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[OBF-411221-002-01]
Briefkorpus

Sonntagabend, 4. Advent 1941.

Herzensschätzelein! Du mein herzlieber [Roland]! Geliebter!!!

Oh Du!! Du!!! Was waren das doch für freudenreiche Stunden heute – gestern. Aber besonders heute, Du!!! Oh Geliebter mein!! Wie lieb ich Dich! Wie lieb ich Dich! Du bist zu mir gekommen, oh Du!! Bist unendlich lieb zu mir gekommen heute! Herzelein!!! 3 liebe Boten durfte ich empfangen heute, ach Du!!! !!!!!!!!!! !!! Du! Hast mich so lieb! Ich muß mich doch soooooooooo sehr sehnen nach Dir, Geliebter! Oh Du!!! Wenn Du so lieb, so voll Zärtlichkeit, voller Wärme und Innigkeit zu mir sprichst! Schätzelein! Ach, mein Lieb!! Ich muß Dich sooo liebhaben! Ich möchte Dich küssen, ganz heiß! Du!! Dich liebhaben – oh Du!! Lange, ganz lange – bis unsre Wesen in eines verschmilzen [sic]! Du!!! Unsre Brünnlein sollten ganz ineinander fließen! Oh Du!!!!! Wieviel Seeligkeit und Verlangen Du in mir weckst, Geliebter! Mit Deinen lieben, so lieben Zeichen! Ach! Du kannst es ja wohl kaum ermessen – bist ein Mannerli, liebst mich zwar auch so innig und heiß! – doch so wie ich Deine Liebe empfinde, so kannst Du nicht fühlen, nein! Und ich wiederum kann mich vielleicht nicht in Deine Empfindungen versetzen. Ach Geliebter! Wenn auch nicht! Aber daß wir die Gewalt dieser mächtigen strahlenden Liebe so überwältigend spüren – ist das nicht das gewaltigste, wunderbarste Geschehen in unserem Zusammenleben? Geliebter! Es wollen darüber die Worte ihren Dienst versagen – arm, blaß, dürftig ist jeder wörtliche Vergleich dieser Empfindung. Wie ein Sturm rüttelt sie unsre Herzen und Seelen auf – wie eine gewaltige, hemmungslose Lichtflut bricht der Glanz in unser Inneres! Oh Geliebter! Unsere Liebe! Gottes Geschenk! Unser Kleinod! Unser Schatz! Der Kostbarste auf dieser Erde – wir wollen ihn hüten! Heilig halten! Treu bewahren! Geliebter! Keine Macht der Erde kann mich je von Dir reißen! Das bekenne ich Dir nicht nur, daß [sic] schwöre ich Dir! Daß ich Dich nie und nimmermehr verlassen will, Du!!! Mag kommen was auch wolle. Ich stehe zu Dir in Freud und Leid, in Not in Gefahr, in allen Stunden des Lebens! Du!! Ich gehöre Dir mit Leib und Seele – oh Du! mit allem, was ich habe bin ich Dein! Dein!! Geliebter! Geliebter! Vergiß das nie!

Wenn alles fällt, wenn alles wankt – ich stehe fest und treu an Deiner Seite. Mich kann nichts von Dir reißen. Keine Versuchung, keine Gewalt – nichts, nichts was in Menschenhand liegt. Du sollst es immer wissen, Du! Und Du weißt es, Du! Du mußt es ja wissen! Ich liebe Dich! Oh, nur Dich liebe ich! Herzallerliebster Du! Weißt Du, was ich schon immer gedacht habe bei mir? Was mich so oft schon bewegt hat, wenn das Dunkel uns[e]rer Zeit mich einhüllen wollte? Du! Mußt mich recht verstehen und begreifen, Herzelein! Wenn Gott es wollte, daß Du mir nicht wieder heimkehrst – oh, Du! Seine Güte möge es verhüten! Ich will Dir die Treue halten bis an mein Ende. Ich wollte keinem Manne nach Dir angehören. Geliebter! Hast Du je schon einmal daran gedacht, daß eines vom anderen gerissen werden könnte? Ich muß es manchmal denken. Ich weiß, daß es bitter Unrecht ist, wenn wir uns Gottes Kinder heißen und in seine Gnade uns befehlen. Wir müssen glauben! [*] Aber Herzlieb! Mit Dir wäre mir alles Glück in dieser Welt gestorben. Ich bin mir ganz klar darüber – und es geschieht nicht aus einem Überschwang des Gefühls heraus, was ich Dir hier bekenne:

Du bist und bleibst meine einzige Liebe – Du bist und bleibst mein Ein und Alles. Du!!! Ich kann nicht anders. Geliebter!!

