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[OBF-410330-001-02]
Briefkorpus

Sonntag, den 30. März 1941.

Mein liebes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde], Du! Du!!!!!

Sonntag ist. Herzlieb! Geliebte! Die Post ist gekommen! All die lieben Zeichen von Deiner Hand, alle Herzensliebe, Deine große, tiefe, süße Herzensliebe ist zu mir gekommen! Ach, ich habe mich so sehr darauf gefreut, aber nun ist sie zu mir gekommen viel schöner und reicher, als ich es hoffen, mir ausdenken konnte! Ich möchte von Dank sprechen, und es ist doch nicht das erste Wort zwischen uns. Dank – gegen Gott, der unsere Liebe so herrlich erblühen ließ. Es ist die Liebe, die uns einander so reich beschenken läßt. O meine liebe, liebste [Hilde]!! Du hast mich lieb! Du bist mein!! Was diese Worte umschließen, das ist mir heute wieder so recht deutlich geworden. Geliebte! Ich bin so reich, so glücklich durch Dich!

Heute mittag kam die Post, zwei Säcke voll. Und für den Hubo war so viel dabei, die meisten Briefe wohl, die dicksten auch, die liebsten, allerliebsten aber bestimmt und gewiß, Du!! Du!!! Und 2 Päckchen noch obendrein. Ach, so glücklich war ich, als ich so reich beladen davonging. Herzlieb! Alle Boten haben [sic] ich, auch die noch nach Eckernförde geschickten, bis zum 18. März abgeschickten. Im letzten schriebst Du mir aber, daß Du ein wenig grippst und erkältet bist. Heute schreiben wir den 30. Die Post wird noch schneller gehen.

Ach Du! Ich habe nun nur einen Wunsch, auch Dir möchte dieser Sonntag soviel Glück beschert haben wie mir heute. Herzlieb! Nach dem Essen habe ich sie all gelesen. Und die Wangen haben mir gebrannt – und die Tränen sind mir in die Augen getreten – weil Du mir so lieb schreibst und berichtest. Aus meinem Glückspaket habe ich gleich eine Karte von Vater und einen Brief mit Siegfrieds Anschrift ausgesondert. Diesen öffnete ich zuerst – und er brachte die erste freudige Überraschung – er hat Euch besucht. Hat Dich besucht, der Weitgereiste, gerade in den Tagen, da Du des Trostes und der Zerstreuung und Aufmunterung am meisten bedurftest. Ich bin so froh darum. Herzlieb, worauf soll ich nun zuerst eingehen aus Deinen lieben Boten? Ich weiß es eben nicht. Ich muß ja alle noch einmal lesen. Jetzt laß Dir erst erzählen: Mit meinen beiden sächsischen Kameraden bin ich auf den 4. der Bergklötze gestiegen, habe das Paket mitgenommen, von dem ich weiß, daß der Kuchen drin ist, dazu den Fotoapparat. Wenn ich auch gern mit den vielen lieben Boten ganz allein geblieben wäre, so will ich doch auch den Anschluß an die beiden Kameraden nicht verlieren. Und so sitzen wir jetzt auf dem Berg, um uns her in all seiner Größe und Mächtigkeit das Panorama dieser großzügigen, weiträumigen Landschaft. Einen Film haben wir verknipst, ich hoffe Dir bald Proben senden zu können, Deinen Kuchen haben wir zusammen geknabbert – und nun  sitzen wir und schreiben und denken nach Hause. Ein Sonntagsgruß hat Dein Kuchen sein sollen, er ist es nun auch geworden – und gemundet hat er vortrefflich. Herzlieb! Heute abend will ich mit Dir weiter plaudern, dann bin ich ungestörter, dann lenkt mich nichts ab mehr, Du! Du!!!

Meine liebe, liebste [Hilde]! Wieder daheim in unsrer Unterkunft. Es geht auf 9 Uhr. Still ist es in der Schreibstube. Schreibend sitzen da ein paar Kameraden. Ich sitze auf meinem Lager, um mich hergebreitet den reichen, lieben Schatz, der mir heute beschert wurde. 20 liebe Boten habe ich von Dir, ganz vollzählig, seit unserem letzten Wiedersehen. O Geliebte! Meine liebe [Hilde]!

