
Sonnabend, am 17. Mai 1941.
Mein geliebtes, teures Herz! Du mein lieber, guter [Roland]! Herzlieb Du!
Eben ist die Zeitungsschau vorbei und die Nachrichten. Ja — so weit war ich gekommen mit meiner Schreiberei. Da rief mich die Mutter weg, daß ich ihr doch helfen soll, zwei solche Rührkuchen ohne Butter zu backen, für uns[e]re beiden Großmütter zum Muttertag morgen. Es gibt ganz selten Blumen bei uns hier durch die anhaltende Kälte und als ich mit meiner Gärtnersfrau sprach, ob sie denn keine Muttertagssendung von Chemnitz bekäme, wie immer, da meinte sie, daß die heuer auch nur ganz minimal ausfiele und soo [sic] viele Soldaten hätten ihr den Auftrag aus dem Felde gegeben, daß sie selbiger Mütter bedenken soll — haben auch gleich das Geld mit beigelegt. Und so würde ihr kleiner Vorrat gleich für Soldatenmütter draufgehen.
Ja — was soll man sonst noch schenken? Ich bin für solch [ei]’nen Kuchen. Da haben die Großmütter auch sicher Gefallen d[a]ran. 3/4 9 [Uhr] ist es jetzt, (der) die Kuchen stehen in der Röhre, hoffentlich gelingen sie recht fein! So spät ist es heute geworden, wirst Du denken, Herzlieb! Wir sind erst um 6 Uhr fertig geworden mit Reinemachen. Die Stube und mein Kämmerle [Kämmerchen]. Sämtliche Schränke von innen und außen abgewaschen, wieder eingeräumt. Die Doppelfenster raus! Die Rahmen abgeseift, die Scheiben geputzt. Jalusien [sic] gewaschen, gesaugt, geschrubbt, geflimmert bis wirklich nichts mehr übrig war, das nicht durch uns[e]re Lupe genommen wurde. Aber nun ists´ [sic] auch ganz fein bei uns! Man schaut nur so gerne in die Räume. Dazu scheint heute die liebe Sonne noch so wunderbar!! Eben geht sie vollends unter und es leuchtet blutroter Schein herein zu mir und durchflutet das ganze Zimmer mit einem warmen Licht. Es verspricht, morgen ein schöner Tag zu werden und unser Plan lautet schon auf: Ausmarsch! Das Wetter wird genutzt und sogleich beim Schopfe gepackt! Wir haben wahrlich lang genug uns darnach sehnen müssen.

Entweder geht[‘]s nach M. oder nach K. zu. Ach mein Herzlieb!! Könnte ich Dich bei der Hand fassen und mitnehmen! Du!! Wie schön wäre das!!! Wann, wann kommt diese seelige Zeit wieder? Geliebter mein!!! Ich will ganz tapfer und getreulich mit Dir ausharren, Du!! [Du] Mußt Dich ja ebenso sehr sehnen wie ich, Geliebter!!
Und wir wollen es uns einander leicht machen, das Warten, ja? Ach, Du!! Mein [Roland]! Wenn wir uns nur am Ende dieses Krieges gesund und froh umfassen dürfen, dann will ich doch noch so lange Geduld haben, Du!!!!! Ich weiß Dich nun sicher an Deinem Bestimmungsort und weiß, daß Du es auch wider Erwarten recht gut getroffen hast, das ist mir schon eine große Beruhigung, Herzlieb! Und ich bin gewiß, daß Du ganz vorsichtig handeln wirst in allem, daß Du stets an mich denkst! Und die schönste Gewißheit, Geliebter, die ist daß Du in Gottes treuer Vaterhut stehst!, das wurde uns [h]ier am Ende Deiner Fahrt wieder einmal mehr gewiß! Und voll tiefer Dankbarkeit schauen wir auf zu unser[e]m treuen Herrgott! Er wird auch weiterhin mit Dir sein, mein Herz!!
Jetzt will ich schlafen, schlafen, bin sooo [sic] müde und kaputt! Morgen, wenn ich heim bin vom Spazierweg denk’ ich wieder Dein, ja? Du!! Mein Stübchen ist umgeräumt! [Du] Kannst Dein Dornröschen garnicht [sic] mehr finden in seinem Turmgemach! Oh Du!! Doch!! Du suchst es schon bis Du es hast? Ja? Du!!! Wie es jetzt d[a]rin aussieht, das sage ich Dir morgen, [ein]mal seh[e]n ob ich so von meinem Herzlieb träume, wie das Bettlein jetzt steht!! Du!! Ich hab’ sooo [sic] viel Sehnsucht nach Dir!!!!!!!!!! Ich liebe Dich!! Ich küße Dich! Mein Sommerschein und bliebe ganz, ganz Deine [Hilde], Dein!!!