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[OBF-420215-001-01]
Briefkorpus

Im Zuge, am 15. II. 1942

Herzensschätzelein! Geliebtes Herz!

Nun ist es auf einmal ganz schnell gegangen. Gestern abend noch zerbrach ich mir den Kopf darum, daß ich Dich doch sollte kommen lassen. Dem Für des Wunsches stand doch immer das Wider der ungewissen Hast gegenüber. Schätzelein! Die Erinnerung und das Nachempfinden unsres glücklichen Beisammenseins wären getrübt worden.

Heute in der Frühe waren wir wieder angetreten, etwa 700 Mann. Das sind aber nur die Leute unsres Baues. Unter den fälligen Nummern waren wir wieder nicht. Weggetreten. Schon schickte ich mich an, in die Stadt zu gehen, als es hieß, es können noch ein paar mitfahren. Ich habe gleich den Kameraden S. alarmiert und mich mit ihm gemeldet. Du wirst das verstehen, Schätzelein, gelt? Mag von diesem toten Gleis – aus der Ungewißheit – aus dem Loche – in die Ordnung, dorthin, wo ich ein Stück wenigstens voraussehen kann. Nach Saloniki muß ich ja doch erst zurück. Und wohin mein Weg von da aus führt – Gott weiß es – und zwei Händepaare drücken bittend und hoffend einander – Du! Geliebtes Weib! Meine [Hilde]!

Schnell war ich vorhin nun erst noch mal am Postschalter, aber es war nichts dabei für mich. Ganz schnell fort [hat] nun auch wieder alles gehen müssen – Decken abgeben, abmelden, durch die alte, endlose Kaserne die Koffer zum Bahnhof geschleppt, und immer ein bissel Obacht auch auf den Kameraden gegeben, noch einmal angestanden und an der Sperre gedrängt – und in den Zug – und ab gings. Ein schöner Wagon, ein feiner Platz, warm ist‘s – hoffentlich müssen wir in Belgrad nicht noch einmal warten. In Graz will ich den Brief in den Kasten werfen. 4 Pfennige fehlen mir am Porto. Was von meinen Marken übrig ist, lege ich bei. Es wird Euch eine willkommene Zubuße sein. In meiner Brieftasche fand ich die Rechnung vom Schneider.

Herzallerliebste! Nun leb wohl!

Behüt Dich Gott[.] Ich entferne mich zwar von Dir mit jedem Kilometer und jeder Minute – und doch auch nicht. Ich komme Dir näher. Du wartest mein schon mit Deinen lieben Boten. Und näher komme ich Dir – weil wir vorwärts müssen.

Behüt Dich Gott!

Ich habe Dich von ganzem Herzen lieb!

Ich bin Dein Eigen! Ganz Dein!

Dein [Roland]

Grüße die lieben Eltern recht herzlich von mir!

[Hier ist ein großes gemaltes Herz]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946