliebste zu sein. Nun kommt sie wieder zu mir, Deine Liebe, in ihrem heißen, drängenden Strahlen, in ihrer Sonnenwärme und ihrem Sonnenschein. Oh Schätzelein! Schnell scheucht sie alle Wölkchen weit hinweg, sie lösen sich auf vor ihrem Schein. Du liebst mich. Du hast mich unendlich lieb. Du musst mich immer nur lieben. Oh Herzelein! Ich weiß es! Ich fühle es! Du hast es mir schon tausendfach bezeugt mit der Tat. Dein Leben hast Du um meines herum geschlossen. Herzelein! Diese Liebe zwischen uns ist ganz zutiefst, zuinnerst ein breiter Stromm wie der Strom des Grundwassers, das Meer des Grundwassers unter der Erde, unversieglich, Wind und Sonne können es nicht austrocknen. Herzelein! Und ich weiß: wir könnten uns in Gedanken ganz missverstehen einmal – an unsre Liebe würde es nicht rühren – sie ist und bleibt, sie verbindet, wenn alles uns sonst trennte, verbindet urmächtig. Geheimnistiefe Liebe ist zwischen uns, Herzelein! Du! Mein einziges, geliebtes Weib! Schätzelein! Herzensschätzelein! Glaub mir! Alles, was ich denke und tue, was ich empfinde – es ist bestimmt von dieser Liebe, es ist beherrscht von der Liebe zu Dir! Ich kann nicht mehr anders denken und handeln – nicht daheim – und hier in der Ferne erst recht nicht. Ach Herzelein! Es quält mich doch manchmal, daß ich Dich muss allein lassen, daß ich nicht um Dich sein kann, daß ich mein Liebstes und Einziges nicht beschützen kann, daß ich nicht allen Sonnenschein der Liebe und jeden Strahl der Sehnsucht auffangen und erwidern kann. Herzelein! Daß ich Dir nicht immer zeigen kann, wie lieb und w[er]t Du mir bist – mein Ein und Alles, meines Herzens ganze Freude, mein Herzblatt, mein Leben! Und so lieb, sooo lieb beschützen möchte ich Dich – mein Liebstes, Kostbarstes – nichts soll Dich betrüben, niemand Dich kränken, sollst ganz Dein freies, frohes Leben leben können, so wie Dir‘s ums Herz ist – und das kannst Du doch bloß bei mir, das können wir nur voreinander und miteinander – oh Du! Du!!! Gott im Himmel sei uns gnädig und schenke uns solches Leben!

Oh Schätzelein! Ich erlebe es und erfahre es immer mehr, wie wir einsam stehen mit solchem treuen, innigen Lieben, wie böse Liebe die meisten Männer gerade all das vergessen läßt, was wir in der guten Liebe beglückt finden: Ehre, Treue, Festigkeit, Würde, Achtung. Herzelein! Ich bitte Dich! Sei mit mir ganz sehr auf der Hut! Je länger dieser Krieg dauert, desto rascher sinkt die Moral. Da heißt es „den Helm fester binden“, und für euch Frauen daheim sich wappnen mit Mißtrauen und Kühle und Abstand. Ach Herzelein! Was gibt es Lieberes und Schöneres, als jetzt, da wir einander fern sein müssen, unser Glück ganz[,] ganz lieb zu bergen und zu wahren und zu hüten – und in aller Heimlichkeit und Innigkeit zu nähren?!!! Mit unsrer ganzen Kraft stehen wir dafür ein. Schätzelein, Herzelein, Du mein Weib! Nichts kann mich wanken machen in meiner treuen Liebe zu Dir! Oh Herzelein! Hoch und erhaben ist sie in ihrer Schöne und Reine und Tiefe, in ihrer Einmaligkeit über allem, was sich als Ersatz anbieten will. Oh Geliebte! Heilige Schranken, mein Wesen und tausend feste Bande der Liebe, Dein Bild, Geliebte, der Thron in meinem Herzen – sie alle müßten erst fallen. Du! Du!!! Holdes Weib! Herzenskönigin! Geliebte! Du weißt es: nie, nie, nimmermehr könnte das geschehen. Du bist immer bei mir. Ganz lebendig umgibt mich Deine Liebe und hält mich und trägt mich, Du!!! Und ich halte Dich fest, Herzelein, ganz fest – oh Du weißt es und fühlst es – ich bin immer bei Dir – muß immer bei Dir sein, ich kann nicht anders, weil ich Dich liebe, und weil Du nach mir verlangst. Wir haben die Herzen getauscht, sind einander zu Eigen geworden. Oh Herzelein! Ich gehöre nicht mehr mir selber – Dein bin ich, mit Dir nur kann ich sein – und Du bist mein, geliebtes Weib! Und es soll gar nicht mehr anders sein. Ich mag nur Dir gehören. Ich bin sooo ganz glücklich in Deiner Liebe.

