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[OBF-411225-001-01]
Briefkorpus

Am ersten Weihnachtsfeiertag 1941.

Herzelein! Geliebte! Mein liebes, teures Weib!

Dir muß ich doch ein besonderes Brieflein schreiben, ja? Du! Weil doch zwischen uns soviel Besonderes ist: Du bist meine [Hilde], mein Weib, meines Herzens Vertrauteste – und ich bin Dein Mannerli, Dein [Roland], Deinem Herzen am allernächsten! Herzelein! Das ist etwas ganz Besonderes – etwas Einmaliges – ach Du! Dieses Besondere, Einmalige, die Innigkeit und Heimlichkeit macht aller Liebe Seligkeit, aller Liebe Jubel und Trumpf, und aller Liebe Tiefe, Du!!!!! Und unsre Liebe ist so voller Seligkeit, voller Jubel und Tiefe, weil wir einander ganz treu sind, Du! Du!!!!! !!!!! !!!

Schätzelein, was ich nun für Dich zu dem allgemeinen Bericht noch Besonderes hinzusetzen möchte? Ach Du! Du!!! Zuallererst, daß ich Dich sooo sooooooooooooo lieb habe! Herzlieb! Als ich heute vom Gottesdienst kam, das Herz so voller Weihnachtssehnsucht und Weinachtsfreude – da kam es über mich, daß ich es fühlte, oh Herzelein, wie sehr ich Dich liebe! Dich liebe!!! So von Herzen! Ganz tief drinnen! Mit Leib und Seele! Oh Herzelein! So voll ist mein Herz! Du wohnst doch drinnen, und Deine Liebe!!! Oh Geliebte! Ich fühlte es so tief beglückend, daß ich Dich so liebhaben kann, liebhaben muß: Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Und heut nacht hab ich doch von Dir geträumt, Du! Du!!! Ach, alle Gegenden purzelten durcheinander darin, Oberfrohna, Bischofswerda, Freiberg. Und eingekauft haben wir mit der lieben Mutsch zusammen, gedrascht, nach einer Decke zu unserem Weinlaubservie suchten wir. Und Auto fuhren wir! Die Mutsch saß hinter uns, und wir beide davor. Wir saßen aber nicht, wir lagen da, fein zugedeckt. Und vor der Endhaltestelle haben wir doch einander ganz schnell und ganz heimlich ganz lieb gehabt – Du!!! – und die Brünnlein sind übergeflossen Herzlieb, das Deine und das meine! Und das des Mannerli doch ganz richtig! Oh Geliebte, Du!!! Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Ich liebe Dich! Ich bin so ganz Dein! Dein [Roland]! Dein Mannerli! Dein! Dein!!! Oh Geliebte! Daß Du meine Liebe magst! Daß Du sie suchst! Oh Du!!!

Und nun hast Du mich sooo reich beschenkt und glücklich gemacht zum lieben Weihnachtsfest. Ach Herzelein, sooo lieb überrascht mit den Photoalben! Zuerst wickelte ich doch das Luxusalbum aus – und da war ich sooo glücklich und freudig überrascht – weil Du Dich darin mir selbst schenkst. Um die lieben Bilder, die ich zu Hause ließ, wollte ich schon immer schreiben und nun sind sie wieder bei mir! Du weißt, wie lieb und teuer sie mir sind!!! Und nun noch ein neues hinzu: mein allerliebstes Schätzelein mit dem ersten Sehnen im Blick, oh Du! So taufrisch noch, ein Rosenknöspelein! Oh Geliebte! Nun habe ich Dich aber sooo oft und lieb im Bilde bei mir! – könnte doch fast eine Galerie aufstellen davon! – kann Dich nun gar nimmer vergessen. Ach Herzelein! Und wenn ich  wie heute so allein sind [sic], bin ich doch in der allerliebsten Gesellschaft, Du! Du!!! Weiß doch gar nicht, wohin ich zuerst schauen soll. Und soviel Sehnsucht will dann aufsteigen, Herzelein! – Dich nicht nur ins Auge zu fassen – ach Geliebte! – Dich ganz, ganz bei mir zu fühlen! Du! Das Mannerli möchte doch soooooooooooooobald wieder einmal kommen – um ganz wieder einmal Dein Mannerli zu sein, um selig es zu fühlen, daß Du Geliebte, mit mir gehst – um einander ganz tief in die Augen zu schauen, der Freude des Herzens zu lauschen und der Quelle unsres Glückes! Oh Du!!! Du!!!!!

Und nun hab ich doch auch die anderen lieben Gaben all entdeckt, Du! Du!!! Wie hast Du mich so lieb! Wie magst Du so gern und reich mich beschenken! Oh, wie glücklich machst Du mich!