Du schreibst davon, daß Du dabei bist, meine Briefe zu ordnen – Du! Herzlieb! Sei nicht zu bescheiden. So stolz und eifersüchtig Du nun über Deinen Briefschatz wachen magst – der meine ist viel, viel schöner und reicher, Du!! Den gebe ich um keinen Preis aus der Hand. Geliebte! Wie reich hast Du mich schon beglückt damit, und wie glücklich machen mich all die lieben Zeichen wieder von Deiner Hand. Sie lassen mich Deinen Herzschlag spüren, der dem meinen so wundersam verwandt ist, sie bezeugen mir aufs neue, wie wir füreinander bestimmt sind, wie wir zusammen gehören, wie nahe wir uns sind trotz des Altersunterschiedes, und wie wir beide so glücklich einander ergänzen und einer dem ander[e]n Hilfe und Stütze sein kann, wie das zwischen guten Lebenskameraden sein muß. Ach Geliebte! Nun schreibe ich doch noch einmal so gern zurück, weil wieder der Puls zwischen uns geht. Einmal wird er noch wieder aussetzen, aber ich hoffe und denke nicht wieder so lange.

Schade, daß ich Dir nur in Bleistift schreiben kann. Schade, weil Blei sich auch schwerer hält. Vielleicht, daß ich sie einmal in Tinte nachschreiben muß.

Ich kann heute abend unmöglich auf alles eingehen, was Du alles berührst. Nur, was mir eben haften blieb und wichtig erscheint, will ich aufgreifen.

Du schreibst davon, daß die lieben Eltern so lebhaft und liebreich Anteil nehmen an unserem, an meinem Geschick. Ich empfinde das so dankbar, und bin darüber so froh. Führt es Euch drei Lieben zu Hause doch enger zusammen, kann es Dir doch tröstlich sein wie mir der Beistand der Kameraden. Herzlieb! Ich bitte Dich, den Eltern aus Dankbarkeit recht lieb und ausführlich zu berichten und ihnen recht lieb meine Grüße zu bestellen. Ach, das tust Du ja schon gewiß!

Herzlieb, hast denn die Postkartensendung aus Lübeck bekommen? – Ein Nachthemd habe ich bei mir. Wenn Du [ein]mal eins schickst, bitte packe die Namenläppchen bei. Ich muß doch in etliche Wäschestücke Namen nähen, damit ich sie zum Waschen geben kann. Eben habe ich auch das zweite Deiner Päckchen ausgewickelt: Äpfel und Apfelsinen. Ich danke Dir für das Zeichen Deiner Liebe. In Deinen lieben Zeilen dazu schreibst Du: Geh nicht so weit fort von mir. Ach Herzlieb, weit fort bin ich nun – aber unsere Liebe überwindet alle Ferne, sie läßt vergessen die vielen Kilometer, die zwischen uns liegen, sie tröstet und ist die Quelle reicher Kraft. Herzlieb! Ich bin so froh und glücklich zu wissen, daß auch Du sie spürst, daß diese Quelle auch Dir erschlossen ist.

Was könnte uns beiden mehr am Herzen liegen, als diese Quelle zu hegen, sie zu nähren mit der ganzen Kraft unsrer Herzen und uns von hier ihr erquicken zu lassen? Und müssen wir diese Quelle als einen reichen Segen Gottes empfangen, als einen ganz besonderen Segen? Herzlieb! Gott ist uns nahe – Gott wird bei uns sein und bleiben mit seinem Segen, wenn wir nur seine Hand festhalten und ihm vertrauen.

Mein liebes, teures Herz! Ein reicher, gesegneter Sonntag war es. Er muß es auch Dir gewesen sein – Du Liebe, Gute!! So glücklich bin ich, so froh, so getrost – sei Du es auch, mein Herzlieb! Gott behüte Dich! Er erhalte Dich stark und gesund! Er wird uns zusammenführen, wann [sic] die Zeit erfüllt ist. Jetzt will ich sie eben alle noch einmal zur Hand nehmen, Deine lieben Boten! Weißt, was Siegfried bemerkt? Ich habe das große Los gezogen. Wenn ich so materialistisch von unsrer Liebe auch nicht sprechen möchte – aber Herzlieb, ich bin so glücklich mit Dir! Wir sind so glücklich in unsrer Liebe, die uns von Gott geschenkt ward, und die Menschen uns niemals entwinden können.

Du! Ich liebe Dich über alles, immer und ewig!

Ich bleibe in Liebe und Treue Dein [Roland]! Du! Mein liebes, liebes Weib! Meine liebste [Hilde]!!!!!

Bitte grüße die lieben Eltern recht herzlich!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946