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[OBF-411122-001-01]
Briefkorpus

Sonnabend, den 22. November 1941

Herzelein! Schätzelein! Mein liebes, teures Weib!

Du! Du! Du! Was machst mir für Geschichten! Herzelein, Du! Mein Weib! Geliebte! Komm! Komm!!! Komm!!!!! Herzlieb mein! Du! Laß Dich küssen – ganz lieb! Lieb!!! – Laß sie all die Dir wegküssen, die Tränen Deiner Liebe! Will mein Köpfchen neben Deines legen!  Sollst alles ganz warm und lieb bergen bei Deinem Mannerli! Komm! Komm!!! Ganz nahe! Soll nur noch das böse kranke Nasl herausschauen! Bring mir die kalten Füßlein und Beineln! Komm Schoß an Schoß und Herz und an Herz! Halt Dich ganz fest an mir! Ach Du! Gib mir doch etwas ab von dem bösen Frost! Schätzelein! Sollst mich Dir ganz ganz nahe wissen und fühlen! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Du! Mein liebes Weib! Ich bin Dein Mannerli! Gehöre Dir am ersten und nächsten! Und du hast nach mir gerufen! Hast nach mir geschrien – Liebste! Herzallerliebste! Du!!! Helfe Dir Gott in Deiner Not! Halt mich fest, Geliebte! Halt Dich ganz fest an mir! Gott wird helfen! Gott muß helfen! Er sei uns gnädig!

Laß Dich trösten, Herzelein! Wein Dich aus! Es löst allen Schmerz! Und bitte, bitte, bitte! Bring mir alle Sorgen! Alle, alle, alle! Sag sie mir alle, die bösen Gedanken auch!  Ich will sie helfen bannen! Oh Du liebstes, herzallerliebstes Weib! Ruf mich! Du hast mich so unendlich lieb! Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Du mußt nicht sterben! Du bist auch gar nicht so sehr krank. Hast kaum Schmerzen. Nicht einmal richtig Fieber. Also brauchen wir nicht an Kopfgrippe zu denken! Hast nur einen ganz schlimmen, hartnäckigen, verstockten Schnupfen. Und Dein liebes Näsl will die Luft nicht durchlassen. Und zwischen Ohr, Nase und Rachen ist der böse Schnupfen eingekreist, und nun gilt es ihn einzukesseln und ihn auszutreiben zum Mundl und Näsl hinaus.

Ach Schätzelein! Könnt ich doch bei dir sein! An Eurem Kurieren ist meiner Ansicht nach etwas falsch: Ihr tut zu viel des Guten – und zu viel durcheinander. Hustenmedizin – Ohrenträufeln. Und mir scheint, es gilt vor allem darauf bedacht zu sein,  daß alles fein warm steckt – der ganze Patient, und die Füßlein und Beinchen und das brummige Köpfchen. Am Tage fein das Haus hüten und jeden Luftwechsel vermeiden – nachts nicht im kalten Stübchen schlafen, so kalt, wie es jetzt bei Euch schon ist! Und wieder alles fein einpacken. Einen Wollschal ums Köpfchen, daß nur Mund und Näschen herausschauen – und dazu ein bißchen geduldiges Zuwarten – so, mein ich muß der Schnupfen sich eines Tages stellen. Ach Herzelein! Könnte ich Dir doch  warten helfen! Ich wollt Dich anschauen und würde immer einen neuen Einfall haben, wie wir noch besser helfen könnten! Du, Schätzelein!  Ich kann so froh und mutig sein, wenn eines krank liegt!  Und die böse Nacht? Armes, liebes Weib! Ich schlaf ja schon lange so schlecht und unruhig – und nun am vorigen Sonntag war es besonders schlimm. Die Schwitzkur war schuld! Sie schwächt und regt auf. Laßt mir diese Pferdekur nur. Sie ist nichts für Dich! Und nun hat das Gefühl der Schwäche Dir die bösen Gedanken eingegeben. Gott schütze dich! Er schenke Dir Mut und Kraft und festes Vertrauen! Er bewahre dich vor aller Herzensnot.  Atemnot, auch eingebildete, ist etwas Schreckliches. Ich habe sie gespürt, als ich meine Rippenmuskelnervenentzündung hatte. Bei jedem Atemzug ein Stechen wie von tausend Nadeln, daß ich kaum zu atmen wagte.  Oh Herzelein!  Du sollst ja immer gesund sein an meiner Seite – Gott walte es gnädig! – aber wenn Du immer krank sein solltest, Du! Du!!!! – dann sollst Du an mir ein ganz liebes Mannerli haben – so wie in Deinen gesunden Tagen! Ich will immer um Dich sein, bei Tag und Nacht. Ich will Dir aufhelfen mit all meiner Liebe!