Ob ich sie auch alle entdeckt habe? Du!!! Mein Schätzelein versteckt sooo gern etwas, ja? Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Auch noch, wenn ich ihm ganz nahe bin!!! Ja! Versteckt’s! – versteckt’s! – – –  damit das Mannerli es suchen soll – und finden!!! Und daß dann die Freude doppelt groß und innig und selig ist! Oh Du! Du!!! Schätzelein! So lieb wie Du kann wohl sonst niemand schenken! Von Dir allein mag ich mich beschenken lassen!!! Steht doch hinter jedem Geschenk mein Goldherzelein selber – und versteckt sich mit, um dann seinen [Roland] desto heimlicher, und inniger und heißer zu umschlingen! Oh Geliebte!!! Soll ich Dich gleich einmal suchen? Du! Du!!! Schätzelein! Dornröschen! Aber wenn ich Dich gefunden hab – – Du! Du!!! Ob das Mannerli wohl gerne sucht?!!!

Hat mir doch mein Herzelein ein ganz fremdes Bild mit ins Album gesteckt, ins feine, wo nur Weiberl und Mannerli zusammen sein dürfen! Oh Geliebte! Ich will recht bald mit Dir leben! Und Dich mit dem Liebsten beschenken! Meine [Hilde]! Mein liebes, liebstes Weib!!! Und mich von Dir mit dem Liebsten beschenken lassen! Du Liebe! Gute!!! Du wirst mir ein Kindlein schenken! Nur Deinem Schoß mag ich es anvertrauen! Du!!!!! !!!!! !!!

Noch mehr hat mein Weiberl versteckt, mein Evchen! Krieg['] ich doch heute nach dem Essen Hunger auf einen Apfel. In meines Herzleins Weihnachtskiste fehlten sie nicht. Ich habe sie all ausgewickelt und die beiden großen Äpfelein zeigten doch die Zähnchen von meinem Evchen – und nun hab ich ihn schnell nachgegessen Du!!! Du!!!!!

Ach Schätzelein! Du bist mein Evchen! Dir kann ich nicht widerstehen!!! Du hast Macht über mich! Vor Dir und bei mir schwindet alle Scheu!

Ach überall, in jedem Geschenk und wie Du es mir reichst, steht Deine große Liebe! Herzelein! Ich möchte Dir doch auch sooo gern wieder eine große Freude machen! Ob meine Geschenke Dich wohl auch erfreut haben? Ob sie alle Dich erreichten? Auch der Band Kinderlieder, ich hatte Vater gebeten, sie zu besorgen? Ach Schätzelein – Du! weißt, wie ich Dich liebe! Und ich kann Dir kein lieberes Geschenk bringen als das Bekenntnis meiner Liebe! Und, – Gott walte es gnädig! – Diese Liebe zwischen uns wird erst recht erblühen, wenn wir für immer umeinander sind, wenn wir miteinander leben dürfen!

Herzlieb! ich habe mich so sehr über alles gefreut – ach Du! Ich habe doch gestrahlt vor Freude und habe alle Deine Namen halblaut mir sagen müssen – Du!!! Ich war ja ganz allein.

Will nachher gleich noch ein Stündchen in Deinem Briefe, und meinem Briefe, lesen. Ich dank Dir doch für alles von ganzem Herzen! Ach Du! Ich möchte Dich so gern an meiner Freude teilnehmen lassen und die Deine teilen – so, wie es später sein wird. Ach Geliebte! Manchmal möchte ich es doch beklagen, daß wir nicht zusammenleben können, gemeinsam erleben! Aber wir können uns nicht auseinanderleben nein, Du!!! Die besten Stunden des Tages, die Feierstunden, da das Herz ausruhen und sich neigen und öffnen will – die lebe ich Dir! Dir allein! Du! Geliebte!!! Und so auch Du – die Stunden, das Dein Herz schlägt voll Sehnsucht und Liebe und Zärtlichkeit, die schenkst Du mir allein! Mir allein öffnet sich Dein Herz! Oh Geliebte! Du! Wir sind doch ganz eins! Wir halten aus! Harren getreulich aus! Halten einander ganz fest! Oh! Nie, nimmer könnt ich Dich lassen, Dich vergessen! Nie und nimmer unsre Liebe verraten!

Ach, Dein Mannerli hat ein gar scheues und tiefes Herz – Dir hat es liebend sich aufgetan – in tiefstem Herzensgrunde berg ich unsre Liebe! Und hüte sie - und lasse sie nimmer! - Ich bin Dir ganz zu Eigen in Liebe und Treue. Und Du, geliebtes Weib, hütest wie ich unsre Liebe! Des bin ich so froh und dankbar gewiß! Ich liebe Dich! Gott schütze Dich! Ich danke Dir von ganzem Herzen!

Ich gehöre Dir so ganz! Immer und ewig Dein [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946