Wenn ich Dir genommen würde, sag? Könntest Du Dein Herz noch einmal verschenken?

Du!! Oh Du!!!!! So sollte mein Brief nicht sein heute. Ach Du! So ernst sollte er nicht ausklingen! Du!!! Aber es geht mir so wie schon immer: Wenn ich die Größe und Gewalt unsres Glückes nicht mehr fassen, kaum noch ertragen kann – dann wird sie gedämpft durch den Gedanken der Furcht, daß ich soviel, viel Glück und Seligkeit garnicht verdiene III [**]. Warum? [Ac]h – warum? Kann denn Gott soviel Güte allein mir zuteil werden lassen? Mir gerade? Ist es nicht zuviel Gnade, zuviel Huld und zuviel Liebe? Bin ich ihrer würdig? Oh ich will mich ihrer würdig erweisen! Will mich mühen um ein Leben nach Gottes Wohlgefallen! Ich will ihm dienen, ihm gehorsam sein, mein Leben lang.

An Gottes Segen ist alles gelegen. Du!!! Oh Du!! Mein Sonnenschein! Mein [Roland]! Dein Bild verläßt mich nimmermehr! Ich habe Dich ganz tief in mein Herz geschlossen. Nun bin ich Dein – Du bist mein! Oh gäbe es ein Wort, das Dir all meine heiße, unendliche Zuneigung künden würde! Ich finde keines. Du! Ich liebe Dich! Ich bin Dein! Vergiß es nimmermehr! Mein Geliebter! Das große Glücksgefühl, das mich überströmte, als ich die Boten Deiner Liebe empfing heute, es hat mich so erregt, so erbeben gemacht in heißer Liebe und Sehnsucht. Du – ach, aus dem Übermaß der Empfindungen, die Freude und Schmerz im gleichen Maße in sich bergen, erwacht man dann zu großer Mattigkeit. Geliebter! Ich muß erst wieder ins rechte, seelische Gleichgewicht kommen. Du! Dann ist auch meine Seele wieder ganz strahlend hell, mein Sinn zuversichtlich und frohgemut! Dann fühle ich wieder die Kraft, das Leben fest anzupacken, wie es sich uns beut [sic]. Der liebe Vater war in unsrer Mitte, wir gedachten Dein so lieb, so lang, so herzlich!

Der schlimme Krieg schiebt sich trennend zwischen alles Sehnen und Heimverlangen. Schmerz, wildes Heimweh könnte einen packen, wenn man sich hineinversetzt in unsre Lage. Alles drängt so gewaltsam hin zu Dir! Mein Weibtum verlangt so inbrünstig darnac[h], in Dir Erfüllung zu finden. Wie inbrünstig ersehne ich unser Leben in inniger Gemeinsamkeit. Geliebter! Wir wollen Gott um Gnade bitten ohne Unterlaß!: Bleibe bei uns mit Deinem Segen! Geliebter! Du weißt, Du fühlst, wie ich in Liebe Dir gehöre. Du!!! Und ich warte immer Dein! Immer! Ich halte Dir die Heimat offen allezeit! Daß Du heimkommen kannst zu jeder Stunde und Dich ausruhen an einem treuen, liebewarmen Herzen! Du!!!!!

Ich muß Dir das alles noch heute Abend sagen, Liebster. Ich liebe Dich unendlich! Geliebter! Du!!!!!

Gott sei mit Dir auf allen Wegen! Er segne Dich und unseren Bund! Herzensschatz!!! Ich liebe Dich! Bleibe mir! Oh Du!!!

Immer Deine [Hilde].

 

[* = umrandet]

[** = 3-fach rot unterstrichen]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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