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[OBF-411127-001-01]
Briefkorpus

[Saloniki,] Donnerstag, den 27. Nov [19]41

Herzallerliebstes Schätzelein! Meine liebe [Hilde], Du!

Drei Tage keine Post – das ist eine ganz schöne Geduldsprobe. Ach Du! Wenn Du mich 3 Tage mal nicht anschautest oder nicht mit mir sprächest – das hielt ich doch nicht aus. Aber so ist es doch gar nicht. Herzelein! Ich fühl es doch, daß Du mein denkst, ganz lieb und innig. Und gesternabend [sic] im Bettlein überkam mich doch so große Sehnsucht nach Dir – und dann, im Schlafe, ist das Brünnlein übergelaufen, Du!!!!! !!!!! !!! Ich weiß, das ist nur, wenn auch Du mein so sehnsüchtig denkst.

Oh Herzlieb! Wir werden uns noch mit viel Geduld wappnen müssen, wie Hellmuth auch schreibt. Mit all den vielen Menschen, denen es nicht anders geht. Und wir können es nicht hindern, daß doch zuweilen eine Stunde der Ungeduld über uns kommt, da wir an den Schranken rütteln möchten und uns stoßen an den Wänden des dunklen Ganges, durch den wir jetzt gehen müssen. Schätzelein! Und dabei haben wir allen Grund – nimmer wollen wir es vergessen – froh und dankbar dreinzuschauen. Und eines Tages wird unsre Geduld gekrönt sein mit dem herrlichsten Preis.

Ach Herzelein! Nicht verzagen! Wenn wir auch noch nicht das Ende absehen! Wenn es auch manchmal ganz dunkel um uns scheinen möchte. Es ist nur Ungeduld, die uns zagen machen möchte. Sie geht vorüber. Gott im Himmel bleibt! Und unsre Liebe und Treue! Geliebte! Sie soll nimmer auch nur wanken! Oh, wie froh dürfen wir sein, weil wir so gestimmt sind. Schrecklich, wo zu Ungeduld und Dunkel des Schicksals sich noch Nacht und Abgrund der Untreue und verratener Liebe gesellen!

Du und ich, wir haben Gott im Himmel. Wir wissen ihn über uns, Tröster, wenn niemand mehr trösten kann, Helfer, wo alle Hilfe vergeblich scheint, Lenker des Schicksals. Aus seiner Hand nehmen wir Freud und Leid – Gott ist allgerecht, allweise, allgütig. Und Gott bedenkt unser Schicksal, wir sind ein Paar auch vor ihm – das glauben wir fest. Oh Geliebte! Mit Dir will ich die Hände falten und vor ihn treten und nicht ablassen, um seinen Segen und seine Gnade zu flehen.

In Gottes Hand legen wir das Glück unsrer Liebe. Und nun ist es wi[e] unser Glaube eine feste Burg, eine Geborgenheit und Zuflucht.

Damit sind wir sooooo reich! Das allein ist schon soooooviel Gnade!

Oh Herzelein! Ich weiß, daß Du mein wartest – ich weiß, daß Du zu mir stehst, mag kommen, was da wolle – ich bin gewiß, daß Dir unsre Liebe das köstlichste Gut ist hier auf Erden – ich weiß, daß Du erfüllt bist von dem Glauben, daß Dir aufgegeben ist von Gott, zu warten, daß unsre Liebe Gottes Geschenk ist, das wir nimmmermehr veräußern können.

Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Sollst ganz, ganz froh warten! Ich warte mit Dir der erlösenden, befreienden Stunde. Deine Liebe wird immer mit mir sein! Dein Bild ist mir immer gegenwärtig! Oh Schätzelein! Wie Dir ist auch mir unsre Liebe verankert in Herzens und Wesens Grunde, ist geheiligt durch den Glauben an Gottes Schickung.

Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Ich halte Dich ganz fest! Ich lasse Dich nimmer! Dir will ich heimkehren! Dir weiß ich mich verbunden bis in den Tod!

Oh Du! Nur so ist es schön - zu lieben! So ganz! Erst so ist rechte Liebe! Und das sollst Du immer wissen – auch später, wenn wir immer umeinander sind, wenn wir unsre Liebe gesichert wissen: Meine Liebe gehört Dir so ganz. Geliebte! Wenn ich bedenke, wie die jungen Menschen es hier halten, fast alle, dann ist neben allem anderen daran so erschreckend, daß sie gar nichts ahnen von der Seligkeit guter Liebe, von der beglückenden Ganzheit der Liebe. Daß sie gar nichts in sich tragen und fühlen von dem Wunderglanz und Märchenglauben echter Liebe.

