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[OBF-410321-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 21. März 1941.

Mein geliebtes Herz! Du mein lieber, guter [Roland]!!

Frühlingsanfang ist! Du!! Nun bricht sie an, die schönste Zeit im Jahre, voll Blühen und Werden. Und wir dürfen den deutschen Frühling nicht miteinander erleben – das ist traurig – aber, Herzlieb! Es wird ja jedes Jahr Frühling!! Und müssen wir ihn diesmal getrennt erleben, so im nächsten Jahre ganz gewiß miteinander! Du!! Und so Gott will ist es dann ein Friedensfrühling! Herzlieb!! Du!! Wir wollen nur den lieben Herrgott recht innig darum bitten, daß wir beide diesen ersehnten Frühling im Frieden feiern dürfen. Du froh und gesund an meiner Seite! Ach Geliebter!! Wie voller Glück, wie voller Jubel wird dann mein Herz sein! Du!! Du schaust nun fremde Pracht; ich gönne das Dir von ganzem Herzen, das alles kann Dich ein ganzes Stück fördern in Deinem Berufe – so vielerlei Dinge wirst Du nun kennen lernen und Deine Betrachtungen daran knüpfen – Deine Lehren daraus ziehen. Nicht nur die Fremde, neue Schönheit der Natur, auch die Schönheiten fremder Kunst, fremden Volks- und Brauchtums. Und ich weiß es ja gewiß, Du schaust mit wachen Sinnen um Dich. Und ich freue mich schon, wenn Du mir Deine ersten Berichte sendest. Und vieles wirst Du im Bilde festhalten, hast doch Dein ,Kästel' mit. Schreib mir nur auch vom fremden Frühling, Herzlieb!

Ja, bei uns hier ist das Wetter noch recht winterlich. Gestern abend fing es an zu schneien und kalt ist es auch noch. Aber es wird schon bald der Tag kommen, da es warm draußen ist.

Meinen Schnupfen und Husten bin ich auch noch nicht wieder los. Ich habe eben einmal recht heiß gebadet, vielleicht nützt das etwas. Heute hatte ich keinen lieben Bademeister! Du!! Ich mußte so lieb an ihn denken!! Der plätschert am Ende schon am kal[t]en Wasser! Gar im Schwarzen Meer! Ach Du! Ich darf garnicht daran denken; nicht, daß ich Dich um das Wasser beneide! Nein! Soo weit weg bist Du von mir! Und nun will ich Dir einiges von Vaters heutigen [sic] Festtage erzählen. Früh um 5 Uhr war Wecken!

Der Geburtstagstisch war gedeckt. Dann empfingen wir den Geburtstagsjungen mit unseren Glückwünschen (wobei ich natürlich Dich, mein Lieb nicht vergaß, hattest Du [ni]cht den Schlucken?), der Kaffee wurde anschließend eingenommen, von mir im Nachthemd, in die Decke gewickelt (ich bin nämlich nochmal ins Bett gekrochen!) Und dabei verzehrten wir ½ Pflaumentorte!! Ich mußte doch für Dich mitessen, Du!!! Einen herrlichen Strauß rote Tulpen schenkte ich Vater, da hat er sich sehr gefreut.

Na ja, um 6 Uhr mußte er dann in den Dienst und ich sehe ihn vor heute abend nicht mehr. Am Sonntag feiern wir nochmal bissel gemütlicher. Zu Mittag gabs sein Leibgericht, das hat ihm Mutsch hingebracht. Man hat ihm auch im Dienst gratuliert und paar kleine Aufmerksamkeiten gebracht. Sogar Frl. Sch. ist heute früh gekommen mit paar Stückchen Kuchen!! Das ist auch eine gute Seele. Die denkt an alle. Nun – die Gäste. Die kommen später, sie wollen uns erst waschen lassen. Du! Die haben sicher Angst, daß wir sie mit einspannen!! Na, wir freuen uns jedenfalls schon heute, wenn Deine lieben Eltern uns wieder mal besuchen kommen.

Der Vater schreibt, daß wir (er und ich) uns doch mal in Chemnitz treffen könnten! Mutter Lene würde schon die Einwilligung geben! Aber da solltest Du mal die Mutter Lene hören!! „Nein, nein, das gibts´ nicht, ich hab es [Roland] versprochen, gut auf Dich aufzupassen – er mag nur das Stück bis Oberfrohna noch herkommen; wer weiß, was Dir (also mir) dann allein auf der Fahrt alles passieren kann!"  Siehste! Solch strenges Pflaster hat nun Dein Frauchen! Und dabei ist sie nun bald mündig!! Na ja – ich folge doch schon! Ich lege Dir mal Mutters Brief bei den sie mir schrieb, vor 2 Tagen.

Wo wird denn mein Herzlieb heute sein?

Bald ist wieder Sonntag, ob ich wohl an diesem Sonntag von Dir höre? Gestern in der Singstunde erzählte man sich dies und das. Herrn S.s Sohn ist auch zuletzt in den Karpaten gewesen, hat schon 4 Wochen nicht geschrieben. Walter B. (der Missionar) ist auch in Bulgarien. Einige Schulkameraden von mir. Und sogar der Herr Pfarrer B. ist nun Soldat, schon eine ganze Weile. Wie mag der sich wohl fühlen? Ein schlimmes Eisenbahnunglück sei in Bulgarien geschehn, Truppentransportzug. Ich bin im Moment recht erschrocken, als ich es hörte. Doch ich bin ganz vernünftig, Herzlieb! Auf Gerede soll man, darf man nichts geben. Und gelesen habe ich davon nichts. Gewiß, es wird uns ein manches vorenthalten – es ist vielleicht auch besser so. Und wenn es schon wahr wäre, ob Du auch gerade an der Stelle warst? Wer kann es sagen?

Und im übrigen: Ich vertraue so ganz auf Gottes Schutz und Gnade. Ich bete ja jeden Tag so sehr für Dich! Mein [Roland]! Du!!! Er wird Dir gnädig sein!

Er wird wachen über unserm trauten Glück!

Wir wissen doch, daß er uns lieb hat. Wir erfuhren es ja so oft, all die Zeit daher.

Du!! Geliebter!! Der Herrgott möge immerdar mit Dir sein! Er möge Dich mir erhalten! Geliebter!! Du!! Du!!!!! Ich liebe Dich so sehr! So innig! Du!! Mein Leben! Du mein Sonnenschein! Mein Glück!

Ich bin Dein!! So ganz Dein!! In unermeßlicher Liebe!

In unverbrüchlicher Treue

immer Deine [Hilde].

Und Du bist mein!!! Mein!!!!! Du!!!!!!!!!!!!!

Recht herzliche Grüße auch von den lieben Eltern! Alle guten Wünsche sagen sie Dir! Und vom Vater herzlichen Dank!!

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Autor Hilde Nordhoff
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946