Bitte warten...

[OBF-411231-001-01]
Briefkorpus

Sylvester 1941

Herzallerliebste mein! Mein liebes, teures Weib! Meine [Hilde]!

Nur noch wenige Stunden sind im alten Jahre! Geliebte! Es drängt mich zu Dir! An Deiner Seite zu stehen, an Deiner Seite gehen. Herzelein, ganz dicht an Deiner Seite, fest Hand in Hand, ein Herz und Sinn mit Dir, den Blick gläubig und zuversichtlich voraus gerichtet, mit Dir zu gehen durch die Pforte des neuen Jahres. Oh Geliebte! Gott sieht wohl den Zug aller Menschen, die da ins neue Jahr treten. Er sieht auch uns – sieht uns so fest Hand in Hand, ein Paar, ein liebend Paar – und er sieht die Bitte in unseren Augen, er hört das Gebet unsrer Herzen: „Oh Gott im Himmel! Laß uns zusammen gehen! Bleibe bei uns! Segne Du unseren Weg!"

Mein geliebtes Herz! Mit dieser Bitte gehen wir ins neue Jahr. Und wenn auch die Weite zwischen uns ist, wir sind einander am allernächsten in unseren Herzen! Du bist mein liebes Weib! Mein treuer Weggesell! Du bist meines Herzens einziger Vertrauter! Du!!!

Oh Herzelein! Es können zwei so eng nebeneinanderleben – und sind sich doch so fern. Und es können zwei getrennt sein durch Gram – und sind sich so nahe, so glückhaft nahe, daß niemand sich dazwischendrängen kann – und haben einander so lieb, daß sie einander die Treue halten bis in den Tod. Oh Geliebte! Aller Reichtum, alles Glück, alles Lieben ist im Herzen. Und Du bist mein im Herzen! Und darum bist Du wahrhaft ganz mein! Du!!! And[e]re Menschen dürfen um Dich sein, Dich schauen, Deiner Stimme lauschen – aber im Herzen ganz tief drinnen – oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Herzelein! Da wohnt Dein Herzensmannerli ganz allein! Das ist mein ganzes, tiefes Glück, daß ist geliebt werden!

Und das ist mein Lieben, oh Du! Du!!! meine [Hilde]!: daß ich Dich so fest in mein Herz geschlossen habe, sooo fest, Dich allein! Dich ganz allein! Geliebtes Wesen!!! Ich liebe Dich! Ich darf Dich lieben – darf ganz glücklich lieben, Dich mein einziges allerliebstes, schönes Weib ––––– ich kann Dich lieben – oh Du! Ich kann’s, ich kann’s, so tief! So ganz!!! ––––– ich kann gar nie anders mehr, ich muß Dich lieben ––––– oh Geliebte! Ich bin so glücklich darum, wie es Dich beglücken mag: ich liebe Dich! Und Du liebst mich! Ja, Du liebst mich! Verwandelt ist mein Sinn! Sonne ist in meinem Leben! Ganz erfüllt ist all mein Tun und Denken von Dir! Oh – aufgetan ist mein Herz! Befreit der Liebe Strom! Wer wirkte dies Wunder anders als Deine große Liebe?!!!!! !!!!! !!!

Oh Herzelein! Welches Glück, sich geliebt zu wissen! Gehalten und getragen von der Liebe eines guten Weibes! Es wahr [sic] mein tiefstes Sehnen – es ist nun mein größtes Glück! Oh Geliebte! Und wie beglückend zu fühlen, einem Menschen das Liebste zu sein, einem lieben Menschenkinde alles zu bedeuten, es ganz herzlieb und traut an seiner Seite zu fühlen. Oh Geliebte! Das ist aller Reichtum, alles Köstliche auf Erden.

Oh Geliebte! Bei Dir ist Heimat, Geborgenheit – ist Herzenstraute und Herzenswärme inmitten der Weltenweite und Weltenkälte. Und das ist Liebe! Oh Du! Meine [Hilde]! Laß sie uns treu hüten und bewahren, diese köstliche Liebe! Laß uns treu ihrer walten, sie ist Gottes Geschenk. Oh laß uns danken! Laß uns bitten, daß Gott sie uns segene [sic] und erhalte!

Herzelein! Ein Sauerteig ist die Liebe. Sie durchdringt alles! Eine Sonne! Sie erhellt alles! Läuternde Glut: oh, sie bringt so viel Freude und Ordnung ist in unser Leben!!! In Liebe erblicken wir alles auch um uns: Eltern und Geschwister – Verwandte und Freunde – alle Kreatur und die schöne Gotteswelt – das ganze Leben! Eine Himmelsma[cht], ist die Liebe!

