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[OBF-411208-002-01]
Briefkorpus

[411208-2-1]

Montag, am 8. Dezember 1941.

Mein Herzelein! Geliebter! Herzensschätzelein, Du!

Es ist jetzt abends in der 9. Stunde, Herzelein. Ich kann aber nicht eher ins Bettlein gehen, ehe ich Dir geschrieben habe. Wir sind wieder heim nun von unsrer Hamsterfahrt. Ach, wir sind auch froh! Es schneite von Mittag an was es nur konnte. Am Morgen schien die liebe Sonne. Um ½ 10 [Uhr] fuhren wir los. Von Narsdorf ab liefen wir, es ging kein Zug. Das war ein schöner Weg. Bei Onkel Erichs angekommen, wärmten wir uns erst mal am Ofen aus [sic]. Im Studierzimmer waren gerade die Konfirmanden versammelt zum Unterricht. Alsbald kamen auch Heidi aus der Küche und Onkel vom Dienst, den er beendete. Er sah recht wohl aus. Tante Liesel fand ich abgespannt und Heidi glücklich. Ihr Mann ist in Zwickau und kommt sie jede Woche besuchen. Die Buben, die schulpflichtigen, sind zur Winterzeit im Internat ihrer Schule untergebracht. War also keiner anwesend. Den Hamburger Jungen hat Andreas immer derart verhauen, daß man ihn dort wegnahm. Ich erfuhr es von den Bauern. Tante sagte nichts. Was soll man dazu sagen? Die Tante müßte sich bissel mehr um die Rangen kümmern! Hermann studiert in Dresden und Hans ist noch in Köln. Habe ich sie nun alle aufgezählt?

Ein paar nette Stunden verlebten wir im Pfarrhause. Mutter hat es auch gefallen – bis auf den Betrieb so im großen und ganzen, Du weißt! Das sind wir halt nicht gewöhnt. Aber wir unterhielten uns nett. Dann bin ich erst mal auf Beute ausgezogen!

Es lohnte sich schon! Bei A.’s 1 Henne, 12 Eier und Quark. Bei E.’s: 1 haHenne!, 5 Eier, Quark, 1 Butter, Äpfel und Rotkraut. Fein, was? Ich bezahlte es aber auch gut! Von Tante Liesel haben wir auch noch Äpfel bekommen. Beladen mit fremden Gut zogen wir zum Zuge, der um 1745 [Uhr] fuhr. Kurz nach 7 Uhr waren wir in Oberfrohna. Ich habe mich schon vorangemeldet bei meinen Freunden, ehe Du, mein Lieb auf Urlaub kommst! Mal sehen, ob da noch etwas zu organisieren ist! Ich glaube, mit mir brauchst mal nicht zu verhungern – ich habe schon ein bissel Übung im „Einkaufen“!

Vater staunte schön, als wir heimkamen. Na, nun wird es auch bei uns kein mageres Weihnachten geben. Es wird immer wieder Rat! Sorget, doch sorget nicht zu viel. Diesmal ists auch schlecht, weil die Feiertage in die Mitte der Woche fallen. Der übliche Sonntagsbraten ist da gerade alle und es gab sonst meist fleischlos an den mittleren Tagen. Doch zu Feiertagszeiten mag man doch gern einen Unterschied spüren im Küchenzettel. Wir kochen das ‚Hennenvolk‘ gleich ein, unser Feiertagsbraten wird es! Diese Woche gibts nun Quark und Kartoffeln auch die kleineren Stücken vom Geflügel zum Reis oder Nudeln. Da muß etwas von der Fleischration rausspringen für die Feiertage! Ach, es wird schon schön werden, genau so schön wie alle Jahre – nur, daß mein Herzlieb f[eh]lt. Ach Du! Wenn ich Dich nur gesund weiß! Geliebter! Daß Du froh sein wirst mit Deinem Kamerad H., das hast Du mir schon gesagt! Und Du wirst rechte Weihnacht feiern im evangelischen Gemeindehaus, wirst einen deutschen Prediger hören, der Euch die rechte Weihnacht schenkt! Ich will auch ganz froh sein! Du!!!

Wir tragen ja auch schon wieder die heimliche Hoffnung auf ein Wiedersehen im Herzen! Schätzelein! Ach! Die Zeit wird vorübergehen, schneller als wir gedacht! Und dann – so Gott will – darf ich Dich wieder in meine Arme schließen, mein Glück!