Geliebte! Einen Wiener Brief hast Du mir mitgesandt. Du. Ich hab es doch gefühlt, wie es Dich zu mir trieb, wie Du Dich sehntest, Herzensschätzelein! Geliebte!!! Und ich konnte mich doch nicht entschließen. Zum einen war es die Ungewißheit – und zum anderen, oh Du! war es ein Schaudern vor der Heimatlosigkeit unsrer Liebe, vor dem Abschied aus dieser Heimatlosigkeit. Wund war noch das Herz vom Abschied. Aber im Herzen trug ich das Bild von der Heimat der Liebe, Deiner Liebe. Eine Heimat hat unsre Liebe – noch nicht das eigne Heim, Dein liebes Elternhaus. Es ist die Heimat unsrer Liebe noch, zu der alle Heimlichkeit und Traute und Süßigkeit der Liebe drängt. Und wenn der Abschied naht, so ist es mir eine beruhigende Gewißheit, daß nur ich mich entferne vom Ort der Liebe, der Ort selber aber bleibt, und Du an diesem Ort als dessen Wahrerin und Hüterin – wie später einst die Herrin des Hauses – oh Herzelein, das ist eine große Beruhigung. Und ich wollte alles aufbieten, Dich an diesem Ort zu halten, wenn Du es nur willst. Oh Du! Du!!! Es wäre mir sooo schwer geworden, von Dir Abschied zu nehmen in der fremden Stadt. Du und ich ins Ungewisse.

Oh Herzelein! Eine Heimat, ein Heim möchte unsre Liebe haben. Möchte sich gründen und sichtbar werden im Heim, in unserem lieben Nest, und – – Du! Du!!!!! !!!!! !!! – – ein Kindlein. Gott wird uns beistehen in Gnaden.

Aber nun weiß ich Dich wieder froh! [Weiß Dich mir ganz lieb verbunden! Und Du weißt mich glücklich und geborgen. Weißt, daß nur der eine Gedanke mich beseelt: Dir heimkehren! Du!!!!!!  Weißt, daß Du mich ganz gefangen hältst, gebannt, daß ich Dir verloren bin, Du! Deiner großen, reichen, tiefen Liebe! Du, mein einziges Weib, Geliebte!!! Sonne ist wieder in meinem Herzen!

Gott sei mit Dir! Liebes Weib! Er bewahre Dich vor allem Bösem!

Ich bin immer bei Dir! Steh Dir bei aus aller Ferne! Ganz fest halte ich Dich! Laß Dich nimmermehr fallen!

Herzelein! Ganz eins sind wir! Die Quellen und Brunnen der Liebe sind aufgetan und befreit – sie strömen in sicherem Bett und Ufer zum Meer der Liebe – zu Dir! Ganz allein Zu Dir! Und zu mir! Du bist mein! Oh Geliebte! Ganz[,] ganz lieb muss ich Dich behalten! Dein bin ich, ganz Dein! Ich drücke Dich an mich – Holde, Liebste mein! Ich küsse Dich herzinnig,

Dein [Roland]! Dein glückliches

Mannerli, Du!!!

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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