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[OBF-411117-001-01]
Briefkorpus

Montag, den 17. Nov. 1941

Herzlieb! Herzensschätzelein! Mein liebes, liebes Weib!

Du! Ich lese sonst die Kurzgeschichten nicht unter dem Strich — und heute abend blieb ich doch an dieser hängen — — "D-Zug München-Partenkirchen — Liebe auf den ersten Blick" — so las ich — und las dann ganz. Geliebte! Du!

Begegnung! Flüchtigkeit der Begegnung! Einmaligkeit und Glückhaftigkeit oder Tragik der Begegnung! Begegnung in diesem weiten Weltall! Weltenglück! Weltenschmerz! Gewonnen für immer! Verloren, vorüber für immer! Oh Herzlieb! Fühlst Du mit mir die Weltenweite und Abgrundtiefe und finstere Nacht solchen Verzichtes, solcher Enttäuschung, solchen Schmerzes? Oh Geliebte! Wie kann der ohnmächtige Mensch doch emporgetragen werden von einer Welle des Glückes — und wie kann er zerschmettert, wie kann eine ungeheure Schmerzenslast auf ihn geladen werden! Wie kann die Sonne des Glückes ihm scheinen - und wie die Eiseskälte des Weltalles ihn erstarren machen! Oh Geliebte! Ich weiß, Du kannst sie mit mir nachempfinden! Du!!!

Wir sind zwei von den Glückskindern, die die Welle großen, echten Glückes emportrug, die glücklich zueinander fanden. Oh Geliebte! Zueinander fanden so schicksalhaft, so schicksalbestimmt, wie eben diese beiden Menschen der Geschichte einander verfehlten.

Schuld? — Keine Menschenschuld. Darum zittert auch die Weltenweite und -größe durch dieses Schicksal. Und dieses Frauenherz — sterben kann es nicht — es muß schmerzvoll verzittern bis an sein Lebensende wie das Blatt am Baume an seiner letzten Faser — Und wenn diese Frau nun auch einem anderen angehört — in ihrer Herzens Schrein, dem innersten, da wohnt dieses Weh — und jeder glückliche Augenblick, jeder Sonnenstrahl muß diesen Schmerz aufwecken und anrühren.

Oh Du! Mein Seele! Meine Goldherzelein! In diesen dunkeln Tagen des November, da alle Kälte und alles Dunkel dieser Welt so erdrückend uns bewußt wird, da der Einsame sich doppelt einsam fühlt, da der Betrübte und Schmerzbeladene unter seiner Last doppelt schwer trägt — Oh Geliebte! Da will mir alles Glück, alle Gunst des Schicksals, mein Weib! Alle Gnade — so glauben wir und wissen es — recht bewußt werden! Oh Du! Du!!! Ich fühle Deine liebe Hand/Fühle Dich an meiner Seite! Seelengeschwister! Schwesterseele! Wandergeselle mein! Du, lieber Stern, mein Begleiter durch diese Erdenwelt! Erfüllung meines Sehnens! Erlösung meiner Einsamkeit! Weib, Du! Mein Weib!

Gottesgeschenk!

Oh Geliebte! Laß uns ganz stille werden! Laß uns danken, tief danken!

In unsrer Herze[n] Mitte ist Sonnengold des Glückes, das alles dunkel [sic] um uns her übersonnt und überstrahlt.

Oh Geliebte! Ich empfinde und fühle die Größe und Tiefe und Einmaligkeit dieses Glückes - ich schaue die ganze Kostbarkeit Deiner Liebe und die Gnade unseres Bundes. Herzelein! Du!! Die Geschichte unsrer Liebe ist das Gegenstück zu der vorliegenden - Weg zum Glück, Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Herzlieb! In unserem Glück Deine erste große Liebe verschmolzen mit der meinen! Nicht Verzicht - glückhafte Erfüllung! Nicht Vergessen - glückhafte Wirklichkeit! Oh Herzelein! Deine große Liebe zu der meinen! Du!!!!! Goldherzelein! Du hast sie angeschlagen, die Ader meiner Herzensli[eb]e! Du zu allererst und allertiefst! Und nun muß sie verströmen zu Dir - oder sie müßte verbluten! Geliebte! Du hast meine erste Liebe! Hast meine ganze Herzenliebe! Ich habe Dich liebgewonnen! Oh! sooo lieb gewonnen, wie ich es kaum ersehnen konnte! Herzelein! Habe Dich gewonnen — und werde Dich so festhalten, sooo ganz fest! Oh Schätzelein! Nur was man gewinnt, kann man so festhalten! Kann man sooo liebgewinnen! Ich bin sooo sehr glücklich mit Dir! Gott sei mit Dir! Er schenke Dir Frohseinm und Gesundheit! Herzlieb! Ich bin Dir sooo gut! Ich liebe Dich! Und in mir ist soviel Glück und Sonnenschein und Wärme: Ich habe Deine erste große Liebe! Herzlieb! Du!!! Mein Weib! Mein liebes Weib!!!!! !!!!! !!!

Ich bin Dein! So ganz, ganz Dein! Ewig

Dein [Roland]!

Dein Mannerli! Du!!!!! !!!!! !!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946