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[OBF-420212-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 12. II. 1942.

Herzensschätzelein! Mein geliebtes, gutes Mannerli!

Ach Du!!! Ich habe es doch gefühlt, daß etwas kommen mußte von Dir heute. Heute hat sie sich erfüllt, meine Unruhe, die ich mit dem gestrigen Tage in mir trage. Du!!! Das erste Lebenszeichen von Dir! Weißt Du denn, Herzelein, wie glücklich ich bin? Du!!! Und was ich nun von Dir hören muß, es setzt mich in großes Erstaunen!

Mein Herzlieb sitzt in Wien und kann so bald nicht mehr weiter! Wäre ich doch eine große weise Frau! Könnte ich das Schicksal fragen, wie lange mein Lieb noch bleiben muß! Ach – ich würde doch statt dieses Boten hier mich selber auf die Reise begeben!!! Oh Herzlieb! Kannst Du Dir denken, daß dieser Wunsch wie ein Feuer in mir aufzuckte, beim Lesen Deiner Zeilen?

Ach Du! Wir können nicht so ins Ungewisse hineinfahren. Es wäre unüberlegt von mir, jetzt draufloszufahren – denn, wer weiß treffe ich Dich noch an. Ach Du! Ich hatte Dich doch gestern schon in Saloniki gesucht! Den ganzen Tag warst Du in unser Munde. Und gestern Abend genau um 10 [Uhr] schluckte es mich so heftig, daß ich meinte: na, Gottseidank, nun wird er wohl in sein Bettlein steigen können. Dabei bist [D]u vielleicht in eines der alten Kasernenbettlein gekrabbelt? Oder doch nochmal in das schönere Hotelbettlein? Ach Du!! Wenn Du doch die paar Aufenthaltstage noch ganz Dein freier Mann sein könntest! Ich habe im Roten Kreuz mit einem Sanitäter gesprochen, dessen Sohn ist am Freitag den 6. II. genau zur Zeit wie Du ab Chemnitz gereist; er mußte auch 2 Tage in Wien bleiben. Dieselbe Strecke wie Du fu[hr] er. Nun bin ich neugierig, wie lange Du noch bleiben kannst. Ob Dich mein Bote so erreicht, wie Du mir angibst, daß ich ihn schicken soll? Ach Herzelein! Ich bin gleich so aufgeregt. Es war schon gleich 10 Uhr vormittags, als der Postbote kam. Nun muß ich Dir doch schnell schreiben, daß mein Bote um 12 00 [Uhr] mit abgeht. Sollst doch ganz schnell etwas von mir hören! Sollst doch auch die Zwanzgerl haben, damit Du mir nicht verdirbst in der Fremde. Du armes, ausgesetztes Hascherl! Ich käm doch am liebsten gleich selber hin zu Dir. Wenn Du es erfährst, daß Euer Zug noch lange nicht fährt, gell? dann würdest Du mir sofort telegraphieren, daß ich zu Dir kommen soll. Ach Du! Ich sehne mich doch so, bei Dir zu sein! Weil ich weiß: Du bist mir doch garnicht so ferne! Du!!! Herzelein! Sei noch von Herzen bedankt für Deinen lieben Reisebericht! Nun können wir alle ganz beruhigt sein, wissen genau, wie Du nach dem ersten Aufenthaltsort gelangt bist. Du Herzelein! Sei mir ganz vorsichtig und erkälte Dich nicht in Wien! Mußt ja nun Deine Zeit im Lokal oder irgendwo versitzen. Hoffentlich sind die Unterkünfte gut geheizt. Und behalte all Deine Stricksachen an!! Du!! Ach, wirst Du denn satt werden in der Massenverpflegung? Herzelein! Herzelein! Was ist das doch für ein Durcheinander auf unsrer Erde! Ich bin so froh, daß Du so selbständig bist und Dich überall durchfitzen kannst. Behalte nur Dein Dickköppel! Laß Dich nicht rumschubsen! Ich lege Dir also 2 Braune bei. Ich hoffe, daß die Briefe zurückkommen, wenn Du schon fort bist aus Wien. Ach Du!!! Hätte ich’s doch schon eher gewußt! Alle meine Boten hä[tt]e ich nach Wien geschickt! Ich habe Dir doch schon wieder 4 geschrieben! Den ersten noch in der Nacht, am Tage Deiner Abreise, Du! Nun wird Dich in S. [sic] eine Menge Post erwarten. Ach Herzelein! Heute kann ich Dir garnichts weiter schreiben, ich bin ganz durcheinander. Und ich brenne d[a]rauf, diesen Boten auf die Fahrt zu Dir zu bringen. Dann lese ich erst nochmal in Ruhe alles, was Du mir geschrieben hast, Du geliebtes, herziges Mannerli. Daß Du glücklich bist, daß Du froh im Herzen meiner Liebe bist, das lese ich danker[f]üllten Herzens, Du! Du hast mich sooo lieb! O Herzallerliebster mein! Ich bin sooo glücklich. Ich habe Dir schon so viel Liebe entgegengeschickt in meinen Boten, wenn Du sie doch in Wien schon bekämest! O Geliebter! Ganz lieb und fest und innig drücke ich Dich an mich! Ich küsse Dich vieltausendmal! Du! Gott behüte Dich mir! In Liebe und Treue Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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