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[OBF-411206-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 6. Dezember 1941

Mein liebes Herzelein! Geliebter!! Mein lieber, guter [Roland]!

Nun ist es bald nachmittags um 5 [Uhr]. Ich habe eben das letzte Blech voll Haferflockenplätzchen aus dem Ofen gezogen. Du!! Von denen bekommst auch eine Probe! Die sind für Weihnachten bestimmt; denn die anderen feinen, weißt? die haben wir doch tatsächlich aufgegessen. Es waren halt nicht genug ­— wir aßen nur jedes 4 Stück - auf einmal waren sie alle. So verfressen sind wir!! kannst Dir einen Begriff machen! Du!! Ich will diesmal alles ganz weit fort verstecken. Dann wird sich's schon bis Weihnachten halten.

Herzelein! Was wirst Du wohl jetzt treiben? Ob bei Euch auch so trübes Wetter herrscht wie hier bei uns? Man mag doch garnicht ganz hinaus gehen. Ganz schnell habe ich heute meine Wege besorgt, daheim in unserm schönen warmen Stübel ist's doch am allerschönsten um diese Jahreszeit. Nun, wo es dunkelt, brenne ich meinen Leuchter an, das ist so traulich! Wie gut, daß ich den Kerzenvorrat vom Vater [Nordhoff] noch habe, der mir für Barkelsby zugedacht war, sonst könnte ich heuer garnicht gogeln [sic]!! Es gibt nämlich keine Lichter! Und wenn irgendwo öffentlicher Lichtlabend ist, dann dürfen keine Lichter gebrannt werden, sind für die Soldaten bestimmt im Osten. Sicherlich werden sie vor dem Fest noch freigegeben zum Verkauf. Von Christbäumen habe ich noch nichts gespürt dies Jahr — vielleicht, daß noch welche eintreffen. Ich will mal schaun, ob ich einen erwische, Du!

Mein Herzlieb! Deinen vorigen Sonnabend Brief habe ich vor mir liegen. Da lese ich nun, wie das Kleeblat[t] Wochenende hält! "Häuslich" sind alle! Zwei schreiben und einer putzt Schuhe — oh, was seid Ihr doch für Schweinel! Ich würde Euch aber das hoch versohlen, wenn ich bei Euch wäre und sähe, daß im Wohn = Schreib = Speise =, Schlafraum auch Schuhe geputzt werden!! Oh Ihr unverbesserlichen Junggesellen! Da habt Ihr nun alle eine Frau, die Euch gute Ratschläge mit auf den Weg gab, die Euch daheim zur Ordnung erzieht! Und sobald Ihr alleine seid – huii! alles vergessen! Na wartet, Ihr bösen Männer! Ihr stellt uns Frauen ja ein A[rm]utszeugnis aus. Ist es nicht besser, eine von den 3 Muttis kommt Euch nach, damit Ihr nicht gar im Schmutze umkommt? Mag nur gleich die kommen, die zuhaus keine Kindel hat, gelt? Du!! Kennst Du die wohl? Wirst denken: alter Schlauberger, du kommst ja auch nicht nur aus Bange zu uns, daß wir verschmutzen – wirst wohl noch einen anderen Grund haben!

Oh Du! Ja!!! Und den verheimliche ich Dir garnicht! Weil ich gar so viel Sehnsucht habe nach Dir, m[e]in Herzensschätzelein! Und doch möchte ich ganz stark sein und tapfer, möchte es mir doch vor Dir garnicht eingestehen, wie sehr ich mich sehnen muß. Du!!! Damit auch Du Geduld behältst! Du!!!!! Bis es wird soweit sein, daß wir uns wieder haben! O Herzelein! Ob es wohl bald soweit ist?

Ich frage Dich, wie ein ungeduldiges Kind vor Heiligabend, ja? Und Du weißt doch selbst noch nicht, wann Du Deinen Urlaub beschert bekommst. Ach gebe Gott, daß Du mir bald gesund heimkehrst.

