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[OBF-410401-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 1. April 1941.

Mein liebes, teures Herz! Herzallerliebste mein! Du! Du!!

Heute kann ich Dir ein Bild mitschicken, eines vom Sonntag. Übermorgen schicke ich Dir alle Negative aus diesem Film und Du mußt sie dann wegtragen und entwickeln lassen. Weißt, das wird hier zu teuer, d. h. für unsre raren Lewa. Nächstens schicke ich Dir die geknipsten Filme überhaupt ganz roh. Diesmal nur ließ ich ihn hier entwickeln, weil die Kameraden alle beteiligt und interessiert waren, und nicht nur diese, sondern auch zwei Bulgaren und ein deutscher Infanterist, die auf den übrigen Bildern mit erscheinen. Mit meinem Portrait bin ich nicht so ganz einverstanden: 1. bin ich unrasiert, 2. sind die Kleider etwas aus der Ordnung geraten von dem steilen Aufstieg. Also hoffen wir, daß die nächsten Bilder besser gelingen.

Herzliebes! Es ist heute schon spät, da ich schreibe. ½ 6 Uhr ging ich mit zwei Kameraden zur Stadt, um einen anderen Zipfel in Augenschein zu nehmen, und Motive zu suchen für eine spätere Photoexpedition. In unsrer Kantine kann man jetzt Filme bekommen. Wir gingen heute durch den ältesten und romantischsten Teil der Stadt. Wir haben den langen engen Turm einer Moschee erstiegen. Eine enge, finstere Wendeltreppe führte zu dem Austritt in luftiger Höhe. Bei gutem Photowetter will ich davon noch im Bilde berichten. Gegen 8 Uhr machte sich ganz kurz ein heftiger Wind auf, der all den vielen Staub über die Stadt blies. Wir suchten dann ein Lokal auf, das sauberste, in dem viele Deutsche verkehren. Einer der Kameraden verführte uns dazu, etwas zu essen. Ich nahm mir 3 Spiegeleier. Die deutschen Nachrichten, die man dort hören kann, brachten keine wichtigen Neuigkeiten. In den Gaststätten sieht man fast nur Männer.

Herzliebes! Wirst Du denn nun Post von mir erhalten haben? Wird nun die lange, harte Zeit des Wartens vorüber sein? Ach Herzlieb! Vielleicht brauchst Du so lange nie mehr zu warten. Gestern und heute ist keine Post gekommen. Nun warte ich auf den morgenden [sic] Tag. Ach Herzlieb, wie der Gedanke an diese Möglichkeit Freude bringt und alle Schritte beflügelt! Die lang ersehnten Bilder aus Eckernförde sind auch noch nicht eingetroffen. Ich denke doch, daß ich mich auf R. verlassen kann.

Mein teures Lieb! Heute wird der Gruß ein wenig kurz ausfallen. Die Zeit drängt. Morgen bin ich dran mit Wache, da habe ich etliche Stunden Muße, Deiner länger zu denken.

Das Wetter hier ist einen Tag um den anderen frühlinghaft warm. Daß die Störche dasind [sic], schrieb ich Dir schon. Gestern sah ich auch die erste Schwalbe. Und über der Stadt kreisen auffallend viele Falken. Diese kühnen, gewandten Flieger! Wenn sie uns einmal ihre Schwingen ausleihen könnten, damit ich zu Dir eilen könnte, Du!!!!! mein Herzlieb!! Ach Du! Auf ein paar Stunden – da würden wir ja längst nicht fertig damit, unsre Herzen auszuschütten – und es würde ein trauriger, schwerer Abschied. Du! Mein Lieb! Fein geduldig und gläubig wollen wir tapfer ausharren, bis wir, vielleicht auf immer, einander gehören können – oder bis ich mein Herzlieb, eine gewisse Zukunft schon vor Augen, recht lange besuchen kann! Du!! Du!!!

Gott behüte Dich mir! Er segne unseren Bund und führe uns recht bald zusammen. Gut Nacht! Mein Herzlieb! Mein liebes, teures Weib!! Ich denke Dein mit aller Herzensliebe und -treue, denke Dein auch in aller Innigkeit und Heimlichkeit! Dun mein Sonnenschein, all mein Glück, mein Leben, Du meine liebe, liebste [Hilde] !!!!!!!!!!!!! Ich bin immer und ewig Dein [Roland]

Bitte grüße mir die lieben Eltern recht herzlich!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946