Bitte warten...

[OBF-410314-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 14. März 1941.

Mein lieber [Roland]!

Gestern nachmittag kam Dein lieber Bote vom Dienstag. Sei recht herzlich bedankt dafür! Zum Einverständnis und als Antwort auf Dein liebes Geheimzeichen nicke ich mit dem Kopfe. Ja! Du!! Nun bist also mein blauer Junge! Ich möchte Dich doch zu gerne einmal sehen!!

Und nun ist endlich der gefürchtete Tag vorüber, all Dein Grauzeug abgegeben, das Blaue gefaßt. Liebe Zeit! Unter welchen Umständen das alles geschah, tust mir nachträglich noch leid mit Deinem Huckepack. Weil sich nur überall so hilfreiche Hände fanden. Und nun bist Du allem Anschein nach noch garnicht weg von Lübeck. Ich warte und warte, und alle, die hier um mich sind warten mit. Wenn ich sehe, wie der liebe Siegfried so umherkutschiert ist in der Weltgeschichte, und alles ist so gut abgegangen, da brauche ich wahrhaftig nicht den Kopf zu verlieren, über Deine Versetzung. Ich will ganz zuversichtlich sein! Und ich sage Dir nur immer wieder all meine besten Wünsche! Du!!

Der Siegfried lacht! Der Bengel! Er begreift auch nicht, daß man sich sooo viel schreiben kann. Na, ein bissl lasse ich mich von ihm einschüchtern (betreffs Seitenzahl) aber abbringen lasse ich mich nicht von meinem täglichen lieben Zeitvertreib!

Wir waren aber gestern im Kino, es war hübsch, die Wochenschau hat mir auch gefallen. Unter anderem zeigte man den Einmarsch der Truppen in Bulgarien. Spät wurde es wieder mit dem Schlafengehn, hast Du nicht oft den Schlucken gehabt?

Heute wollen wir für den Abend mal die Gertrud G. einladen, damit sie nicht zürnt, wenn sie erfährt, daß ihr Brautführer da war. Morgen will der Herr Obergefreite schon wieder abreisen, wir fangen eben an uns zu s zanken! Ich komme aus dem Lachen nicht heraus! Dein Brüderchen sitzt mir gegenüber und frozzelt mich – mußt halt warten, bis ich wieder ganz allein bin, dann erzähl’ ich Dir wieder was ganz Schönes! Siegfried hab ich gedroht, daß ich ihn eben bei Dir anschwärzen will – nun meint er,: „Dein Brief untersteht selbstverständlich meiner Kontrolle!“

Du! Heute kam Dein liebes Paket! Wir haben uns tüchtig gefreut alle! Hab recht herzlichen Dank, lieber [Roland]! Du! Siegfried isßt ißt keine Schokolade! Ich bin im Geheimen froh. Das weißt Du ja! Und da wollt’ ich nun auch großherzig sein und die Tafel zu Ehren des Urlaubers anbrechen! Der Siegfried beansprucht noch a Platzel! Auf Wiederhören! Und recht herzliche Grüße von allen! Insbesondere aber von Deiner [Hilde].

[*]

Lieber [Roland]! Ob ich will oder nicht[,] ich muß immerzu mit an Dich schreiben. Ich verlebe hier sehr frohe Tage und komme fast nicht aus dem Lachen heraus. Dabei werde ich dirigiert und tyranisiert [sic] nach allen Regeln der Kunst. Armer [Roland], was hast Du doch hier ein Los gezogen!

Es lag gerade (nach) neben dem großen [sic]. Morgen leider bin ich mein freier Mann wieder. Meine Urlaubstage nehmen beträchtlich ab ich will nicht die ganze Zeit verschreiben.

Viele herzliche Grüße und alles Gute für unseren

„blauen“ Bruder,

Siegfried.

 

[* = die folgenden Zeilen wurden von Siegfried geschrieben]

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946