Mein liebes Schätzelein! Antwortest mir so beglückt auf meine Boten vom vorhergegangnen Wochenende. Du!!! Ich freue mich so von Herzen an Deiner Glückseligkeit! Oh Du! Kannst mir doch nicht lieber danken, als mit Deinem Frohsein, mit Deinem Glücklichsein! Ach Geliebter! Wie beglückt es, einen geliebten Menschen treu zur Seite zu wissen! Der täglich an mich denkt nicht aus einem Muß, sondern aus eigenem inneren Drange des Herzens - der zu uns kommt mit allen Regungen seines Herzens, mit seiner einzigen Liebe! Dann fühle ich wie Du, Geliebter, die ganze Kraft unserer Liebe, die ganze Tiefe unsers Glückes – alle alle Seligkeit! Du!!! Oh Du!!!!! Du liebst mich! Ich habe Deine Liebe! Dein Herz! Ich habe Dich! Ein ganz, ganz liebes Herzensschätzelein! Oh Du!! Oh Du!! Ich kann doch genau so überglücklich sein wie Du, mein Mannerli! Ich fühle sie auch so übermächtig, die Liebe! Oh ja!! Ja!!! Du!!!!!

Geliebter! Ich habe es Dir ja auch schon so oft gesagt, wie ich mich sehne! Wie maßlos!! Nach Dir!!! Geliebter! Sooo heiß, so jung, so übermächtig ist unsre Liebe noch! Und wenn wir zueinander könnten jetzt - müßten wir einander erst einmal ganz sehr liebhaben - müßten unseren Durst loschen [sic] am Brunnen des Glückes. So war es immer, wenn wir einander besuchten bisher. Denn anders kann man unser Zusammenleben nicht nennen. Und die Kostbarkeit der Stunden ließ uns gar gierig und hastig trinken. Oh Herzenslieb! Die Zeit der Stille, des Reifens neuer Liebe, die köstliche Zeit, wir erlebten sie noch kaum! Und das Überfließen aus dem Überfluß! Oh Schätzelein! Geliebter!!! Geliebter!!!!! Mit Dir harre ich sehnsüchtig der Stunde, die uns für immer zusammenführt!! Du!!! An Deiner Seite leben!!!

Oh, Geliebter mein! Ich bete mit Dir, Gott möge unserem Wunsche recht bald Erfüllung schenken! Du!! Wir wissen so ganz froh und glücklich, daß wir einander so ganz nahe sein können, daß wir an Leib und Seele eng umschlungen durch dieses Leben gehen werden. Daß unser Leben in all seinen Regungen und Empfindungen übersonnt und durchdrungen sein wird von unsrer Liebe. Oh Du! Daß unsre Liebe sich dann tausendfältig brechen wird in allen Lagen und Stunden unsres gemeinsamen Lebens. Daß wir nie vor einer Leere stehen werden, daß hingegen unsre Liebe nur reicher und inniger sein wird! Oh Du!! Geliebter!!

Ich bin ja heute so froh und glücklich! Ich möchte Dir so gerne all meine Liebe bringen! Ach Geliebter! Ich denke an ein Wochenende, wenn Du für immer bei mir bist! Wie wunderschön und traut wird es dann sein! Ich träume gerne einmal so voraus, Du! Ach Herzelein!! Am allerliebsten träume ich von Dir!! Vom Leben und Zusammensein mit Dir! Mein Lieb! Ganz allein sehe ich mich doch dann am liebsten mit Dir! Du! Ganz allein! Ach!! Auf alle bin ich doch eifersüchtig, die sich zwischen uns drängen wollen!! Zuerst, wenn wir für uns sind, schließen wir die Tür ganz fest zu! Gefangen!! Mein!!! Ach Du!!! Ich will Dich ganz für mich allein haben! Du! Und wenn nun ein Kindlein schon da ist? O Du!! Das ist ja ein Stück von uns, von unsrer Liebe, Schätzelein! Meines Herzlieb Ebenbild müßte es sein! Dann könnte ich mir so lieb vorstellen, wie mein Herzelein als kleiner Bub war. Ach Du! Ich muß heute den Halter weglegen- ich sehne mich soo sehr nach Dir! Geliebter! Ich will noch auf die Musik hören, mit den Eltern zusammensitzen und stricken. Ach! Die Gedanken, die gehen doch unaufhörlich zu Dir, mein Glück. Gute Nacht, Herzelein!! Gott behüte Dich mir! Er segne unsere Liebe! Du!!! Ich bin Dein!!! Ich liebe Dich in Ewigkeit!

[Grußzeile nicht lesbar]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946