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[OBF-411109-002-01]
Briefkorpus

Sonntag, am 9. November 1941.

Herzensschätzelein! Du mein liebster [Roland]! Mein Herzensmannerli!

Da haben sie nun Deinem Wildfang so recht einmal die Flügel beschnitten! Ganz matt und schwach sitzt er jetzt auf dem Sofa und hat kaum soviel [sic ]Kraft in den Armen, die Feder zu führen. Du! Das alles läßt mich doch nicht werfen [sic]. Ich muß heute trotzdem ein bissel mit Dir reden und wenn es nur [ein] paar Worte sind. Ach Du! Weißt ja so genau, daß ich immer stille Zwiesprache mit Dir halte, auch wenn ich Dir nicht schreibe! Mein Herzelein Du! Heute kamen doch schon wieder zwei ganz liebe, liebe Boten von Dir an — von Montag und Dienstag. Ich möchte Dir so sehr danken, Du!! Von Herzen danken! Ich kann es Dir heute nur mit den drei Worten, ach, so schlicht sie auch sind — sie umschließen für mich eine ganze Seligkeit! Die ganze Welt! Du!! Ich liebe Dich! Mein [Roland]! Du! Ich liebe Dich! Nun will ich Dir erzählen von meinem Sonntag, Du! Bis um 9! habe ich geschlafen — ich war soo müde — wir waren im Konzert, ach Du! Es war soo schön! Ich habe so sehr an Dich gedacht! Hättest auch Deine helle Freude an den Leistungen dieser Künstler gehabt. Ein zahlreiches, dankbares Publikum füllte den Raum, man ging mit dem Gefühl heim, reich beschenkt worden zu sein.

Für mich war es viel, mit meiner Erkältung. Ich wollte aber so ungerne ferne bleiben, die ganze Zeit hatte ich mich so darauf gefreut. Solltest nur mal gesehen haben, wie warm ich mich anzog! Und über alles den Pelz und noch Dein Fellchen drum! Das legte ich auch drinnen nicht ab! Warst also ganz nahe an mich geschmiegt, Herzelein! Ich konnte vor Schnupfen kaum Luft kriegen und heute mittag nach dem Essen und aufräumen, da nahm mich Mutsch beim Schopfe, steckte mich in die Badewanne, von da ganz naß wie ich war auf das vorbereitete Schwitzlager aufs' Sofa! Nun [m]ußte ich 1 Stunde stecken bleiben — die mir zur Qual geworden wäre, wenn nicht ein so schönes Konzert durch allen Mummenschanz zu meinen Ohren gereicht wäre "Schöne Melodien großer Meister", unter anderen hörte ich von Grieg: Peer Gynt's Heimkehr— Solveigs Lied — Schumanns "Träumerei" — Konzerte von Haydn und Mozart. Nochmal ging's in die Wanne, hier wurde ich abgeseift, Du!! Du!! Wo blieb er nur, mein herzlieber Bademeister? dann [sic] ganz fein trocken gerieben und aufs Sofa zum Nachschwitzen. Ich bin aber soo kaputt nach dieser Pferdekur, ich ersehne weiter nichts als mein Bettlein! Und Dich, Herzlieb und Dich! Schlafen möchte ich dann — schlafen! Ich bin so richtig matt. Soo müde! Und dabei ist es erst 7 Uhr vorbei. Was wirst Du wohl jetzt treiben? Ob Du auch an mich denkst? Herzelein! Ich sitze in Deinem Schlafanzug auf dem Sofa, den Tisch herangerückt. Ach Du! Sei mir nicht böse, wenn ich heute nicht viel schreibe! Ich muß erst einmal schlafen, ganz fest schlafen nach dem Schwitzbad. Wenn ich doch erst ganz gesund wäre! Du!! Ich lieb Dich! Oh Du!!! Ich lieb Dich doch sooo sehr[,] Herzelein! Auf Wiedersehn, morgen!

Gott behüte Dich mir, Herzelein! Ich denke ganz lieb an Dich! Du!! Immer — ach immer! Ich bleibe stets

Deine [Hilde], Dein!!! Dein!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946