
[420228–1‑1]
[Saloniki] Sonnabend, den 28 Febr. 1941
Herzensschätzelein! Du! Mein liebes, teures Herz!
Den letzten schreiben wir nun heute vom kurzen Monat Februar. Er war uns gar hold, der kurze Monat Februar, im vorigen Jahre und in diesem wieder. Und der nun folgende, der Monat März? Im verflossenen Jahre ^hat er mich Dir entführt. Was wird er uns diesmal bringen? Du! Du!!! Ich warte mit Dir, ganz fein geduldig – und hoffe mit Dir! Und Du hoffst mit mir, Du Liebe!
Heute ist es doch wieder spät geworden. Das Licht fiel aus bis um 10 Uhr. Nach 6 Uhr schickte ich mich mit Kamerad K. an zu einem kleinen Bummel durch die äußere Stadt. Bei uns[e]rer Heimkehr verzehrten wir unser Abendbrot und gingen dann ins Soldatenkino „Germania“. Das liegt zwei Minuten von uns[e]rer Unterkunft entfernt. „Familie Schimerk“ [wahrscheinlich „Familie Schimek“ von E. W. Emo, 1935], nicht Schimang, war angekündigt. Der Vorfilm war eben angelaufen, als das Licht erlosch. Eine Viertelstunde warteten wir. Zu Hause dieselbe Finsternis. Im Freien schön hell. Es muß wohl bald Vollmond sein. Weder das Tag- noch das Nachtgestirn konnten sich heute gegen die Wolkendecke durchsetzen. Soviel Wolken wie in diesen Tagen habe ich hier noch gar nicht erlebt. Wie im Fluge ist die Woche vergangen. Es gab immer zu tun. Und das ist gut. Ich schätze mich glücklich, daß ich hier wenigstens eine Beschäftigung habe. Viele Kameraden, die nur immer exerzieren und Wache schieben müssen – schrecklich, zum Veröden und Verblöden.
Nun ist auch für Euch Lieben daheim wieder ein kurzes Aufatmen und Aufsehen und Besinnen. Ach Herzelein! Wenn nicht Glaube und Hoffnung in uns wären und der Besitz unseres Glückes – benommen ist uns der Atem, und was wir um uns sehen, ist mehr trübe als heiter – und das Besinnen will uns immer wieder zeigen, was wir jetzt entbehren müssen. Möchte der Monat März Euch Lieben daheim endlich von den Fesseln des Winters befreien und recht weit in den Frühling führen, näher dem Licht und der Hoffnung. Geliebte! Wir können gar nicht oft genug bedenken, daß wir so viel Grund zur Dankbarkeit haben. Dankbar müssen wir vor allem sein darum, daß wir eina[n]der so liebhaben dürfen. Das Besinnen darauf bringt unserem Herzen Sonnenschein, immer. Herzelein, Du! Am Tor zum gemeinsamen Leben stehen wir! Und alles ist schon bereitet, was an äußeren Gütern dazu gehört – und im Herzen sind wir dafür bereitet – und uns[e]re Liebe läßt uns nicht anders glauben, als daß Gott im Himmel uns gnädig helfen wird zu solchem Leben.
Aber es geht Dir nicht anders. Auch Du mußt warten, mußt Dich gedulden. Und darum will ich nicht traurig sein, sondern mit Dir wetteifern in Geduld und Treue und Liebe, Du! Du!!!
Behüt[‘] Dich Gott! Goldherzelein! Über ein paar Stunden bin ich wieder bei Dir! Ach Schätzelein! Wenn ich Dich nicht hätte, dann wäre ich ganz allein auf dieser Welt – verloren, heimatlos – ach Du, ganz einsam und unglücklich! Du bist mein Ein und Alles! Mein Glück und Sonnenschein! Mein Leben! All meine Freude und Hoffnung!
Ich liebe Doch so sehr! Ich halte Dich ganz fest!
Ich bin Dein! Und bleibe Dein! Ganz Dein! Ewig
Dein [Roland]
