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[OBF-420221-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 21. Februar 1942.

Herzallerliebster! Du!! Mein lieber, guter [Roland]!

Heute ist ein sonniger Tag. Aber bitterkalt. Über 10° sind in der warmen Mittagssonne. Ich habe uns ein feines warmes Stübel gemacht, nun halten wir´s aus! Du!!

Der ganze Vormittag ist hingegangen mit unsrer Kleinkrämerei und Wegelaufen. Nun ist Mutsch noch zum Milchmann, dann wollen wir noch einen Roggenmehlkuchen backen für den Sonntag. Und darnach können wir Wochenende halten. Ich hatte heute heimlich auf einen Boten von Dir gerechnet! Aber nichts! Noch nichts. Ich möchte doch zu gerne wissen, ob Du nun endlich glücklich gelandet bist. Herzelein! Ich werde nämlich bald ungeduldig, Du!!! Du!!! Und von Wien habe ich auch noch keine Nachricht – noch nichts zurückbekommen. Sag? Du hast doch nicht auf dem Wiener Postamt hinterlassen, daß man Dir die noch eingehende Post nachschickt? Dann würde ich ja vergeblich warten!

Ach Herzelein! Es geht richtig ein bissel durcheinander bei uns beiden jetzt. Wenn nur erst alles wieder klar vor uns liegt! Ich fühle mich garnicht wohl, wenn so mancherlei schwebt. Da ist nun Deine Angelegenheit mit dem Kursus. Vielleicht waren gar die Kameraden schon abkommandiert, als Du ankamst? Oder kommt es doch dahin, daß man Dich als Fachlehrer einsetzt? Es ist alles noch ungewiß. Vielleicht weißt Du heute, wenn ich an all das denke, noch genau so wenig wie ich über Deine künftige Verwendung. Ich will nur fein geduldig abwarten, Du!! Du hilfst mir doch warten! Und ich möchte so gerne Antwort haben von Dir, wie Du nun über das angebotene Amt denkst. Wenn der Pfarrer mich fragt, was in den nächsten Tagen sein kann, dann möchte ich ihm eine Antwort geben, mit der auch Du, Herzlieb[,] einverstanden bist. Du wirst mit meinem Entschlusse einverstanden sein, Liebster! Das glaube ich. Wenn Du Dir alles lieb, vernünftig überdenkst, dann wirst Du meinem Entschluß beipflichten. Nur eines wäre mir schrecklich, wenn Du annehmen könntest, daß ich Dir, meinem Manne, in den Rücken falle, weil ich bei einem Deutschen Christen Dienst tue!

Ach Herzlieb! Du kennst mich doch! Mich, Dein Weib! Ich gehöre zu Dir! Ich bleibe Dein! Und ich lasse mir meine Glaubensfreiheit nicht nehmen. So wie ich Dich bei irgend einer anderen Tätigkeit nicht vergessen könnte, Du! So bleibe ich auch immer und ewig Dein, wo ich auch stehe. Du! Du!!! Ich bin ganz Dein.

Herzelein! Die Mutter ist eben gekommen. Sie hat Bekannte getroffen, weißt[,] wo wir zu Silvester waren – die wollen uns heute Abend besuchen. Ob ich mich freue? Na – sehr nicht! Aber ich muß mich schon mit anpassen. Viel lieber hätte ich an Dich geschrieben, Herzelein! Ach, es geht halt nicht jeder Tag nach Wunsch zu Ende. Du!! Nun fange ich aber auch meinen weißen Pullover an zu stricken, das hätte ich nochmal verschoben sonst. Nun aber, beim Besuch, kann ich ein ganzes Stück vorwärtskommen. Und wenn der Pullover fertig ist, dann stricke ich mir eine [Ja]cke aus Deinem schönen blauen Garn!

Die Mutsch rührt schon das Hefestück an! Backen will sie! Du!! Wie mag bloß der Stollen ausgesehen haben, der nun ein Vierteljahr unterwegs, bei Dir in Saloniki wartete!! Hoffentlich war er noch genießbar! Bald schicke ich Dir einen Kuchen, es fehlt bloß noch an der Butter. Ich erhoffe, das Päckchen von Wien zurück! Da ist welche drinnen!

Du Liebster! Heute Nacht träumte ich von Dir! Du warst bei mir zuhause [u]nd wir wollten zum Gottesdienst gehen miteinander. Ich fand meine Kleider nicht, ich lief immer im Hemd umher, vor Aufregung bin ich dann aufgewacht! Ach Du!! Es war kein schöner Traum – ich schämte mich so!

Nun will ich Dir für heute Ade sagen, Du!!! Bleibe froh und gesund! Gott behüte Dich! Ich denke allezeit Dein! Ich liebe Dich, Du! Ich küsse Dich herzinnig! [Ich] Bleibe immer Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946