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[OBF-420215-002-01]
Briefkorpus

Sonntag, am 15. Februar 1942.

Herzensschätzelein! Mein lieber, lieber [Roland]!

Sonntag ist. Voll Sehnsucht im Herzen denke ich an Dich. Du bist allein – ich bin es auch. Nur im Herzen sind wir uns nahe, ach so nahe, Geliebter!!!

Heute vor 8 Tagen durften wir zum letzten Male zusammen sein. 8 lange Tage und Nächte sind seit dem Abschied vergangen. Geliebter! Geliebter!! Ich bin noch so ganz erfüllt von unserm Glück, Du!!! Oh Du!!! Heute vor 5 Wochen träumten wir noch beide von einem Wiedersehen – eine Woche später schon war unser Traum erfüllt! Geliebter! 4 Sonntage gehörten uns! Sonnentage! Heute sind wir allein, jedes für sich.

Ach liebster [Roland]! Ich könnte weinen, wenn ich an Dich denke. Ach liebster [Roland], warum rufst Du mich nicht zu Dir?! Ich möchte doch sooo gerne bei Dir sein! Ach Herzelein! Ich bin so unruhig, ich bin so voller Warten und Unruhe. Du! Immer wenn es klingelt, denke ich Du schickst einen Boten zu mir, ein Telegramm. Ich denke auch daran, daß Du mich anrufen könntest. Ach Du! Ich denke nur immer an Dich, Herzelein! Ich scheute nichts, garnichts, zu Dir zu kommen. Ich würde alles auf mich nehmen. Ich käme doch soo gerne zu Dir, Du!!! Ach Liebster!! Dein Brief heute hat mich so traurig gestimmt. Es klingt so viel Verlassenheit darinnen, Du bist nicht froh, ich fühl es. Ich weiß aber auch, daß Du es tapfer trägst. Es scheint auch Dir, daß Du auf einem toten Gleis stehst. Ach Liebster! Jede Stunde, jeder Augenblick gehört zu unserm Geschick, das wir in Gottes Händen wissen.

Und das ist unser bester Trost: daß wir stets Gott mit uns wissen.

Herzelein! Mein Wunsch ist töricht, wirst auch Du denken. Weil ja alles so ungewiß ist mit Deinem Verbleib in Wien. Doch Du kannst mich gewiß auch verstehen, daß mich der Gedanke an ein Wiedersehen mit Dir so ganz ausfüllt.

Ach Du! Es drängt mich doch mit aller Macht zu Dir! Oh Geliebter! Fühlst Du es? Herzelein! Ich muß Dich sooooo lieben! Du!! Und was mich noch so bestärkt hat in dem heißen Wunsche, zu Dir zu kommen? Die junge Bäckersfrau H., deren Mann von Rußland herein nach Krakau kam, Wagen zu holen, ist auf ein Telegramm hin, zu ihrem Manne gefahren. Trotz Schnee und Winter – Krakau – wie weit ist das! Ach Herzelein! Herzelein! Ich werde Dich quälen mit meinem Schreiben. Ach, Du!! Das will ich doch nicht!!! Du!!! Aber ich muß Dir doch auch sagen, wie sooo lieb, wie unendlich lieb ich Dich habe. Wie ich mich nach Dir sehne, oh Du!! Herzallerliebster! Mir tut das Herz weh vor Heimweh nach Dir! Ach, Du bist so nahe, bist noch in Deutschland, und ich darf nicht bei Dir sein! Geliebter! Kannst Du mich verstehen? Liebe, unendliche Liebe treibt mich hin zu Dir, Du!!!!!

Und müßte ich alle Strapazen ertragen und müßte ich Hunger leiden und frieren.

Bei Dir sein! Bei Dir sein! Geliebter! Mein [Roland]!

Und könnte ich Dich täglich nur ein paar Stunden sehen – wenn ich Dich nur sehen könnte, Deine liebe Hand ganz fest drücken. So lange, bis Du dann endgültig fahren mußt!

Oh Geliebter! Geliebter!!

Ich sehne mich nach Dir!

Du! Eben hat die Tante Friedel angerufen aus Mittelfrohna, wir sollen doch mal nach unten kommen. Mit Oma stünde es garnicht gut. Sie war gestern noch wohlauf, Papa war unten! Heute habe sie vor Schwindel nicht das Bett verlassen können. Ich lasse Mama nicht allein gehen bei dem Schnee. Es wird dunkel, ehe wir zurückkommen. Und sonntags fahren keine Omnibusse. Ob sie einen leichten Schlaganfall hatte? Wir werden sehen.

Mein Geliebter! Behalte Du mich lieb! Ich danke Dir für Deinen Brief u. die schönen Karten! Du! Ich halte Dich sooo fest!

Ich bin ganz bei Dir! Du!!!

Gott schütze Dich! Ich liebe Dich! Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946