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[OBF-411125-002-01]
Briefkorpus

O., Dienstag am 25. XI. 1941.

Herzallerliebste! Du!! Mein Herzenschätzelein! Geliebter!

Heute habe ich aber einen Drasch, Du! Der Tag war zur Pfefferkuchenbäckerei bestimmt. Es fing schon gut an! Mutsch, die um 5 früh mit aufsteht, um Papa fertig zu machen für den Dienst, geht dann nochmal ins Bett; denn es hat keinen Zweck so frühzeitig zu heizen und Licht zu brennen. Kurz und gut: ½ 9 wecken mich Klingeltöne, der Milchmann! Verschlafen!! Nun aber rraus [sic]! Lumperei![E]he ich überhaupt Kaffee getrunken hab, bin ich rasch meine Wege gegangen zum Fleischer, damit das Essen zur Zeit fertig wurde: Schweinsknochen mit Gräupchen und Kohlrabi kochten wir. Und zum Krämer, wollte sehn, was er für mich zum Backen hatte. Es gab aber nur bissel Staubzucker und Sirup. Wenn ich Deine Mandeln nicht gehabt hätte und Dein Gewürz, da wäre ich am Ende meiner Backkunst gewesen. Du! Wenn Du Gelegenheit hast, wieder mal Nelken und Zimt zu kaufen, dann tu' es bitte Herzlieb! Wir sind gleich fertig damit. Ich hatte doch geteilt mit Deiner Mutter. Also mit der Fettigkeit sieht es heuer böse aus. Die Mutter hat von einer Arbeitskameradin ein Angebot gemacht bekommen: wenn sie ihr ½ lb Mandeln gibt, kriegt sie 1 lb Butter; denn ihr Mann schickt welche aus Frankreich. Und wir haben nun auch eingewilligt. Wir kriegen sonst unsre Backbutter überhaupt nicht zusammen. Du? soll ich denn von den Mandeln der Mutter die Hälfte abgeben? Oder schickst Du an sie noch welche? Sie wartet doch sicher auch darauf. Und eine Bitte habe ich noch, für Elfriede Tee! Weißt? Sie war so nett und besorgte mir den Staubmantelstoff, da möchte ich mich gerne abfinden und ich habe doch nichts, womit ich sie erfreuen könnte. Denkst mal mit daran, Herzlieb? Es war mittlerweile ½ 12 geworden, ich hatte keine Milch zum Backen. Als ich hinkam zum Milchmann, war er noch nicht von der Tour zurück. Gut! Wollte ich's mit dem Essentragen versuchen, nochmal zu fragen. Dann klappte es auch. Denke Dir! Der Milchmann ist 47 Jahre alt, bekam heute Order und muß übermorgen eintreffen in Chemnitz!

Sie sind ganz außer sich! Wer soll das Geschäft weiterführen? Eine Frau kann die schwere Arbeit nicht alleine machen.

Ja. Nun war es schon 1 Uhr vorbei, als ich endlich mit meiner Bäckerei beginnen konnte. Herzelein! Ich habe mir tüchtige Mühe gegeben aus Wenigem etwas Gutes zu bereiten. Hoffentlich habe ich Deinen Geschmack getroffen, Du! Mein Mannerli! Noch einen Tag müssen d[ie] Schnitten stehen, dann kann ich sie abschicken. Ob denn alles pünkt[li]ch ankommt, zum Geburtstag und zu Weihnachten? Ich wünschte es! Du hast es unklug eingerichtet mit dem Geburtstag, kommst schlecht weg! Herzelein! Ach - ich warte noch auf ein Weihnachtsgeschenk auf für Dich! Und es rührt sich nichts. Ich hab doch sonst nichts als den Stollen! Wenn es nur noch käme! Ich möchte Dir doch so gerne ein wenig Freude machen, Du!!! Geliebter Du!!!

Herzelein! Bist mir gewiß nicht böse, wenn ich Dir heute nur kurz schreibe, ja? Ich will der Mutter noch ein wenig mit Wäsche legen helfen, ich kann's nicht gut sehen, wenn sie sich allein plagt. Und zuerst renne ich zur Post, daß Dein Brief fortkommt. Ich bekam nichts heute. - Am Abend hab' ich Kursus. Nachher, wenn Vater kommt, muß das Abendbrot fertig sein.

Eben war die Ilse S. bei mir, sie wollte wissen, wo ich den schönen Adventskranz mit Ständer her hatte. Herzliche Grüße an Dich! Auch von Trudi G., die schrieb mir heute, es gefällt ihr sehr! Ihr Vater ist nun auch in Rußland. Die Mutter bei ihren Eltern. Ach Herzlein! Immer gibt's Drasch! Wenn Du bei mir bist, da nehme ich mir sooo viel Zeit! Da schaffe ich nicht den 3. Teil von dem, wenn ich alleine bin! Aber so muß es doch auch sein, wenn sich zwei ganz sehr gut sind, gelt? Die sind nur füreinander da! Du!!! Du!!! Ach, ich freue mich schon wieder auf die Zeit, da Du bei mir sein wirst! Meine Herzenschätzelein! Gott behüte Dich mir!

In Liebe ganz Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946