Herzensschätzelein! Ich weiß und fühle es, daß es dir wieder besser geht!  In der Nacht zum Freitag, da ist dem Mannerli im Traum doch das Brünnlein übergelaufen. Ich weiß den Traum nicht – und hätt['] ihn doch so gern gewußt – ob mein Herzlieb auch darin war! Und in der vergangenen Nacht, da hat es mich doch noch einmal so bedrängt – mitten in der Nacht erwachte ich – da hab ich Dich doch ganz lieb haben müssen – hab mit Dir geredet – Du!!! Du!!! Lauter närrisches, liebes Zeug – und hab das Kopfbettlein müssen in die Arme schließen, mein liebes, liebes Weib!, und hab dich müssen ganz sehr liebhaben – oh Du!!!!! Ich mußte dich sooooooooooooo liebhaben – Herzelein, Du!!! Und nun weiß ich, daß auch Du wieder besser bei Kräften bist – daß Du über die böseste Zeit hinweg bist. Gott gebe es! Ihm sei Lob und Dank darum.

Aber du, Herzlieb!, wirst Dich nun ganz fein schonen! Bitte, bitte! Folge mir! Folge der lieben Mutsch! Sie meint es so herzensgut! Und folg Deinem Mannerli! Ich mein es so gut wie die liebe Mutsch! Ja? Und noch ein bissel guter? Du!!! Wie ein Mannerli, ein Herzensmannerli es eben gut meinen muß mit dem geliebtem Weibe! Du !!!!! !!!!! !!! Herzelein! Zwei ganz liebe Boten sind zu mir gekommen heute!  Und eigentlich müßt ich ein bissel zanken: 15 lange Seiten vom Sonnabend!!! Schätzelein Du! Nimmersatt! Du drückst mich doch ganz tot mit Deiner Liebe! Das Mannerli kriegt doch nun gar keine Luft mehr. Ach Du! Du!!! Machst mich doch so unsagbar glücklich mit Deiner Liebe, mit deinem Vertrauen, mit Deinem weichen Goldherzelein, daßs Du wieder so ganz öffnest und vor mir ausbreitest – Geliebte! Geliebte!!! Wie beseligt fühle ich Dein ganzes Vertrauen, Deine ganze reiche Liebe mir zuströmen. Ich weiß es, wie Du mir eben nur all dieses unschätzbare Vertrauen eines Weibes und Deine kostbare Liebe bringst. Ich fühle es quellen, alles Vertrauen, alle Liebe – sie drängt Dich, daß du sie mir mitteilst – sie macht Dich so beredt und aufgeschlossen – oh Schätzelein! Schatzkämmerlein! Goldherzelein! Ich bin das glücklichste Mannerli auf dieser Welt – ich habe das Schlüsselein zu diesem Schatzkämmerlein, zu Deinem Vertrauen! Zu Deinem Herzen! Ich wohne in Deinem Herzen, dem Brunnen Deiner köstlichen Liebe! Herzlieb! Sie ist doch die allerköstlichste, die mir geschenkt werden konnte. Sie ist so wunderselten! Du! Du!!! Hast mich gerufen in Deiner Angst! Hast um mich geweint!  Wolltest nur mich – niemanden sonst! Oh Herzelein! Das ist zu viel Glück, zu viel Liebe beinahe! Wohin soll ich mit allem Glück!

