Montag, am 31. März 1941.
Herzallerliebster! Geliebtes Herz! Mein lieber, liebster [Roland]!
Den letzten Tag im März erleben wir heute. Man müßte meinen, nun sei wahrhaftig Frühling. Ach je – davon[,] scheint mir, sind wir weit entfernt. Seit heute nacht schneit es, was nur vom Himmel herunterkam! So viel Schnee liegt bereits wieder, daß man warten muß. Alle Leute schimpfen: heuer brauchen wir die Schneeschippe garnicht [sic] fort zu räumen. Und während ich jetzt hier über Deinem Boten sitze, schneit es unaufhaltsam weiter. Die armen Vögel, nun müssen sie wieder paar Tage hungern. Was werden sie groß finden außer dem bissel [sic: bisschen] Pferdeabfall. Und der Bauer wird sorgenvoll nach diesem Wetter schauen. [Du] Weißt, ich denke mir, wenn man dem Bauer so nach und nach alles wegnimmt, dann schert er sich keinen Pfifferling um Wetter und Ernte. Alle Abgaben der Erzeugnisse sind ihm vorgeschrieben, er hat nur zu tun, daß er das alles genau erfüllt – einen persönlichen Gewinn hat er nicht mehr. Na – darum will ich mir hier nicht weiter den Kopf zerbrechen. Man verfolgt nur mit Staunen die laufenden Neumaßnahmen, die gegen ihn erlassen werden.
Der März geht zu Ende. Du! Herzlieb! Ich glaube, so wenig Post wie im März haben wir überhaupt noch nicht bekommen seit wir uns schreiben! Ich hatte heute damit gerechnet, weil der 31. ist. Na, es ist noch nicht ganz ½ 4 [Uhr], Zeit zur Nachmittagspost! Und wenn ich da wieder vergeblich warte, darf ich auch nicht verzweifeln. Der April ist noch lang – bis zum 19. muß doch ein Brief kommen! Sonst wäre ich aber ganz sehr traurig. Du!! Ach, Du kannst es ja nicht ändern. Es wird schon alles gut werden. Herzlieb! Da denke ich eben wieder [ein]mal an uns[e]re Bilder, die wir noch im Urlaub knipsten. Ob ich die wohl auch [ein]mal zu sehen bekomme? Ob Du sie schon hast? Du!! Ich bin soo [sic] neugierig darauf! Du wirst das schon verstehen können!! Dickerle!! So fest halten wir einander noch einmal, gerade, als ahnten wir, wie lange wir nun voneinander getrennt würden. Ich denke oft darüber nach jetzt: wie gut, daß wir bei unser[e]m letzten Zusammensein noch nichts von dem wußten – wie schwer wäre m[i]r dann erst der Abschied geworden. Herzallerliebster! Du!!
Mit Spannung verfolge ich jetzt täglich uns[e]re Politik – ich will mich hier nicht näher äußern – Du bist ja gewiß ebenso von den neuesten Nachrichten des Rundfunkes unterrichtet, ja? Was wird uns das Ende des Jahres 1941 bringen? Das, was uns der Führer versprach? Wir wollen still halten und warten[.] Gott allein weiß, was uns bestimmt ist.
Herzlieb! Gestern gegen 5 Uhr bin ich doch noch mit Vater [ei]n Stück an die Luft. Er hat den Boten für Dich in den Kasten gesteckt! Aber Du glaubst nicht, wie rauh die Luft ging. Wir sahen das heutige Wetter schon kommen. Im Cafe B., am Q. (Hoher Hain) machten wir Kaffeestation. Ich habe so an Dich gedacht! Du! Mokkatorte – wundervoll! Mutsch nahmen wir 2 Stück mit. Es war ganz nett sonst, eine gute Kapelle musizierte. Ich habe sogar [ein]mal das Tanzbein geschwungen. Um ½ 9 waren wir daheim. Nun will ich noch meine Wäsche plätten und die Socken ‚uns[e]rer Männer’ stopfen! Wann wirst Du die wieder [ein]mal anziehen? Herzlieb? Du!! Auf Wiedersehen! Gott behüte Dich mir! Bleibe froh und gesund! Mein Sonnenschein! Du! Ich küsse Dich! Ich liebe Dich!
Es grüßt Dich in unvergänglicher Treue Deine [Hilde], Dein!!