Und führt uns hin zu Vertrauen und Glauben, sie öffnet unsre Augen und Herzen für die Gottesliebe. Geliebte! Ich vertraue mich ganz Dir an! Ich glaube an Deine Liebe! Und ich fühle Dein Vertrauen, Deinen Glauben. Vertrauen und Glauben von mir zu Dir – von Dir zu mir – sie sind der Liebe festes Band. Lieben, Vertrauen und Glauben – diese drei sollen auch sein im Verhältnis zu Gott. Oh! Wer nie Liebe erfuhr, erlebte wohl auch nie Vertrauen und Glauben. Wer nie noch liebte, kann wohl auch nicht recht vertrauen und glauben! Oh Herzelein! Ein wenig habe ich es doch an mir selbst erfahren. Oh Geliebte! Wer im Dunkel lebt, der liebt das Licht! Dunkel ist dieses Erdenleben, dieses Menschenleben mit seiner Vergänglichkeit und Hinfälligkeit, mit seiner Bosheit, seinem Haß, mit seiner Schuld und Verstrickung! Oh Geliebte! Dunkel ist der meisten Menschen Herz in unseren Tagen: daß es hart ist, verhärtet und verstockt, hoffärtig und hochmütig, verlogen: daß es nicht mehr unterscheiden will licht und dunkel, daß es das Dunkel nicht sehen und wahrhaben will, daß es den Glauben des Lichtes mißachtet und schmäht. Erbarme sich Gott unsrer Welt! Unsre Welt kann nicht mehr lieben! Oh, daß sie es wieder lernen möchte zu ihrem größten Gewinn und Segen!

Licht ist alle Liebe unter den Menschen. Und Himmelslicht und Himmelsgnade ist die Botschaft von der Gottesliebe, die Botschaft, die (die Liebe) uns Menschen die Liebe zum höchsten, ersten Gebot setzt. Aus uns Menschen kommt wohl einmal eine Botschaft, die eine Herrschaft oder Gewalt kundtut – auf unsrer Erden [sic] tobt wohl der Haß in schrecklichen Kriegen – aber eine Botschaft der Liebe muß eine Himmelsbotschaft sein! Oh Geliebte! Wir erkennen sie! Wir öffnen ihr unsre Herzen! Wir vertrauen und glauben! Laß uns auch immer wieder zueinanderfinden und einander halten zu rechtem Glauben!

Oh Geliebte! Mit diesem Gelöbnis, daß unser liebendes Herz uns eingibt, wollen wir miteinander ins neue Jahr treten: In Treue festhalten, was wir haben: unsere Liebe und unseren Glauben! Herzelein! Damit fassen wir unser Leben bei seines Wesens Mitte, bei seines Wesens Kern! Damit bleiben wir uns selber treu. Damit gelangen wir zu rechter Herzensinnigkeit und Herzensfröhlichkeit. Gott schenke uns Kraft und seinen Segen, solches recht auszuführen.

Herzlieb! Die Zeiger rücken fort auf 12 Uhr. Spürst Du mit mir der Liebe Band? Von mir zu Dir – und zu den lieben Eltern beiden – zu unserem Siegfried – Hellmuth – zu unseren Lieben allen – und von ihnen zu uns? Oh Geliebte! Die Tränen drängen mir zu den Augen! Gott segne uns das neue Jahr! Ich weiß mich in aller Lieben Mitte – und Du gehörst zu uns – bist mir zu allernächst!

Ich liebe Dich! Ich liebe Dich von ganzem Herzen immerdar! Gott sei mit Dir! „Der ewig reiche Gott woll uns und unserm Leben ein immer fröhlich Herz und reichen Frieden geben!"

Herzelein! Jetzt zünde ich die Kerzen an – mit Euch Lieben daheim! Und nun hat es schon begonnen! Herzelein! Mit den lieben Eltern wünsche ich Dir ein gesegnetes, frohes Jahr! Dein Herzallerliebster möchte ich sein und bleiben – wie Du mir die Herzallerliebste bist! Meine Liebe! Meine Sonne! Ich bin und bleibe Dein! Ganz Dein! Ewig Dein [Roland]! Dein Herzensmannerli! – Geliebtes Weib!

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

Schlagworte