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[OBF-410313-002-01]
Briefkorpus

Mittwoch, am Abend 10 Uhr.

Herzallerliebster! Eben komme ich von der Bahn, zum 2. male [sic] vergeblich. Nun will ich den ¾ 11 [Uhr] Zug noch abwarten, wenn Siegfried dann nicht mitkommt gehen wir schlafen. Ein mir bekannter Soldat kam mit dem Zug nach 9 Uhr, der ist in Kamenz in Garnison; eigentlich hätte Siegfried müssen doch auch dabei sein. Er schreibt: Morgen Mittwoch bin ich bei Euch, entweder 1900 [Uhr] oder 2246 [Uhr]. Nun habe ich auch immer noch Hoffnung. Und ich will ihn doch auch abholen, er weiß doch den Weg nicht. Mutsch geht auch mit. Sie kocht eben noch eine Suppe, von der fetten Hühnerbrühe, gestern gabs’ bei mir Huhn (vom Vater gekapert!!) mit Nudeln. Ach ja, Herzlieb! Heute umsorgen wir nun Deinen lieben Bruder! Wann, wann werde ich Dich erst wieder so lieb, viel mehr und ganz anders lieb umsorgen dürfen? Mein [Roland]! Du!! So wunderbar ist die Nacht draußen. Vollmond wird, der Himmel ist klar, all die lieben Sterne funkeln. Und unsre beiden! Ich muß sie immer beobachten, Du!!

Ach, Liebster!! Wenn nun der südliche Himmel sich über Dir wölbt, da kannst Du die Freude an unseren beiden Sternen garnicht mit mir teilen! Du!! Aber die Wolken, die Sonne, der Mond, die bringen Dir Grüße von mir! Und all die süßen Vogelstimmchen, sie sagen Dir von meiner Liebe, von meiner Sehnsucht. Und umgekehrt ist es genau so, Du!! Wie will ich fleißig lauschen und zuhören, wenn es ihrer immer mehr werden dem Frühling zu. Wie Eiskristalle flimmern heute abend die Äste der Bäume im Mondlicht. Eine frostklirrende Nacht. Und Schnee liegt – und doch – tagsüber voller Frühlingsahnen. Es ist so gut, daß wir mit dem steigenden Lichte gehen! Ganz so trostlos ist es darum allein schon nicht um uns.

Wo wird mein Herzlieb denn jetzt sein? Ach, wenn ich nur erst ein Zeichen hätte von Deinem wirklichen Aufenthaltsort, wo Du eine Zeitlang gewiß stationiert bist. Die Mutsch und der Papa, sie sorgen sich auch so um Dich, Vater hat ja eher einen Begriff von Soldatenverhältnissen – aber trotzdem; daß Du nun so weit fort mußt, das ist beiden nicht lieb.

Daß Du weit fort mußt. Ja, ich glaube, das ist nun so gut wie sicher. Du sprichst selbst auch davon, Liebster. Aber – ich bin nun ganz zuversichtlich und tapfer mit Dir! Des sei gewiß! Ich will es recht tragen, unser gemeinsames Los! Mein Geliebter!! Ich bin Dein – beide sind wir eins – ein Ganzes! Und Geliebter!! Bitte, bitte sorge Dich nicht um mich, wie ich es tragen werde! Oh – ich kann ganz stark und tapfer sein, rechte Frauen können das! Und um Dich kann ich es erst recht! Und viel, viel leichter, als um einen anderen Menschen, weil ich Dich liebe!! Weil Dir mein Herz gehört! Und weil ich ganz sicher weiß, wie treu ich von Dir wieder geliebt werde. Du glaubst nicht, wie stark mich das Bewußtsein macht; das Wissen um Deine treue Liebe. Mein [Roland] Du!! Nun wollen wir noch einmal zur Bahn gehen.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946