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[OBF-411205-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 5. Dezember 1941

Herzlieb! Du! Mein liebes, treues Weib! Du!!!

Der Weihnachtsmann ist zu mir gekommen! So schön und lieb! Herzelein! Geliebte!!! Du!!! Ich freue mich doch so sehr! Der Kranz, Dein Kranz, der Adventskranz schmückt unseren Tisch! Geliebte! Ein Gruß von Dir! Oh Schätzelein! Ganz sichtbar will es mir nun alle Liebe jedem Augenblick gegenwärtig machen. Und nun trägt es doch vier Lichter, Herzelein! Denkst du noch daran? Noch einmal schicktest Du mir den Kranz zu meiner Herzens größer Freude. Und das vierte Lichtlein hielt sich doch versteckt, ich fand es nicht, wie ich auch suchte, sodaß ich zunächst glaubte, Du habest es vergessen. Ich fand es viel später mal beim Aufräumen. Und das schien mir zeichenhaft: Es fehlte noch ein Licht und dem Kranze – es fehlte noch ein Schritt, eine Stufe zur wVollkommenheit unsrer Liebe. Oh [He]rzelein, wie sehnsüchtig habe ich damals ausgeschaut. Nach dieser Vollkommenheit – und nun ist sie erfüllt – Du bist mein – ich bin Dein! – wir gehören einander ganz – wir haben einander unendlich liebgewonnen! Und ein Jahr später war es, da stecken wir einander die Ringlein auf die Finger – Gelöbnis ewiger Liebe und Treue. Und nun bleibt mir der Kranz wieder von Deiner Hand – und kündet mir hier in der Ferne von der Nähe deiner Liebe! Oh laß Dir danken, Geliebte! Von tiefstem Herzen danken! Gebe Gott! Daß wir unter dem nächsten Kranz einander die Hände reichen können für immer. Ich haben den Kranz doch nun schon aufgebaut auf unserem Tisch. Der Karton war zwar verbeult, aber der Kranz ist ganz tadellos erhalten. Nun sind doch die Weihnachtsfarben auch in uns[e]rer Stube: das Grün der Hoffnung, das Rot der Liebe, das Weiß der Himmelsreim[e] und des Himmelslichtes. Was die Kameraden dazu sagen? Sie sind nicht so empfänglich für den Zauber der Weihnacht. K. hat heute seinen Tag und beißt um sich. Aber was schert es mich? Mir bedeutet dieser Lliebe Gruß sooo viel, Geliebte!!! Und den Kameraden wird es bald gehalten. Weißt! Mit deinem Kranz kam heute auch Mutters Stollen. Ganz wohlbehalten auch. Und so ganz lieb zurechtgemacht. Und dazu einen Kartengruß mit einer schönen Aufnahme unsre Kamenzer Kirche. Herzelein! So viel, viel Liebe von allen Seiten!

Ach. Ich weiß doch, wie Eure Liebe daheim immer um mich ist; wie die deine, Geliebte, mit mir ist immerzu! Die deine, Herzelein, ist doch die größte, die ganz nahe um mich ist nun, die auch die Liebe der Mutter zu einem Teil abgenommen hat, ist doch auch eine ganz besondere Liebe, die Liebe meines Weibes zu seinem Mannerli! Ach Herzelieb! Auch meine Mutter hat ihre Kinder abgeben müssen. Es ist doch ein wundersames Wesen der Liebe!

Herzelein! Sei tausendlieb bedankt für Dein Gedenken. Ach Du! Wenn ich Dein denke, dann ist doch soviel Danken auch, das sich kundtun möchte, Geliebte! Und es kann doch nicht anders jetzt als in Worten. Aber Herzelein!  Du weißt es: hinter den Worten steht meine Liebe, steht Dein [Roland] – er ist ganz Dein – Du!!! – ganz Dein!!! Ganz gefangen in Deiner Liebe – Dir ganz verfallen – ach Herzelein, Dein Leben möcht ich umschließen mit dem meinen! Ganz sehr liebhaben wollte ich jemanden, ein Menschenkind ganz liebgewinnen – Du bist dieses Menschenkind. Ich lasse Dich nimmermehr! Du!!! Du!!!!!

