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[OBF-420226-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 26. Febr. 1942

Herzallerliebstes Schätzelein! Geliebte Mein!

Gestern hat es Blasen geregnet – und darum hat es heute wieder geregnet. Eine warme Südströmung bringt den Regen, der das Grün mächtig hervorlockt. Und schon gibt es wieder Hochwasser und unpassierbare Brücken – Zugverspätung und keine Post. Das sind so ursächliche Zusammenhänge auf dem Balkan, primitiv und handgreiflich.

Schon wieder Donnerstag – die Tage verfliegen. Gleich wird es sich jähren, daß ich ein Jahr bei dem neuen Kommando bin. Mit Kamerad K. zusammen nahm ich heute meinen freien Nachmittag. Mit zwei Partien Schach haben wir uns den ganzen Nachmittag vertrieben. Zum Abendbrot gab es Bratfisch. Das ist jetzt die Zuspeise, die wir uns selbst erbauen [sic], nachdem uns das Kartoffelbraten untersagt wurde. Die Kameraden im Hafen fahren manchmal zum Fischfang aus. Kamerad K. bringt die Biester mit, weidet sie aus, walkert sie in Mehl und salzt, und dann ist alles klar zur Pfanne. Dann dampft unsre Stube wie eine Fischbratküche. Der Bratfisch ist mal eine willkommene Abwechslung.

Vorgestern habe ich noch ein Paar schöne Schuhe erstanden. Ich hatte sie Mutter, der lieben Mutsch, zum Geburtstag zugedacht. Sie werden Dir vielleicht auch gefallen, dann könnt ihr Euch ja auch austauschen. Mit diesem Paar war der Vorrat des Händlers an guten 39er Schuhen erschöpft. Nun hat er nur noch kleinere Nummern. Die Deutschen leben halt auf großem Fuße – und mein Frauchen auch. Ein wenig handlich ist mir auch lieber als so zierlich, Du! Du!!! Das Mißgeschick mit Deinen neuen Werkstoffsohlen erzählte ich dem Hauptfeldwebel. „Hingehen mit dem Mist und einen neuen Bezugsschein verlangen“, meinte er. Dieser Rat scheint mir auch gut, deshalb teile ich ihn Dir mit. Die neuen Schuhe sollen doch ein ganzes Jahr vorhalten.

Kamerad H. ist nun heute zu Hause gelandet, der Glückliche. So haben wir einander richtig abgelöst im Urlaub. Bald ist der Februar herum, dann beginnt der 3. Monat, im 6. Monat dürfen dann auch wir wieder Hoffnungen auf Urlaub hegen. Ach Herzelein! Es wird alles wieder ein rechtes Geschick kriegen – und wenn unsre Sehnsucht am größten ist, dann ist der Urlaub am nächsten, gelt, Geliebte?

Zu den 2 Monaten militärischen Kursus kommen für uns Schreiber jetzt noch 4 Wochen Schreiberkursus in Sofia. Ach Herzelein! Ruhig abwarten! ist mei[ne] Parole hier. Unser Hauptfeldwebel fährt kommenden Dienstag zum Kursus. Die Übersicht über die laufenden Geschäfte wird immer besser. Wenn nur die Mitarbeiter ein wenig gewissenhafter sein wollten. Aber diese Jugend scheint auszusterben.

Für heute soll es genug sein, Herzensschätzelein! Morgen komme ich wieder zu nächtlicher Stunde zu Dir. Ich bin wieder Läufer.

Behüt Dich Gott! Bleib mir recht froh und gesund! Ich bin mit meinen liebsten, heimlichsten Gedanken immer bei Dir! bei Dir!!! Wie gerne wär ich es wirklich!

Ich habe Dich ganz sehr lieb! Du, mein Herzblatt! Mein Herzensschätzelein! Ich bin so ganz Dein!

Dein [Roland]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946