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[OBF-410306-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 6. März 1941.

Mein geliebtes Herz! Meine lieber, lieber [Roland]! Herzlieb Du!

Ich muß Dir heute etwas ganz Heimliches sagen. Freuen mußt' ich mich darüber, Du!! Und darum soll sich mein liebes Mannerli auch mit freuen. Ich bin krank geworden! Du!! Heute gegen Morgen, es war dann gleich um 4 – ich lag noch lange, lange wach! Du! Du! Wie hab ich an Dich denken müssen! Du? In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag, dem Morgen zu – so war es auch, als Du die erste Nacht bei mir schliefst! Als Du mich das erste Mal lieb hattest, Du! Oh – soo lieb!! Und ich glaube, um die gleiche Stunde bin ich nun wieder krank geworden. Du!! Herzlieb! Ich bin so froh! Um unsretwillen – um des Kindleins willen!

Sag, Herzlieb? Bist du froh mit mir?

Ach, ich weiß es ja schon, Du! Du hast doch den gleichen Wunsch wie ich, hier. Du!! Herzlieb!

Ach Du!! Ich kann es ja garnicht anders glauben, als daß der Herrgott uns zusammengeführt hat, und daß er uns unserem Glücke immer näher führt, daß wir gemeinsam, mit dankbarem, frohem Herzen erleben wollen. Ich soll Dich liebhaben, ganz lieb, mit der ganzen Kraft meines Herzens. Und soll Dir Heimat, Frieden sein.

Und Du, mein Herz?

Du sollst mich durch dieses Leben führen – ich bin Dir an die Hand gegeben, daß Du mich recht und gut leitest, daß Du mich schützest. Du! Mein [Roland]! Was wir auch ahnen und spüren und glauben, was unser Herrgott mit uns vorhat, froh! Ganz froh dürfen wir es glauben! Voll Zuversicht!

Wir dürfen glauben, das [sic] der Herrgott uns alles, alles schickt, daß er es mit uns fügt, nach seinem Willen. Ja, er hat uns beide einbezogen in sein großes Planen, Du! Gerade wir, die wir so viel Güte und Gnade schon erfuhren, dürfen keinen Augenblick daran zweifeln! Auch unser kleines Schicksal liegt in seiner Hand. Und bei Gott ist alles möglich. Darum ist er ja unser Allmächtiger. Wir sollen uns nicht [ve]rmessen dünken, wenn wir glauben, daß Gott uns erkennt, daß wir in seinem Plan gerechnet sind; wenn wir glauben, daß Gott unsre Not wenden kann.

Wir dürfen das alles mit froher Zuversicht und mit kindlichem Vertrauen glauben, Herzlieb!

Du! Unzählige Beispiele aus unser beider Leben beweisen uns, daß Gott unser Vater ist und uns bewacht und uns nach seinem Wunsch und Willen leitet.

Herzlieb! Wir beide glauben. Und wir ringen um [de]n rechten Glauben. Was treibt uns dazu? So fragst Du Dich selbst in Deinem Briefe. Und alles, was Du nun aufzählst, um Gewissheit darüber zu haben, es ist mir so verständlich; es scheint mir alles Ausdruck dessen, was uns die Frage auferlegt: Was treibt uns zu solchem Glauben?

Es ist die Einsicht in die Hinfälligkeit des Irdischen. Es ist das Gefühl der Unzulänglichkeit alles Menschlichen. Es ist, weil wir nach einem Trost verlangen für unser schwaches Herz. Es ist, weil wir Gottes Hand so deutlich über uns fühlten. All das ist es und noch viel mehr, was in uns den gläubigen Sinn wach hält. Und es ist auch das kindliche Vertrauen an das Gute über dieser Welt; nur bei Gott ist Gerechtigkeit, ist Wahrheit, ist soviel Güte und Barmherzigkeit.

Herzlieb! Dieser Glaube, er ist unser einziger, fester Halt in dieser Welt, er ist uns Richtung und Wegweiser zugleich. Er setzt uns ein Ziel, er stellt uns Aufgaben, deren Höhe und Schwierigkeiten uns vor allem Hochmut und vor aller Selbstzufriedenheit bewahren. Du empfindest es ja ebenso, Herzlieb. Und so wie sich der Himmel beherrschend und Segen spendend über uns wölbt, so erhöht dieser Glaube unser Menschendasein mit der Botschaft von der Gotteskindschaft und dem Walten Gottes über allem Erdenschicksal.

Alles Große in dieser Welt will errungen und erkämpft sein – auch die Gewißheit des Glaubens. Du sagst es selbst, mein [Roland].

Ach, liebster [Roland]! All diese Zeichen sagen uns, daß wir auf der rechten Spur sind. Und wir wollen uns recht fest die Hände reichen und getreulich und unbeirrbar weiterschreiten auf diesem Weg, von dem wir alles Glück, des Lebens Krönung erwarten und erhoffen. Helfend stehst Du mir zur Seite, wenn ich schwach werden sollte und Dir nicht folgen könnte. Liebreich und geduldig stehst Du an meiner Seite, mein liebster, bester Weggefährte! Du bist für mich da, allezeit – das ist so schön, Du! Und wenn auch böse Zeiten unsrer warten, da unser Glaube uns soll beschmutzt, gar genommen werden. Du! Herzlieb! Wir stehen treu und fest zu ihm. Eines stärkt das andre – eines hilft dem anderen.

Unser Gaube, er ist das Köstlichste, was wir auf dieser Welt besitzen. Darum wollen wir kämpfen und ringen wie um unsre Liebe. Du! Herzlieb! Mögest Du aus meinen Zeilen die Gewissheit lesen, daß ich Dich verstand, Herzlieb! Daß ich mit Dir gehe. Du!!

Herzallerliebster! Donnerstag ist heute und Dein lieber Bote blieb aus – er wird morgen kommen. Von Herr und Frau U. soll ich Dich recht herzlich grüßen und als Dank (den sie letzthin vergaßen) für deinen Kartengruß schenkten sie mir den Karton für den Kuchen heute. Also, halt ihn in Ehren!

Am Vormittag begann ich mit Reinemachen[,] um ½ 3 Uhr war ich mit dem heutigen Programm fertig; da klingelte es: Der Kohlenmann bringt die Sonderzuteilung! Er war mir willkommen – auch nicht. Du weißt ja, was das Ereignis bei uns im Hause nach sich zieht: Keller scheuern und das Haus mit, vorne herein. Ich hatte schon genug von meinem Putzen oben und auch noch heute; an den bösen Tagen. Na, ich ruhe mich dafür jetzt aus! Heute ist ein herrlicher Vorfrühlingstag draußen, obs´ bei Dir auch so schön ist? Wenn ich Dich nur gleich da hätte! Soviel Vogelstimmchen höre ich seit heute und kenne doch ihre Namen nicht! Du weißt das alles. Gehst denn um 5 Uhr bissel an die Luft? Kannst gleich bissel warten, 's ist eben um 5 [Uhr]! Ich will mitgehen, meine Wege besorgen! Du!! Heute ist Singstunde, ich will mal gehen. Am Vormittag traf ich Herrn S., er lud mich ein. (Aber ich wäre auch so gegangen!) Du!! Du!! Ich hab Dich ganz sehr lieb!! Du!!! Weißt Du das? Ach und weil ich in Deinen Augen das Glück leuchten sah! Weil ich weiß, wie Du mich auch so lieb hast! Du, darum bin ich so sehr glücklich! Mein Herzlieb!!! Du!!! Gott sei mit Dir! Er führe uns recht bald für immer zusammen! In Liebe und Treue

ganz Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946