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[OBF-410401-002-01]
Briefkorpus

Dienstag, am 1. April 1941.

Mein geliebtes Herz! Du mein lieber, liebster [Roland]!

Eben bin ich vom Bäcker gekommen. Durch den Schnee gestapft bin ich mit meiner ‚süßen Last'! Nun bist  wohl doch ein bissel neugierig geworden, Du?! Ja – das ist heuer schon ein Kreuz mit dem Osterhasen. Der städtische Hase bietet diesmal nichts – nur für die Kinder! Und trotz meiner Beteuerung, daß ich bei uns daheim ja auch das Kind bin, hat er mir nichts geben können! Für die Großen reichts' [sic] halt nicht mit. Na, und wie Du weißt, liegt bei uns so viel Schnee, da konnte ich auch nicht in den Wald zum Hasen. Er wird wohl heuer auch sein Geschäft nicht aufmachen im Wald – er muß sich ja sein Stupsschwänzchen erfrieren beim Eierlegen! Na, da habe ich mir gesagt: bäckst du selber was als Ostergeschenk. Ich hatte gerade noch bissel Butter aus der „guten Zeit"! Ich will Dir auch ein richtiges, gekochtes Ei mit beilegen, ich koche Dirs' [sic] recht hart; ich meine, dann wird es nicht schlecht bis Du das Päckchen erhältst. Morgen früh bringe ich's zur Post. Nun muß ich immer nochmal die alte Nummer draufschreiben, ich habe noch keinen Brief von Dir bekommen. Es wird Dir gewiß alles nachgeschickt!?

Ob es aber gerade zum Osterfest Dich erreichen wird? Das bezweifle ich, Herzlieb! Du freust Dich sicher auch hinterdrein, ja? Nachher, wenn ich Mutter schreibe, will ich ihr nur Deine jetzige Anschrift mitschreiben, sonst wird doch ihr Gebäck immer altbackener!

Der erste ist heute. Ich war auf der Girokasse und habe 20 M abgehoben! Du! Weil Mutter am 11. Geburtstag hat, ich will sehen ob ich ihr ihren Wunsch erfüllen kann: eine schöne Einkaufstasche. Morgen fahre ich am Nachmittag ½ 2°° mal nach Chemnitz, denn hier in der Stadt gibt es keine Auswahl, ist nur Ersatzkram. Ein Konfirmationsgeschenk für ein Mädchen will ich dabei mitbringen. Ja, Mutsch schenke ich noch 2 Putzbürsten, feine! Für die Schuhe, und ein paar Strümpfe und paar Blumen. Es ist doch hoffentlich auch in Deinem Sinne Herzlieb? Wenn wir beide ihr eine schöne Tasche schenken? Ich denke, das sind Sachen, die ihr Freude bereiten. Was soll man jetzt große Geschenke machen? Etwas wirklich Brauchbares kauft man besser in Friedenszeiten; doch an solchem Tag will man auch gerne eine kleine Freude machen. Wenn es zwar nach Mutters eigenen [sic] Willen ginge, da will sie garnichts haben. Aber da mache ich nicht mit, sie hat uns schon so viel Gutes getan und wir wollen ihr auch bei dieser Gelegenheit einmal unsere Dankbarkeit durch eine Gabe erweisen, die sie immer gerne an ihre Kinder erinnert. Ich weiß wie bescheiden sie ist, ich weiß aber auch, wie sehr sie sich freut, wenn wir ihr einen Wunsch erfüllen. Am Karfreitag ist ihr Ehrentag, Du wirst auch heimdenken, Herzlieb! Du!! 43 Jahre wird sie alt.

Unsre Rate für das Darlehen zahlte ich auch ein. Ach Du! Das wollte ich Dir doch schon so lange mal erzählen. Kriege ich doch vorigen Monat, gleich zu Anfang eine Rechnung zugeschickt von der Hanseatischen Verlagsanstalt. Der Betrag von 2.40 M sei zu überweisen für die Monatsschrift ..., Januar/März. Diese Sache war zuerst nach Schmilka gegangen und von da zu mir überwiesen. Ich hab mich natürlich sofort hingesetzt und den Herrschaften geschrieben, daß ich erst zahle, wenn mir alle laufenden Hefte seit September 1940 zugeschickt worden sind. Meine eigene Anschrift darunter gesetzt, nachdem ich den Sachverhalt geschildert, daß Du im Wehrdienst stehst. Ich weiß nun nicht, ob sie erst mal in Schmilka anfragen, ob die für Dich bestimmten Hefte auch regelmäßig mir übersandt wurden; denn ich habe noch keine Nachricht wieder seitdem. Ich habe auch angefragt, ob die Monatsschrift eigentlich eingestellt sei, oder nicht – weil sie ausbliebe. Ich denke nicht daran zu zahlen. Heute wäre doch wieder eine Vierteljahrrate fällig gewesen.

Gestern abend war ich nochmal beim Malermeister, wann er denn nun käme. In der Osterwoche, heute in 8 Tagen oder Montag. Montag, das geht nicht gut. Man muß ja tags zuvor das betreffende Zimmer räumen. Und sonntags! Da ist auch grade der Vater [Nordhoff] bei uns! Der denkt doch sonst, ich will ihn rausjagen, das will ich auf keinen Fall!

Du! Herzlieb! Heute früh, genau als es 7 Uhr läutete bin ich krank geworden. Es ist zu zeitig, sind erst 25 Tage vorbei – 28 müssen es sein. Da werde ich nun im April nochmal krank. Na, es ist nicht zu ändern – bin ich wenigstens gesund, wenn die Malerarbeit hinausgeschafft werden muß.

Sonst geht es mir nicht schlecht, die Schmerzen sind zu ertragen. Ich verhalte mich schön ruhig. Nur – morgen früh, da will ich die Schlafzimmer säubern und die Betten frisch überziehen – aber ich nehme mir Zeit dazu. Herzlieb Du!! Wieviele Male werde ich wohl nun noch krank werden müssen, ehe wir uns wiedersehen? Daran errechneten wir früher immer die Spanne Zeit, die zwischen unsrem Wiedersehen lag.

Ach Du!! Ich will soo [sic] gerne warten, wenn Du mir nur gesund wiederkehrst – für immer, Geliebter! Du!!! Dann ist alles gut! Dann sind alle großen und kleinen Schmerzen des Wartens vergessen! Oh Du!!!!! Mein lieber, guter [Roland]! Der Herrgott behüte Dich mir! Er lasse Dich bald für immer zu mir heimkehren, daß wir ihn miteinander gehen dürfen, unsren Lebensweg! Du!! Er schenke uns den Sieg, den Fried[e]n.

Mein Herzallerliebster! Mein [Roland]! Du!!! Du!!!!! Ich liebe Dich sooo [sic] sehr! Du bist all mein Glück! Bleibe mir, Du!! Ich kann nicht sein ohne Dich! Geliebter! Ich bin Dein! In unwandelbarer Liebe und Treue! Nur Dein!! Du!! Du!!! Gott schütze Dich! Mein Herzlieb! Du!!

Lasse bald etwas von Dir hören! Ich sehne mich ja sooo [sic] sehr nach einem lieben Wort von Dir!! Ich küsse Dich! Ich grüße Dich herzinnig aus der Heimat!

Immer Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946