Heute durfte ich Dich doch erst noch empfangen daheim, ehe der Zug fuhr! Geliebter! Dein lieber Bote vom Donnerstag dem 4. Dezember ist bei mir! Du!!! Ich danke Dir von ganzem Herzen für all Deine Liebe! Ach Du! Ich möchte doch zu gerne wissen, was alles dazwischen liegt, zwischen den Tagen von denen mir noch Kunde von Dir fehlt. Dienstag und Donnerstag sind bei mir. Sonntag, Montag, Mittwoch fehlen! In Deinem lieben Dienstagsbrief erzählst Du mir von den Kursen, die schon verschiedentlich laufen. Auch Dein Spieß muß teilnehmen an einem. Am Schwarzen Meere, in Warna, wie ich auf der Karte lese, finden sie statt.

Weiter weg ging's wohl nicht? Mußt Du nun wieder zurück nach Bulgarien, wenn auch Du da Deinen Kursus abmachst. Ich warte so bannend darauf, wann Du mir Näheres darüber schreibst. Ob mir die ausstehenden Boten etwas davon berichten? Ach Herzelein! Du hast den Spieß gebeten, daß er Dich vor Deinem Urlaub Kursus noch einmal mit Urlaub bedenkt! Du!!! Er hat es Dir zugesagt!!! Oh Du!

Wie wird mir denn? Wenn das Schicksal Dir nicht arg will, dann möchte man sich fragen, ob es bei Deinem Spieß so ist wie das Sprichwort sagt: ein Mann – ein Wort! Ob er sein Wort hält?? Ich denke, was in seiner Macht liegt, das tut er Dir zuliebe. Du!! Wollen wir ganz stille sein und warten! Wollen auch das in Gottes Hände legen. Mein [Roland]!!

Ach Du! Was hast Du doch nun für ein helles Licht angezündet in meinem Herzen! Die Hoffnung, daß Du vielleicht schon eher als im Februar zu mir kommst. Oh Schätzelein! Mein Geliebter! Du!!!!!

Wie wird mir denn, wenn ich daran denke: Du willst kommen!

Ach Herzelein! Ich mag ja davon garnicht schreiben! Ich muß es aber fühlen, ich sehe es – weil es zwischen uns beiden so ganz anders ist, Geliebter mein!! Oh Du! Wie anders ist unsre Liebe! Wie viel, viel köstlicher ist unser Zusammensein! Du!!! Wir vertrauen einander bis ins Letzte! Auch der kleinste Winkel unsres Herzens steht offen für das geliebte Wesen! Wir können nicht anders als so ganz zueinander hinstreben, als so ganz ineinander aufzugehen! Du!!! Die große Liebe, die uns erfüllt, läßt uns so wundersam zusammenstimmen. Ach Du!! Sich geliebt wissen! Welch köstliches Geschenk!! Herzelein! Wie fühle ich die Wärme, den Sonnenschein Deiner Liebe – so belebend! Ach, so kraftspendend! Ach Geliebter! Du!!! Du!!!!! Wundersam selig erlebe ich das Wunder unsrer Liebe immer wieder auf's Neue. Sie ist die Sonne, die alle gute Saat in uns weckt und zum Reifen bringt.

Herzensschätzelein! Daß ich Dir auch so Sonne sein kann wie Du mir! Ach Du!!! Wir dünken uns in einem Märchenland! Und wie auch Du empfindest, in einem Paradiesgärtlein! Oh, möchte sie uns bleiben, möchte Gott sie segnen, unsre Liebe!

Herzallerliebster! Es geht auf Mitternacht! Ich schreibe Dir nämlich, nachdem ich vom Sanitätshaus heimkehrte. Ich mag keinen Abend versäumen, so gut es möglich ist, will ich durchhalten. Wenn's nur nicht so weit im Niederdorfe stattfände, in der Krone. Man muß so lang laufen.

Ach Du!!! Ich möchte noch länger bei Dir sitzen, Geliebter! Doch ich muß morgen wieder etwas taugen! Da brauche ich meine paar Stunden Schlaf! Bin doch noch immer Dein Murmeltierchen! Bloß in der letzten Zeit kann es nicht mehr so tief schlafen. Weil es sich so sehnen muß, Du!! Du!! Und davon der unruhige, traumschwere Schlaf! Ach Du! Ich habe Dich gerne im Traume bei mir! Ich muß Dich doch sooo liebhaben! Soooo lieb!!! Herzelein! Morgen auf Wiedersehen! Schlafe wohl, mein Lieb! Gott behüte Dich mir! Ich küsse Dich! Du Herzelein! Ich hab Dich sooooooooooooo lieb! Du!! Deine [Hilde]. Dein!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946