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[OBF-420220-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 20. Februar 1942.

Herzensschätzelein! Mein geliebter, liebster [Roland]!

Heute setze ich mich gleich am Vormittag zu Dir, weil mir die gestrenge Frau Mama für den Nachmittag Reinemachen ankündigte. Na! Das Töchterchen wird sie dabei selbstredend nicht im Stiche lassen! Es wird diese Woche schnell gehen; denn wir haben alles schon gründlich gesäubert vorher. Es ist nur, daß man den Staub entfernt. Wir werden heute Nachmittag mit unsrer ganzen Wohnung fertig. Und anschließend wird gleich noch gebadet, dann kann der Sonntag kommen.

Ach Herzlieb! Ich muß doch sooo sehr an Dich denken immer! Ob Du denn nun wieder in einer Ordnung steckst? Oder fährst Du noch umher? Wenn Du am Dienstag, den 17.II. in S. [sic] angekommen bist, dann muß ich ja frühestens morgen ein Zeichen von Dir in Händen haben. Du! Ich warte doch sooo sehnsüchtig! Heute ist nichts von Dir dabei an Post. Nur Frau H. schrieb mir. Sie warten auf ihren Vati; sie klagt auch über den vielen Schnee.

Gestern war ich in der Singstunde, Herr S. zeigte uns am Schluß eine selbstgefertigte Chronik von Kändler. Du! Das war ein Meisterstück! Großartig! Du hättest es auch sehen müssen, Herzlieb[!] Herr S. ist ja der reinste 2. Luther. So ein dickes, großes Buch vollgeschrieben, gezeichnet und skizziert. Ich mag nicht wissen, was das kleine Kunstwerk der Gemeinde Kändler kostet. Der ganze Band wiegt 30 Pfund! Herr L., der in der Hindenburgstraße, weißt? Der hat es ihm gebunden. Einfach prima. Er ist ja auch Buchbindermeister. –

Und ich erfuhr auch gestern, daß die Frau Pfarrer wieder zuhause ist mit ihrem kleinen Mädel. Sagte ich Dir schon, daß sie eine kleine Jutta haben? Nun gibt es nach Ebert im Oberfrohnaer Pfarrhaus wieder eine Pfarrer-Jutta. Der kleine Gottfried hätte bei ihrem ersten Anblick gesagt: das ist mein Kind! Na – ich glaube nicht, daß das schon das Letzte ist! –

Herzelein! Gestern hatte ich in Limbach einige Wege zu besorgen und da hab ich auch die Photos bekommen. Ich habe meine Freude daran, Du! Und am liebsten behielt ich sie bei mir. Wenigstens die, wo Du zu sehen bist, Du!! Ich muß Dir doch sooo gut sein auf allen Bildern, Herzelein! Liebes!!! Magst Du mir die zurücksenden, wenn Du sie angesehen hast? Wirst schon zufrieden sein mit Deinen Schnappschüssen! Ich bin es ganz! Die Eigenart der griechischen Landschaft ist mir durch die vielen Bilder auch schon ganz vertraut geworden. Man findet es alles garnicht mehr so sehr fremd. Die kleine Kapelle finde ich [s]chön und ebenso den Friedhof. Ist es ein englischer Heldenfriedhof? Ich glaube es an den Inschriften der Tafeln zu erkennen, die am Eingang angebracht sind.

Typisch ausländisch wirken immer die Bilder von Häuseranlagen, Gebäudeausschnitten! So etwas von Romantik gepaart mit ein wenig Liederlichkeit auch, findet man hier in Deutschland seltener. Aber es muß schon so sein – man könnte sich das Bild garnicht anders denken.

Auf Eurem langen, einsamen Weg nach dem Chortiatis kann ich Euch verfolgen! Und einmal glaube ich im Dunste die Herzform der Bucht zu erkennen! I[m] Vordergrunde große Felsbrocken. Kam. K. läuft wie ein verlorenes Schäflein auf dem Pfade dieser Öde! Sag? Wem gehört nun eigentlich die weiße Mütze, Dir? Oder ihm? Den Heidebusch in Deiner Linken, den habe ich mir zum Bruchteil verewigt! Wie klein ist doch die Welt!! Alles, was Du in 1000 km Entfernung erlebst, das wird mir so gegenwärtig! Du!!! Weil Du Liebster mich so lieb teilhaben läßt! Du!!! Ich bin so froh, Herzlieb!

Siehe! Gleich ist es 11 Uhr! Ich muß doch Essenkochen!! Und schnell zur Post! Herzelein! Komm! Schnell ein liebes Küßchen! Und sei von Herzen gegrüßt von mir! Du!! Ich hab Dich sooooooooooooo lieb!

Ich bin Deine [Hilde] in alle Ewigkeit!

In Liebe und Treue

Immer Deine [Hilde].

Gott behüte Dich!

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Autor Hilde Nordhoff
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946