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[OBF-420210-001-02]
Briefkorpus

Wien, den 10.2.42

Herzallerliebste! Herzensschätzelein!

Dein Bübchen ist wieder im Stübchen! Ist ein richtiges Junggesellenstübchen mit einem Bett, einem Sofa, Tisch, Schrank, Stuhl. Ist wohl auch gar ein Junggeselle, der darin wohnt? Nur eine kann es beschwören, daß er keiner mehr ist, daß der Hubo schon einmal ganz neugierig war – einmal? – Du!!! Du!!!!!

Das Bettlein winkt. Würde gut auch für zwei langen. ½ 11 Uhr ist es. Muß doch noch ein bisserl mit Dir reden[.] Wirst denn schon heim sein? Mit Laternchen oder ohne Laternchen? Hat das Mannerli es doch besser. Die Wiener Straßen sind beleuchtet. Ich war doch noch zum Konzert. Fein war’s. Die beiden Künstler, Geiger und Pianist, leben in Wien. Ich besah mir meinen Weg schon bei Tage. Das Konzerthaus ist ein mächtiges Gebäude mit wohl drei Konzertsälen. Ein mächtiges Getümmel herrschte in der geräumigen Vorhalle und ich wollte – voreilig – schon Rückschlüsse ziehen auf das erlesene Kunstverständnis der Wiener – als ich dann merkte, daß die meisten eine ganz andere Veranstaltung in demselben Gebäude, im Schubertsaal besuchen wollten, einen Liederabend mit Erna Sack, ausverkauft. Zu der strengeren Kunst der Sonate hatte sich eine wesentlich kleinere Schar gefunden. Das zweite und dritte Werk waren recht fesselnd. Mein Nachbar zur rechten hatte das dritte Werk in Noten mit und ich konnte nachlesen. Dafür zertrat ich ihm in der Pause vorher ein Brillenglas, seine Brille lag am Boden, und ich bemerkte sie erst, als es schon knirschte. Die Sonate von Grieg [wa]r mir recht vertraut. Über 2 Stunden dauerte das Konzert.

Herzelein! Nun will ich mich schlafen legen. Ich glaube, du schickst Dich auch eben dazu an, ich merke es an meiner Unruhe.

Mein Herz schlägt doch noch ganz wie Deines. Es war doch so lange in Deiner Nähe und sein Schlag ganz auf den Deinen abgestimmt. Geliebte! Du! Meine [Hilde]! Ich habe Dich sooo lieb! Ich weiß Dich mir verbunden – so eng, so fest, so lieb – auf Leben und Tod! Ich mag nur ganz Dein sein! Dein Mannerli! Dein [Roland]!

Und Du bist mein liebes Weib! Oh Herzelein! Du hast mich so lieb! Du! Gut Nacht! Gut Nacht!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946