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Briefkorpus

Sonnabend, den 1. Nov. 1941

Herzensschätzelein! Mein liebes, teures Herz! Geliebte!

Sonnabend - Wochenende - eben sind wir aus dem Kino nach Hause: "Die Barmherzige Lüge". Ein ernster Film. Er hat mich kaum berührt. War ich nicht empfänglich heute? Oder war die Hauptdarstellerin nicht ausdrucksvoll genug? Oder war es das Milieu, das mich befremdete?

Ich erzähle Dir morgen noch davon, wenn ich denke, daß es lohnt. Nun ist es schon spät. Ich bin heute eher nicht zum Schreiben gekommen. Kamerad K. ist morgen Schreiber vom Dienst – so wollte ich ihm die Bitte nicht abschlagen, ihm heute abend Gesellschaft zu leisten. Morgen bin ich ganz allein – mit meinem Herzlieb! Du!!! Ich freue mich doch schon ganz sehr darauf. Aber Du darfst heute  nicht leer ausgehen. In der Mittagsstunde heute war ich zum Schreiben nicht gesammelt. Drei liebe Boten waren da für mich von meinem Herzlieb! Und die bewegten doch mein Herz zu sehr – Du! Du!!! Bewegten es, daß ich nur mit Mühe Worte gefunden hätte! Herzensschätzelein, Du!!! Liegst nun gewiß schon im Bettlein. Und wenn ich Dir Dank sagen will jetzt, muß ich doch an Dein Bettlein treten. Oh Geliebte! Laß mich Deine Stirne küssen, und Deine lieben Hände! Laß mich Dir über das liebe Köpfchen streichen, Du! Laß Dich küssen! Ganz leise, lieb und zärtlich! Oh Herzlieb! Laß meine Augen Dein geliebtes Antlitz umfangen, laß es beseligend schauen, wie Du glücklich ruhst in der Gewißheit meiner Liebe! Oh Herzlieb! Lies aus meinem Augen meinen Dank, mein Glück, meine Liebe!!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich sooooooooooooo sehr!!!

Herzlieb! Du hast meiner so unendlich lieb gedacht. Oh, Du! Du!!! Du hast mich so sehr lieb! Ich habe Deine ganze große, reiche Liebe! Du bist mein liebes Weib! Für dieses ganze Leben! Nichts vermag uns zu scheiden! Oh Geliebte! Weißt Du denn, wie glücklich Dein Mannerli ist? Daß ihm diese einzigartige, wundersame Mädchenliebe erblühte zu der großen tiefen Liebe seines Weibes? Oh Herzlieb! Ich weiß, daß ich in Dir ein ganz seltenes Herzblümelein fand - mein herzallerliebstes, einziges Weib! Herzlieb! Du! Selten in dem Reichtum und der Güte seines Herzens – und selten, wie es zu mir paßt! Oh Geliebte! Geliebte!! Ich möchte jubeln vor so viel Glück – und ich will danken immerdar – mit Dir! Für so reiche Gnade! Für so gütiges Geschick!

Oh Herzlieb! So wie ich damals des Winkes unsres Schicksals achtete – wie ich seine Hand ergriff, gläubig, vertrauend, so halte ich nun die Deine fest in der Gewißheit göttlicher Fügung, göttlichen Willens, ganz fest.

Herzelein! Deine Liebe hat mich ganz in ihren Bann geschlagen.

Ich habe noch nicht einmal den Gedanken gehabt, daß es mit mir hätte können anders gehen. Aber ich habe schon oft die Gewißheit gefühlt, daß meinem Leben nach manchem Pendeln und Schwanken eine Richtung, Aufgabe und Ziel gegeben wurden – habe diese Gewißheit ganz glücklich gefühlt als eine klare Entscheidung! Herzlieb! Wir sind aneinander gewiesen für dieses Leben. Mit Dir ist in mein Leben Klärung gekommen, ich sehe einen festen Aufgabenkreis, ich sehe ein Ziel, das ich mit Dir erstreben will - und aus all dem kommt mir die Lust zu schaffen und der Mut zu leben. Geliebte! Auf meiner Lebenswanderung bin ich an einen Gipfelpunkt gelangt, von dem aus der weitere Weg weithin sichbar ist und so verlockend, ihn zu gehen mit Dir! Wie ein Tor hat es sich vor uns geöffnet – und da liegt gebreitet ein Land, das unsre Sinne ganz gefangen nimmt, das uns ganz erfüllt mit dem Wünsch, es zu betreten und gemeinsam zu erkunden: unser Leben Seit an Seite, unser Lieben Herz an Herz!

Herzlieb! Ganz, ganz erfüllt mich dieses gemeinsame Leben, jetzt schon, da wir noch ganz am Anfang stehen. Herzlieb! Ich sehe soviel Aufgaben, ich spüre soviel Lust anzupacken mit Dir – Du! Herzelein! Unsre Liebe ist so reich! Und meine ganze Sehnsucht geht dahin, sie zu betätigen. Herzelein! Und nichts, was ich bisher lernte und lebte und schaffte, ist verloren – alles findet seinen Platz im Dienste unsres Liebens und Lebens. Herzlieb! Ich schaue nur Dich! Und unseren Weg! Geliebte! Ich fühle nirgends Fessel und Schranke in unsrer Liebe, nur Fülle und Freiheit und Reichtum. Oh Geliebte! Ich bin so froh, daß auch Du die Fügung, den Ruf des Schicksals, die Einmaligkeit und Bestimmtheit unsrer Liebe empfindest. Ach Du! Ich möchte Dich doch meiner Liebe zu Dir ganz, ganz gewiß machen! Du!! Du!!! Ich weiß, Du bist es schon.

Herzelein! Diese Gewißheit macht das Glück der Liebe aus, die sie kann weder durch Reichtum noch durch andere materielle Güter ersetzt werden kann. Du weißt: Ich bin ganz Dein! Ich gehöre ganz Dir! Herzlieb! Diese Gewißheit ist bei mir gewachsen und gereift. Deine Liebe, unser Bund rührte an die Mitte meines Wesens, sie sind nun fest einbezogen in all mein Tun und Trachten.

Herzlieb! Wie kann ich diese Bekenntnis am besten besiegeln?

Kein andrer Wunsch beseelt mich, als Dir heimzukehren, mit Dir zu leben. Kein lieberer Gedanke als an Dich und unser gemeinsames Leben. Keine bessere Aufgabe jetzt, als an der Brücke zu bauen nach der Heimat, zu Dir!

Oh Herzlieb! Möchtest Du ein wenig nur spüren von der Größe und Einmaligkeit und Eindeutigkeit Deines Schenkens, Deiner Hingabe, wenn ich Dich beschenke. Möchtest Du fühlen, daß alles so mächtig und ausschließlich zu Dir drängt, glücklich empfinden, daß ich nur Dich so beschenken kann und mag, daß ich nur Dir mein Herz öffnen konnte. Geliebtes Weib! Laß mich heute schließen. Ich bin müde. Morgen, wills Gott, will ich länger und lieber zu Dir kommen. Du!! Du!!! Ich liebe Dich ganz sehr! Oh Du!!! Oh Du!!!!!

Gott behüte Dich!

Ich küsse Dich herzinniglich! Mein Weib, Du! Geliebte!!! Mein!!! Du! Ganz mein!

Ewig Dein [Roland].

Bitte recht vielliebe [sic] Grüße an die Eltern!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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