Oh Schätzelein! Geliebte! Wie soll ich es Dir sagen? Oh Du!!! Du bist doch die Königin meines Herzens! Und Dein Thron ist doch so fest – und meine Verehrung und Liebe zu Dir so groß – ich werde doch in diesem Leben gar nicht fertig, Deinen Thron recht zu schmücken und Dir zu dienen in Liebe!

Du bist doch das Gefäß meiner Liebe! - und Dein Herz ist so groß und weit und meiner Liebe aufgeschlossen – ich werde doch gar nimmer fertig, es auszufüllen mit meiner Liebe – ich muß Dich lieben über mein Leben hinaus mit aller Kraft meines Herzens.

Darum sollst Du nie, nie bangen – sollst niemals zweifeln: Ich bleibe Dir! Dein! Ganz Dein! Ich kann Dich nimmermehr verlassen! Ich muß Dich lieben, lieben!!! Du nährst all meine Liebe und machst sie heiß entbrennen mit Deiner Herzensgüte, mit Deiner Liebe, mit Deiner Schönheit – ach, mit Deinem unendlichen Lieben! Oh Herzlieb! Heiß entbrennen machst Du meine Liebe, und mein Herz hochschlagen und mein Brünnlein springen und quellen! Oh Herzlieb! Siehst Du den Brand, die Glut unsrer Liebe? Siehst Du die Flammen sich vereinen und verschlingen? Siehst Du die beiden Herzen sich durchdringen? Fühlst Du die beiden Ströme münden ins Meer der Liebe?

Oh Geliebte! Lass mich Deinen Sonnenschein sein -  du hast ihn doch geweckt. Deine Geborgenheit! Deine Wärme! Deinen Gesellen! Dein Mannerli! - Bei dir bin ich es doch geworden! Oh Geliebte! Ich mag nimmermehr in die Einsamkeit! - bei dir bin ich so froh und reich und glücklich geworden – bei Dir! Bei dir!!!!! Ich laß dich nimmermehr! Laß sie nimmer los, die liebe, geliebte Hand. Ich gehöre Dir vor Gott und den Menschen – und in meinem Herzen!  Mein Leben ist an das Deine gekettet.

Und Gott ist mit seinem Segen bei uns – wir wissen es! Ach Schätzelein! Wir fühlen es beide wieder und wieder, daß wir nur Gott diese Liebe anbefehlen können, sonst müßten wir bangen darum!

Geliebtes Herz! Sollst dir um mich in diesen Tagen gar keine Sorgen machen. Ganz warm steckt Dein Mannerli!  Hat auch seine Pantoffeln mit – ja! Und Weihnachten? Oh Herzlieb! Sei ganz getrost!  Sei auch ganz fröhlich!  Ich weiß den Ort, da ich alle überströmende Sehnsucht, alles Heimgedenken hintragen kann, wo ich die schönste und reinste Weihnachtsfreude erleben  werde – im Gottesdien[st]. Heimat, mitten in aller Fremde!  Ich freue mich schon so sehr darauf!  Er wird jetzt im evangelischen Gemeindehaus abgehalten – in würdigem Raum -  und ein Harmonium, ein gutes, steht darin. Und dazu noch der Christbaum – und die Weihnachtslieder – – – oh Herzlieb! Dann bin ich zu Haus! Und bin auch ganz bei dir! Und werde ganz froh!