Nun bist Du mir wieder gesund geworden. Ich bin so froh darum! Halt Dich fein, daß Du ganz, ganz gesund bleibt. Ich denk, die Krankenkasse hat Zeit, bis das Mannerli mal heimkommt. Ist das eine liebe Rede? Ich will doch so gerne bald wieder einmal kommen! Die Verheirateten fast alle fahren jetzt zu Weihnachten. Und Dein Mannerli hat ein moralisches Recht, wenigstens nicht allzu weit nach Weihnachten wieder einmal dranzukommen. Und dieses Recht werde ich schon verteidigen.

Erzählst mir von Deinem Einkäufen für Weihnachten. Ich tät so gern wieder mal mir dir in aller Muße durch die große Stadt schlendern, aber Frieden müßte sein und alles zu haben. Und wir täten uns miteinander in dieses und jenes verlieben und könnten dann ganz froh miteinander etwas nach Hause tragen. Das Mannerli will aber ganz fein aufpassen, was sein Herzelein sich wünscht. Das Mannerli wird auch Wünsche haben, aber sie [ve]rblassen alle gegen den einen Wunsch! Deine Liebe zu besitzen. Und die Erfüllung dieses Wunsches wird staets alle kleinen Sorgen und Wünsche nichtig erscheinen lassen. Hast doch gar viel noch eingekauft und an alle so lieb gedacht – und das Mannerli, ich weiß es, wird nicht am schlechtesten dabei weggekommen sein. Möchtest es noch viel lieber und reicher beschenken, Du Gute! Ach Schätzelein, gräm Dich darüber mit keinem Gedanken! Erstens bekommst Du nicht, was Du gern möchtest. Zweitens taugts es nicht hierher zu schicken. Ich kann mich [n]icht mit solchen Dingen jetzt beladen.

Oh Herzelieb! Das Beschenken müßen wir wie so vieles andere noch ein wenig aufschieben. Und die schenkende Liebe all kann uns ja niemand nehmen, sie kann auch nicht entwertet werden. Nun bin ich doch gespannt, wie Dir meine Kissen gefallen. Ich habe noch ein schönes auf dem Kiecker. Weißt, Herzelein! An diesen Dingen kann auch ich meine Freude haben. Und diese Freude ist erst recht gekommen, seit ich mit Dir an unserem Heim baue.

Herzlein! Heute ist es so spät erst geworden, daß ich Dir schreiben konnte. Genau bis 7 Uhr ging die Arbeit. Dann habe ich erst einmal meinen ganzen Päckchensegen aus der Wachstube geholt. Von den Kameraden war noch niemand da. Bratkartoffeln warteten auf ihren Koch, der Ofen auf seinen Heizer. Nach dem Abendbrot habe ich die Päckchen geöffnet. Den Adventskranz aufgebaut. Und so wurde es 9 Uhr, ehe ich zum Schreiben kann. Und die große Freude bewegt mich doch noch so sehr, daß ich gar nicht die rechten Worte finden kann. Schätzelein! Wenn ich bei Dir wäre, müßte ich Dich erst einmal ganz lieb an mich ziehen und drücken – und küßen, Du! Du!!!!!

Oh Schätzelein! Im Nahesein kann sich doch alles ausdrücken. Keinen Menschen sonst bin ich so nahe wie Dir, Dir, meinem lieben Weib. Oh Herzelein! Laß Dich für heute die lieben Hände ganz lieb und dankbar drücken. Morgen will ich sie wieder falten. Ich möchte Dir so sehr danken! Behüte Dich Gott! Er sei mit Dir auf allen Wegen! Ich bin Dir sooo gut! Ich habe Dich ganz sehr lieb! Ich bin Dein Mannerli, Dein [Roland]! Ewig Dein!

Und Du bist mein liebes Weib!!!!! !!!!! !!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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