Schauten sie noch nie in die Tiefe vergeblicher Liebe? Lasen sie noch nie von der Liebe bis in den Tod! Hörten sie noch nie singen und sagen von hoher Liebe, daß ihr Sehnen gerichtet wurde auf solche Größe und Leiden[sc]haft der Liebe? Begegnete ihnen noch nie ein Menschenkind, das den Wunsch nach solch hohem Lieben in ihnen lebendig werden ließ? Ach sie sind ja noch alle so jung und unreif, 18, 19, 20 Jahre, und gehen den Irrlichtern nach über dem Sumpf, suchen die Liebe in den häßlichsten Niederungen, nehmen böse Lust für Liebe, spüren gar nicht die Fadheit des Genießens, und vergiften sich für ihr ganzes Leben. Glück des Einsseins – sie werden es nie empfinden. Krönung der Liebe – sie wissen nicht darum.

Und letztlich ist es überall dieselbe Not: Not des Glaubens. Wer nicht um Gott weiß und seine Allmacht und Vollkommenheit, wird nie menschliche Unzulänglichkeit und Hinfälligkeit empfinden, wird nicht von Sehnen ergriffen werden nach Gutsein und Streben. Wird nicht das Göttliche in der Welt erkennen. Wird nicht sehen, wie überall göttliches Wunder und Weben uns umgibt.

Oh Herzlieb! Die wir das erkennen, wir haben ja auch die Pflicht, darnach zu handeln. Wir wollen es mit unserem Beispiel. Wir wollen es, indem wir selbst mit Treue an unserem Glauben halten. Gebe Gott, daß der Glaube unter uns Menschen nicht sterbe! Denn mit ihm stirbt alles, alles – er ist die Wurzel. Wenn sie verdorrt, muß alles absterben. Und in meinem Beruf wird soviel Gelegenheit sein, harren soviele Aufgaben – er soll mir darum ganz lieb werden.

Herzlieb! In diesen Herbsttagen denk ich auch immer einmal des Menschenkindes, das an meinem Wege stand und die Sehnsucht nach guter, edler Liebe weckte. Ich habe es ja nie ganz kennengelernt. Aber wie ich es schaute, vielleicht auch, damit, was ich ihm andichtete und beimaß – rief es allen guten Glauben und alle Sehnsucht auf nach guter, großer, tiefer Liebe. Ich glaube, das [sic] kein Mensch umsonst an unserem Wege steht. O Herzelein! Seitdem ist der Glaube in mir an gute, hohe Lobe Liebe, das Sehnen nach glückhaftem Einssein. Herzelein! Damals wurde der Grund gelegt zu dem Thron in meinem Herzen. Oh Geliebte! Ermißt Du wohl, wie glücklich ich bin? Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Weil ich Dich habe! Weil ich Dich fand! Weil all mein Glauben und Sehnen Erfüllung findet in Dir! Du!!! Ich habe Dich sooooooooooooo lieb! Du bedeutest mir alles, alles!!! Und Du suchtest so wie ich, und glaubst so wie ich – darum sind wir so glücklich! Du! Du!!! Wie soll ich es Dir denn noch sagen, Dir es zeigen, wie unersetzlich und wie lieb Du mir bist, wie Du bei mir wohnst zutiefst im Herzen, oh Schätzelein, wie Du mich ergänzt, wie ich mit Dir nur ein Ganzes bin!

Oh komm, Du liebes, großes, gutes M[en]schenkind, Du liebe Menschenseele, Du mein Weib, daß ich mich eins fühle mit Dir – höchstes Erdenglück! Oh Goldherzelein! Du bist die Seele, die ich suchte – und ich bin Dein, Deine Seele!

Gott im Himmel sei uns gnädig! Er halte uns dankbar und demütig im Glücke!

Ach Herzelein! Mein Sinn wollte sich ein wenig umdüstern, weil ich das Unglück dieses Krieges bedachte. Aber nun ist er wieder ganz froh, ganz innerlich froh – er ist es immer! Weil ich Dich in meinem Herzen weiß. Oh Geliebte! Um unsrer Liebe willen wartest Du mein – will ich Dir zurückkehren! Wir halten einander ganz fest, halten durch! Gott helfe uns dabei!

Ich küsse Dich ganz lieb! Ich bin Dir sooo sooooooooooooo gut!

Ich habe Dich sooooooooooooo lieb!

Ewig Dein [Roland]!

Dein glückliches Mannerli!

Herzlieb! Goldherzelein, Du!!!!! !!!!! !!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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