Und denke daran, daß es dann gar nimmer lang dauern kann, bis ich dir heimkehre – Schätzelein, geliebtes Weib! Auf Urlaub! Dein Mannerli ist dann bald wieder dran!!!  Und Kamerad H. wird hier sein – er kommt voraussichtlich am Donnerstag! Oh Schätzelein. Und sei auch Du recht froh dann – froh im tiefsten Herzen- froh aus der reinsten Quelle, aus dem Wissen um Gottes Liebe und Gnade. Und wenn dann die Glocken das neue Jahr einläuten daheim, dann wollen wir Hand in Hand dankbar stehen – jeder Tag dieses bösen Jahres war ein Geschenk seiner Gnade! Und das neue Jahr?

Wir nehmen mit hinüber unser Hoffen und Glauben – und unsre Liebe! Oh Du! Daß wir sie haben! Daß sie uns geschenkt wurde!

Daß ich Dich habe! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Daß Dein junges, reines Mädchenherz sich mir zuwandte – daß mir Dein edles Frauenherz gehört – Oh Geliebte! Welchem Manne öffnet sich Weibes Art und Weibes Liebe noch so weit, so tief, so bezaubernd Herzlieb! Du! Möchte ich Dich immer ganz erfüllen! Möchte ich Dich immer ganz beglücken!

Du! Mir ist nicht bange darum! Weil wir ganz eins sind. Weil Du meine Liebe so heiß brennen machst- Du!!! Weil zwischen uns der Liebe Strom geht! Weil wir zueinander gehören. Oh! Schenke uns Gott nur ein Wiedersehen! Ein Wiedersehen für dieses Leben! Schon dieses Geschenk seiner Gnade – es wird uns für immer aneinanderweisen, verbinden zu gemeinsamem Loben und Danken, zum Leben in seinem Namen!

Nun behüte dich Gott! Mein Herzelein, Du! Ach, ich sitze jetzt in Gedanken an Deinem Bettlein. Ich muß das liebe Köpfchen in meine Hände nehmen. Aus Deinen Augen strahlt mir alles Geliebtwissen – und von Deinem Munde spricht die Huld, die mir die kostbarste ist auf Erden – und von Deinen Lippen kommt alle Süßig[k]eit, die einzige, die ich mag, von Dir nur mag ich sie – und in meinen Händen halt ich alle Liebe, meinen ganzen Reichtum, meinen [k]ostbarsten Schatz, Dich! Geliebte!, mein, mein! Selig fühl ich es. Ich muß Dich küssen! Muß Wange an Wange fühlen! Oh, so wollte ich verwalle verweilen. So bei dir wachen und Dich gesund warten! Geliebtes Weib! Ich habe Dich so sehr lieb! Du mußt nur heilen! Gott schenke dir Gesundheit! Und erhalte dich ganz froh. Ich bin doch so glücklich, daß ich Dir Sonne bringen kann und Schmerzvergessen!  Daß ich Dir etwas sein kann! Geliebte!

Ich bleibe Dir! Ich bin immer bei dir! Ich bete für Dich. Du sollst mich weisen! Du rufst mich, mich, in der schwersten Stunde, und ich will kommen. Will dir ganz nahe sein und aufhelfen  mit all meiner Kraft. Oh Herzelein! Ruf mich immer! Jetzt und immer! Du machst mich so glücklich! Erzähl mir immer, immer nur von Deiner Krankheit – ich höre Dich, ich werd gar nicht müde. Ich will dir doch sooo gern helfen! Ich weiß doch gar nichts Lieberes! Weil ich dich sooo, sooooooooooooo lieb habe!

Schätzelein! Herzelein! Goldherzelein! Geliebte! Du! Mein! – Dein!

Ewig Dein R[oland]

[Seitenfeld mit Bild von zwei Herzen:]

Du! Ich möcht dich gesund küssen! O Du!!! Geliebte Du!!!  Du!!!!! !!!!! !!! Kennst Du das Wappen? Weißt es auch ganz zu deuten? Du!!!!! !!!!! !!!

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Einordnung
Ausschnitt aus dem Brief. Eine einfache Zeichnung eines Herzens ist in den Text eingebettet.

Ba-OBF K02.Pf1.411122-001-01a.jpg. Ausschnitt aus dem Brief.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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