Sonnabend, den 22. März 1941
Mein liebes, teures Herz! Herzallerliebste! Meine liebe [Hilde]!
[ [siehe Abbildung] Der letzte Maschinenwechsel und längere Aufenthalt vor unserem ersten Ziel. Wir sind 150 km vor S.[sic] Ein herrlicher Tag ist draußen heute, frisch aber mit Frühlingsahnen geht die Luft. Wo wir eben jetzt fahren ist es etwa so grün wie bei Euch zu Hause. Freundlich und gut bebaut das Land, gar nicht fremd anmutend – viele Schafherden mit Hunden darum und einem Esel meist, auf dem der Schäfer heimwärts reitet. ]
Herzlieb! Ich muß daran denken, daß heute und morgen Besuchstag ist in O., vielleicht ebenso schönes Wetter – und dann einen Spaziergang – einen der lieben, vertrauten Wege – wie gern wäre ich dabei!! Aber mir ist gar nicht trüb zu Sinn heute. Mir ist, als fühlte ich, wie Ihr nun heute alle soviel an mich denkt – und nun winkt hier heute das erste Teilziel, wenn auch in aller Ungewißheit, so doch endlich mal runter von den Rädern – und ruhig schlafen, mal in Ruhe waschen und essen – und dann zu wissen, wo man steckt, und sich an einem namhaften Ort zu wissen, von dem Wege führen in die Welt.
Ach Herzlieb! Ich mußte eben denken, wann wir wohl uns wiedersehen dürfen. Auch dieser Tag, diese Stunde liegt bei Gott beschlossen, das dürfen wir getrost und vertrauend glauben. Und morgen, Geliebte, werde ich nun in den Besitz Deiner lieben Zeilen gelangen, in den Besitz vielleicht auch Deines Paketes, in den Besitz vielleicht auch der Fotos. Welchen Umweg sie nun nehmen. In Eckernförde konnten sie erst nach einer Woche fertig werden. Nun habe ich Rosenkranz gebeten, die Geschäfte abzuwickeln. Bin gespannt, wie lange uns[e]re Boten brauchen für den weiten Weg. Die Schnellzüg[e] benötigen 1 ½ Tag[e], das ist nicht lang[e] Zeit.
Wie wirst Dich in alles geschickt haben, Herzlieb? Ach, ich weiß, im Vertrauen auf Gott und um uns[e]rer Liebe willen hast auch Du alles ertragen, wenn es auch schmerzt und nicht leicht ist.
[ Es ist ja unglaublich, wieviel Transporte nach hier unterwegs sind. Die ganze deutsche Eisenbahn scheint hier unten versammelt. Na, wenn sie uns nur erst zurückbring[t].
Von der großen Politik haben wir die Zeit vorher gar nichts gehört. Man ist gespannt. Man ist ebenso erstaunt, wenn man die Vorbereitungen hier unten sieht. ]
Unten schreibe ich. Herzlieb! Die Gestirne sind die einzigen außer unserem [sic] Sinnen, die uns treu bleiben. Ich will jeden Abend ausschauen darnach und ihnen Grüße an Dich auftragen.
[ Fast alle haben Gottlob die Fahrt nun fast gut überstanden. Man hört viele husten und ein wenig erkältet ist ein jeder. Das ist aber kein Wunder. Alle haben sich bemüht, trotz erschwerter Umstände sich sauber zu halten, bei den blauen Anzügen ein besonderes Kunststück. Zum Glück hatte ich mir eine Anzahl Handtücher und Strümpfe zur Hand gelegt. Heute hatte ich auch die ersehnte Gelegenheit, mal wieder die Füße zu waschen. Na, von diesen Kleinigkeiten muß ich später mal erzählen. [ [siehe Abbildung] Diese Fahrt werde ich so leicht nicht vergessen.
Für heute genug, Herzlieb. Die letzte Tagesstunde will ich noch aus dem Fenster schauen. Eben kommen die schneebedeckten Gipfel des Balkan in Sicht.
Du! Liebe! Gute! Meine über alles geliebte [Hilde]!! Ich bin ganz bei Dir, gehör[e] ganz zu Dir!! Du! Mein Leben, meine Freude!!
Ich bin Dein, Dein [Roland] immer und ewig!